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4.4 Die Bedeutung der Person des Jugendseelsorgers237

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Die Jugendseelsorge der Kriegs- und Nachkriegszeit lebte sehr stark von der persönlichen Beziehung des Jugendseelsorgers zu den Jugendlichen. Wie aus mündlichen und schriftlichen Mitteilungen der Nachkriegsjugend immer wieder zu entnehmen ist, hinterließ die Persönlichkeit des Jugendseelsorgers nachhaltigeren Eindruck als etwaige Konzepte oder Methoden der Seelsorge. Die Jugendseelsorger waren geistliche Begleiter. Sie waren die Seelenführer, vor allem für die Jugendlichen aus den Kerngruppen, die intensiveren Austausch mit ihnen pflegten. Mit ihrer Art zu leben, weckten manche Seelsorger Berufungen zum Priester unter den Jugendlichen. Th. Schmidt und vor allem H. Aufderbeck verkörperten den „Prototyp“ dieses Jugendseelsorgers. Da sich der Lebensstil der jungen Kapläne im Allgemeinen stark vom meist strengen, gesellschaftlich abstinenten Leben der Pfarrer absetzte, konnten sie zugleich einen alternativen Lebensentwurf für die Jugendlichen darstellen. Zudem waren sie oft junggebliebene Ansprechpartner für die Belange der Jugendlichen und ihre Alltagssorgen.238 Es hing vom Engagement des Priesters ab, der sich auch für die Jugendseelsorge zuständig fühlte, bzw. später des Jugendseelsorgers oder der Helfer/innen, wie Seelsorge unter den Jugendlichen fruchtete. Dass dies nicht in allen Gebieten des Kommissariates positiv gleichermaßen gegeben war, lag auf der Hand und hatte verschiedene Ursachen. Es gab Gemeindepfarrer, die sich weniger mit der Seelsorge der Jugend beschäftigten, sei es, weil sie es nicht wollten,239 sei es, weil sie es nicht konnten oder weil sie sich mit der Jugendseelsorge überfordert fühlten. Da die Bedeutung der Seelsorge an den Jugendlichen in der Nachkriegszeit vermehrt in den Blick rückte, wurden mangels hauptamtlicher Jugendseelsorger in den ersten Jahren manche Kleriker postalisch in „hemdsärmligen” Schnellkursen in die praktische Umsetzung der Jugendseelsorge eingeführt und von Th. Schmidt240 bzw. H. Aufderbeck241 mit Material oder sehr handfesten Empfehlungen für die Durchführung von Jugendabenden und Jugendfreizeiten versorgt.242

Angesichts der unzureichenden Strukturen der sich neu ausrichtenden Jugendseelsorge im Kommissariat Magdeburg wurde die Notwendigkeit eines eigenen Diözesanjugendseelsorgers immer deutlicher. In einer Besprechung zwischen Erzbischof Jaeger, Pfarrer Kollwitz und Dechant Nolte wurden im November 1945 die ersten Weichen für die Gliederung der Jugendseelsorge im Bereich Paderborn-Ost gestellt.243 Bereits am 1. Dezember 1945 wurden für die Provinz Sachsen des Erzbistums Paderborn zwei nebenamtliche Jugendseelsorger beauftragt. J. Menne244 wurde mit der Arbeit an der weiblichen und Th. Schmidt mit der Arbeit an der männlichen Pfarrjugend betraut.245 Doch die beiden nebenamtlichen Jugendseelsorger waren schon bald mit dieser Arbeit derart überlastet, dass der Erzbischof dem Propst nahelegte, für deren Entlastung zu sorgen.246 Dass aber eine solche Aufgabe wie die der Jugendseelsorge unter den Bedingungen des Kommissariates Magdeburg nicht von nebenamtlichen Jugendseelsorgern bewältigt werden konnte, wurde ebenfalls schon bald offensichtlich. Verschiedene Vorschläge, die beiden nebenamtlichen Jugendseelsorger zu entlasten, wurden diskutiert.247 Noch bevor das spätere Jugendamt errichtet wurde, begann die Suche nach einem geeigneten hauptamtlichen Jugendseelsorger. Schon seit 1946, mit seiner Ernennung zum Dekanatsjugendseelsorger in Halle, bemühte sich H. Aufderbeck um die Anstellung eines hauptamtlichen Jugendseelsorgers.248 Erst zwei Jahre später, mit der Errichtung des Seelsorgeamtes, wurde eine solche Stelle grundsätzlich bewilligt. Doch es dauerte weitere zwei Jahre, bis der erste hauptamtliche Jugendseelsorger seine Arbeit aufnehmen konnte, im Kommissariat Magdeburg zu einem viel späteren Zeitpunkt als in den anderen Ordinariaten.

