Читать книгу DAS Erste Große BetrugsOpferBUCH - Hedwig v. Knorre - Страница 33
GIER - unmäßig
ОглавлениеUnmäßigkeit – ein weitere Vorwurf gegen Betrugsopfer. „Sie wollten eben mehr, als man kriegen kann“, heißt es, „sie sind zu gierig, sie kriegen wohl den Hals nicht voll.“ Raffgier, Leben wollen auf großem Fuße, all diese Motive, diese Eigenschaften werden Opfer von Betrügern unterstellt. Auch das hilft zur eigenen inneren Entlastung und macht es möglich, das Thema abschließen mit dem Gedanken „geschieht ihnen recht!“
Es stimmt halt nicht. Bei den allermeisten jedenfalls. Im Gegenteil. Die meisten Opfer von Betrügern sind eher bescheidene Menschen, bestrebt zu geben, nicht zu raffen.
Natürlich gibt es Ausnahmen. Selbstverständlich gehören auch Menschen mit überhöhten Ansprüchen zu den Opfern von Betrügern. Auch ihnen kommt der Betrüger entgegen mit dem Versprechen, ihren Bedarf zu erfüllen. Aber eben nicht nur ihnen, sondern vor allem den vielen Menschen mit ganz normalen Maßstäben.
Was will ein normaler Mensch? Normal leben. Arbeiten, etwas Freizeit, oft Familie, auf jeden Fall Freunde, meist ein kleines Hobby. Menschen mit Schwächen und Fehlern leben zwischen anderen Menschen mit Schwächen und Fehlern. Damit arran-gieren wir uns, und an manchem arbeiten wir. Manchmal haben wir Probleme und stehen vor Herausforderungen, denen wir nicht gewachsen sind. Erleben wir dann Hilfe und Unterstü-tzung, sind wir froh und dankbar für die „Fügung“, die uns „den richtigen Menschen zur rechten Zeit über den Weg geschickt hat“, ob auf Ämtern, als Nachbar oder durch sonst einen Zufall.
Solch ein normaler Mensch hat kein großes Unglück verdient, oder? Mit solchen Menschen identifizieren sich die meisten. „Wenn es SIE oder IHN getroffen hat, könnte es auch mich treffen“, ist intuitives Wissen, und damit geht ein tiefes Gefühl entsetzlichen Grauens einher. Das ist unerträglich. Das will niemand fühlen.
Dieser innere Mechanismus auf emotionaler Ebene ist eins der wichtigsten Elemente um das Betrugsgeschehen. Freunde und Nachbarn, Familie und Arbeitskollegen fühlen so – und wollen nicht so fühlen. Polizisten und Ermittler, Staatsanwälte und Richter – ja, auch sie sind „nur Menschen“, fühlen so und wollen nicht so fühlen. Sogar Psychologen, Psychiater und Psycho-therapeuten sind „nur Menschen“, die ebenso fühlen und auch nicht so fühlen wollen! Ob vor Gericht oder in Therapie, ob auf der Polizeiwache oder in der psychiatrischen Klinik: überall begegnen den Betrugsopfern Menschen, die in dieser Weise fühlen – und nicht so fühlen wollen.
Wer nicht fühlen will, muss es nicht. Unsere Psyche ermöglicht uns innere Abwehrmechanismen zum Selbstschutz.
Doch diese inneren Abwehrmechanismen tragen dazu bei, die Vorurteile gegen Betrugsopfer aufrecht zu erhalten. Opfer werden als Täter deklariert. Das multipliziert die Schäden im Opfer bis ins Unermessliche!
All dies geschieht zu Gunsten der Betrüger. Sie tun aktiv ihren Teil dazu, dass die Umgebung bei dieser Sicht der Dinge bleibt. Das nützt ihnen. Denn sie sind wirklich unmäßig und gierig, bequem und sexsüchtig und in ihrem Inneren voller verwerf-licher Motive. Und das soll niemand merken. Natürlich nicht.