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Donnerstag, 20. September – SSW 24+6

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Am Morgen betrat die Schwester vom vergangenen Abend das Zimmer und fragte mich, wie es mir gehe. Ich sagte, es wäre okay, was hätte ich auch sonst antworten sollen. Körperlich fühlte ich mich in Ordnung, ich hatte keine Schmerzen. Eine andere Schwester brachte Frühstück. Allerdings drehte niemand das Licht auf. Meine Nachbarin hieß übrigens Frau Mohr und wurde in völliger Dunkelheit ans CTG-Gerät angeschlossen. Man hörte Rauschen und Klopfen. Die Schwester stellte fest, dass da „der Erste“ zu hören war, und gleich darauf „der Zweite“. Frau Mohr erwartete Zwillingsbuben. Es war schön, im Halbdunkeln die Herzschläge der beiden zu hören. Die Buben würden leben, denn, wie die Schwester betonte, war Frau Mohr seit diesem Tag in der 33. Schwangerschaftswoche. Die gefährlichste Zeit war vorbei. Ich aß meine Semmel, traute mich dabei aber kaum, mich aufrecht hinzusetzen.

Der Morgen zog sich hin, ohne, dass viel passierte. Bei der Visite sagte die diensthabende Gynäkologin „brava“ zu Frau Mohr, weil sie schon so weit gekommen war. Bei mir wurde festgestellt, dass ich „ventiquattro e cinque“, also seit 24 Wochen und fünf Tage schwanger wäre. Das war nicht „brava“. Die Ärztin erklärte, dass mir weiterhin Wehen-Hemmer verabreicht werden würden. Nun wurde getestet, ob ich irgendeine Infektion hatte, welche die Wehen ausgelöst haben könnte. Außerdem würde ich vorbeugende Antibiotika-Infusionen bekommen. Dazu sollte ich dreimal täglich Magnesium einnehmen und musste weiterhin strengste Bettruhe einhalten, weshalb ich auch täglich eine Antibiotikaspritze erhalten würde. Im Moment wäre es am wichtigsten, meinen Zustand stabil zu halten. Frau Mohr neben mir hatte volles schwarzes Haar und trug heute Früh einen anderen Pyjama als gestern Abend. Sie wirkte sehr gepflegt und patent. Ich dagegen hatte immer noch mein Shirt von gestern an und eine Netzunterhose, die mir hier im Krankenhaus angezogen worden war. Ich fühlte mich erbärmlich und sah auch so aus. Einmal noch wandte sich die Ärztin mir zu und fragte, wie alt ich sei. Als ich antwortete, ich sei 31, meinte sie, ich sähe „piu giovane“, also viel jünger aus. Es war nett gemeint, kam mir aber wie ein Hohn vor.

Nach der Visite kam Michael. Ich war so froh, ihn zu sehen und brach sofort in Tränen aus. Obwohl wir erleichtert waren, beieinander zu sein, wussten wir nicht viel zu reden. Es war alles entweder zu banal oder zu heikel, zu ungewiss oder zu schmerzhaft. Als das Mittagessen serviert wurde, war ich wieder nicht sicher, ob ich mich überhaupt aufsetzen durfte und so fütterte Michael mich im Liegen. Bei aller Verzweiflung hatte ich den besten Mann an meiner Seite.

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