1948 begann H. Aufderbeck als dessen Leiter mit dem Aufbau des Seelsorgeamtes für das Kommissariat Magdeburg. Unter den verschiedenen Dezernaten249 entstand auch das Dezernat Jugendseelsorge, das mit einer Stelle eines hauptamtlichen Jugendseelsorgers ausgestattet werden sollte. Allerdings erwies sich die Suche nach einem geeigneten Referenten für die Abteilung Jugendseelsorge als äußerst schwierig, vor allem, da der für H. Aufderbeck geeignetste Kandidat, Th. Schmidt, bereits im Vorfeld abgesagt hatte. Stattdessen wurde J. Menne am 29. Januar 1948 zwar zum ersten Diözesan-Jugendseelsorger für den östlichen Anteil des Erzbistums Paderborn für alle Fragen der Mannes- und Frauenjugend ernannt. E. Fromme sollte ihm bei Arbeit an der Frauenjugend helfend zur Seite stehen.250 Er trat aber als solcher nicht in Erscheinung und lehnte diese Berufung ab. Bereits vor seiner Ernennung hatte er ernsthafte Bedenken dagegen ausgesprochen.251 Argumentativ konnte J. Menne zwar seine Berufung nicht verhindern, erreichte aber durch seinen Widerstand und seine Passivität, dass er, obwohl er fast ein Jahr lang von verschiedenster Seite dazu ermuntert wurde,252 diesen Posten nicht antreten musste. Die Suche nach einem anderen hauptamtlichen Jugendseelsorger gestaltete sich weiterhin äußerst schwierig, nachdem nach J. Menne auch der nächste naheliegende Kandidat, Th. Schmidt,253 wiederholt dieses Angebot abgelehnt hatte. Obwohl H. Aufderbeck noch im Juli 1948 darauf gehofft hatte, dass es sich J. Menne überlege,254 waren er und W. Weskamm bereits auf der Suche nach Alternativen.255 Es gab jedoch keinen, der sich aus dem Kommissariat freiwillig zur Verfügung gestellt hätte.256 Doch es war wohl nicht nur ein personelles Problem, das für die schleppende Ernennung eines Diözesanjugendseelsorgers verantwortlich war. Wie ein Schreiben von Propst Weskamm an Erzbischof Jaeger nahelegt, gab es aus Paderborn auch nach der Errichtung des Jugendamtes noch kein „grünes Licht“ für eine neue hauptamtliche Stelle.257 Bis zu einer endgültigen Lösung wurde Th. Schmidt als vorläufiger Diözesanjugendseelsorger nebenamtlich eingesetzt.258 Auch diese Alternative war, zumindest für Th. Schmidt, nur ein vorübergehender Kompromiss. Damit aus diesem Provisorium kein Dauerzustand würde, brachte Th. Schmidt wiederholt seinen Unmut über diese Notlösung zum Ausdruck.259 Im Oktober 1948 wurde ihm zur Unterstützung A. Grawe zum Diözesan-Jugendseelsorger für die weibliche Jugend im Kommissariat bestellt.260 Dieser Kompromiss mit zwei nebenamtlichen Stellen wurde von Propst Weskamm wohl schon als eine mögliche Lösung angesehen.261 Die ungeklärte Situation um den Posten des Leiters des Jugendamtes sollte aber noch bis 1950 anhalten.262 Propst Weskamm konnte Ende 1948 nur resignierend die Wiederherstellung des Zustandes von 1945 feststellen.263 Bis zur Entlastung des kommissarischen Leiters Schmidt durch den Jugendseelsorger Brinkmann im Jahre 1950 arbeiteten weiterhin auch Jugendseelsorger aus anderen Diözesen unterstützend im Kommissariat.264 Außerdem gab es hin und wieder Hilfe aus Paderborn.265 Diese Unterstützung war zwar nicht planbar, wurde aber dennoch als wohltuend und entlastend dankbar angenommen.

Ungeachtet der offenen Stelle des Jugendseelsorgers begann das neu errichtete Jugendamt dennoch mit seiner Arbeit. Als erste zentrale Aufgaben des Jugendamtes für das Jahr 1948 waren drei Jugendwallfahrten und die Durchführung von Helferschulungen an fünf verschiedenen Orten geplant.266 Damit waren die Kapazitäten des nebenamtlichen Jugendseelsorgers mehr als ausgeschöpft. Auch im folgenden Jahr war Th. Schmidt mit vier von ihm durchzuführenden Jugendseelsorgerkonferenzen zum Thema „Lebendige Gemeinde im EKM" genügend ausgelastet.267



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