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Samstag, 22. September – SSW 25+1

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Ich habe heute nichts anderes gemacht, als dutzende Male das Plakat zu lesen, das auf der Wand gegenüber meinem Bett hing. Die wenigen informativen Worte über das Verbot der Handynutzung, die ich schon lange auswendig konnte. Die Monotonie machte mich wahnsinnig, der Zwang, diese Zeilen immer und immer wieder zu lesen, wie bei einem Fiebertraum.

Dann habe ich an den Morgen im Mai gedacht, als der Schwangerschaftstest vor mir lag und ich keinen Strich entdecken konnte. Keinen einzigen. Nicht einmal den Kontrollstrich, der immer da war und da sein muss. Das lag daran, dass ich den Test vor Aufregung falsch herum vor mich hingelegt hatte. Es hing so viel davon ab, denn ich hatte mir, uns, versprochen, dass es der letzte Versuch sein würde. Zwei Jahre, in denen wir probiert hatten, Eltern zu werden, das war genug. Denn in diesen zwei Jahren versuchten wir nicht nur, Eltern zu werden, wir stritten uns lautstark und noch schlimmer, wir schwiegen uns an, einmal warf ich Michael vor Wut eine Kaffeeasse vor die Füße, woraufhin Michael auf dem Sofa schlief, und ich in meinen Polster weinte und ich die ganze Nacht hoffte, dass er doch noch ins Bett kommen würde. Natürlich versöhnen wir uns wieder. Aber das machte die Sache nicht ungeschehen.

Manchmal hatte ich Michael am Nachmittag im Büro angerufen, dass er schnell nachhause kommen solle, denn ich hatte dieses Unterleibsziehen, das den Eisprung ankündigte. So etwas Absurdes passiert nicht nur in Filmen. Er fragte mich, ob ich wahnsinnig geworden sei. Und auf gewisse Weise war ich das auch. Mein Leben drehte sich um Kalenderdaten und Schleim, um den Mittelschmerz, Ovulationstests, um Timing. Nein, ich fand das nicht gut, aber ich konnte nichts dagegen tun. Ich fühlte mich wie einer dieser psychopathischen Killer, die immer beschreiben, dass da diese Stimme in ihrem Kopf wäre, die etwas befiehlt und sie selbst wären nur das Werkzeug.

Wie auch immer, dieser Morgen war schicksalhaft gewesen, und ich war bereit, das Schicksal anzunehmen, egal wie es aussehen würde. Ich war sieben Tage überfällig und meine Brüste fühlten sich an, als wären sie mit schweren Steinen gefüllt. Aber das musste alles nichts heißen, zu oft hatten mir körperliche Symptome jeglicher Art einen Streich gespielt. Doch dann drehte ich den Test um, und plötzlich tauchte neben dem Kontrollstrich ein zweiter auf. Und dann rannte ich durch die Wohnung, die sich nicht mehr ganz wie unsere anfühlte, konfus, ziellos, nahm einen Gegenstand zur Hand und legte ihn weg, griff nach dem nächsten, ließ auch diesen wieder fallen, bis ich schließlich das Handy fand und Michael anrief, „Hallo Papa“ flüsterte. Damals dachte ich, es wäre der Anfang eines neuen Lebens gewesen.

Geboren in Bozen

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