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e.Der Geist in der Mission und in der Gemeinde

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Vor allem die Apostelgeschichte des Lukas berichtet von dem Leben der ersten christlichen Gemeinden und der Mission in der Kraft des Heiligen Geistes. Die vom Geist Gottes neu geschaffene Gemeinschaft der Gläubigen verstand sich als „ein Leib und ein Geist“ (Eph 4,4; LU). Diese Gemeinschaft sammelte sich auf der Grundlage der Lehre der Apostel und Propheten (Apg 2,42; 13,1; Eph 2,20). Sie traf sich in Einmütigkeit zur gemeinsamen Anbetung und zum Gebet (Apg 2,42; 3,1). Auch gemeinsame Mahlzeiten und die Feier des Abendmahls gehörten zu ihren regelmäßigen Gewohnheiten. Die Grundlage der Einheit konstituierte sich in der gemeinsamen Geisterfahrung, der gemeinsamen Lehre, dem gemeinsamen Gebet und dem Brotbrechen. Die erste Gemeinschaft der Gläubigen war auch geprägt durch ein hohes Maß an Hilfsbereitschaft und Liebe. Das frühgemeindliche Leben wirkte einladend und hatte einen ganzheitlichmissionalen Charakter (Apg 2,47). Immer wieder berichtet Lukas, wie man sich im Frühchristentum der Hilfsbedürftigen und Armen annahm. Bei der Lösung auftretender Fragestellungen wurde nach Menschen gesucht, die mit dem Heiligen Geist erfüllt waren (Apg 6,1ff). Heuchelei wurde in der Kraft des Geistes und durch göttliche Offenbarung aufgedeckt (Apg 5,9). Schwerwiegende Lehrfragen wurden in Offenheit und mit aller Schärfe ausgetragen, aber die Entscheidungen in der Einheit des Heiligen Geistes weitergegeben (Apg 11,1–18; 15,1–28). Auch wenn die Ausbreitung des Evangeliums auf oppositionelle Kräfte traf, erwies sich in den ersten Christen die Kraft des Heiligen Geistes zum Zeugnis (Apg 4,13; 6,10; 13,4–12).

Die Apostel achteten darauf, dass Menschen, die sich für das Evangelium öffneten, die Gabe des Heiligen Geistes empfingen. Die für die Christwerdung grundlegenden Elemente Buße, Glaube, Taufe und Geistempfang traten nicht immer in der gleichen Reihenfolge auf, aber es wurde darauf geachtet, dass alle Elemente möglichst zeitnah zusammenkamen. In der Apostelgeschichte wird nirgends davon berichtet, dass Menschen getauft wurden, die ohne bewusste Buße und Glauben waren. Wir finden jedoch zwei Berichte, dass Personengruppen an Jesus gläubig wurden, ohne bewusst die Gabe des Heiligen Geistes empfangen zu haben. In Samaria kamen Menschen durch die Missionstätigkeit von Philippus zum lebendigen Glauben an Jesus und sie wurden auf den Namen Jesus getauft. Als die Apostel aus Jerusalem davon hörten, sandten sie Petrus und Johannes aus, um dieses Geschehen in Samaria zu besehen. Lukas berichtet:

„Als aber die Apostel in Jerusalem hörten, dass Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, sandten sie zu ihnen Petrus und Johannes. Die kamen hinab und beteten für sie, dass sie den Heiligen Geist empfingen. Denn er war noch auf keinen von ihnen gefallen, sondern sie waren allein getauft auf den Namen des Herrn Jesus. Da legten sie die Hände auf sie und sie empfingen den Heiligen Geist“ (Apg 8,14–17; LU).

Ein ähnlicher Vorgang wird von den Johannesjüngern in Ephesus berichtet. Hier handelt es sich um Menschen, die als „Jünger“ und als „gläubig“ bezeichnet werden, die jedoch noch nicht die Taufe auf den Namen Jesus und die Gabe des Heiligen Geistes empfangen hatten. Sie hatten noch nicht einmal vom Heiligen Geist gehört (Apg 19,2). Die einzigen Elemente christlicher Grunderfahrung, die sie kannten, waren Buße und Glaube; die Taufe und der Empfang des Geistes geschahen erst auf Nachfrage des Apostels.

Beide Berichte zeigen den nicht trennbaren Zusammenhang der Initiation des Christseins, der durch Buße, Glaube, Taufe und Geistempfang konstituiert wird. Fehlt eines der Elemente, so soll dieses unmittelbar noch dazu kommen.

John Stott und andere evangelikale Theologen68 sehen in diesen beiden Berichten keine Vorlage für eine Erfahrung, die sich womöglich in der Missions- und Kirchengeschichte wiederholt hätte. Damit wollen sie einer Lehre von einer zweiten, zusätzlichen Grunderfahrung, wie sie in der klassischen Pfingstbewegung als „Geistestaufe“ gelehrt wird, exegetisch wehren. Sie deuten diese Berichte ausschließlich im Sinne der einzigartigen, bewussten Integration nichtjüdischer Menschen in die Gemeinde Jesu Christi durch die Apostel. Ich halte das für eine verkürzte und sehr eigenwillige Exegese dieser Berichte. Vielmehr gehe ich davon aus, dass auch schon in der frühen Christenheit die Erfahrung des zeitlichen Auseinanderfallens von Glauben, Taufe und Geistempfang gegeben war.69 Zudem zeigen diese Berichte auf, welch einen hohen Stellenwert in der frühchristlichen Gemeinde der bewusste Empfang der Gabe des Geistes hatte.

Der umfassende Zeugendienst der ersten Jünger Jesu geschah in der Kraft des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist gab den Aposteln den Mut, auch bei großen Widerständen das Zeugnis von Jesus weiterzugeben. Das Wort „Zeuge“ bzw. „Zeugnis“ (griech. martys, martyreo, martyrion) wird von Lukas immer im Sinn des Christuszeugnisses gebraucht. Erst später wurde es zum Inbegriff für die „Märtyrer“, die in diesem Zeugendienst ihr Leben ließen.

Die Apostel und Märtyrer waren jedoch nicht die einzigen Zeugen. Die Mission war eine Laienbewegung, die von vielen unterschiedlichen Menschen getragen wurde. Der Geist Gottes gab dem Wort der Gläubigen seine Kraft und bestätigte das Zeugnis durch mitfolgende Zeichen und Wundertaten (Mk 16,17f; Apg 2,43 u. a.). Das Zeugnis breitete sich, von Jerusalem ausgehend, über Judäa, Samaria bis „an das Ende der Erde“ (Apg 1,8) aus. Philippus bezeugte in der Kraft des Heiligen Geistes das Evangelium von Jesus Christus dem äthiopischen Kämmerer. Paulus wurde zum Apostel für die Nationen berufen. Diese Berufung und Aussendung geschah konkret durch den Heiligen Geist. Der Geist Gottes sprach Berufungen und Beauftragungen aus. „Als sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir aus Barnabas und Saulus zu dem Werk, zu dem ich sie berufen habe“ (Apg 13,2; LU). In der Ausführung der Mission ist der Geist Gottes als der eigentliche „Regisseur“ tätig. Er leitet die Apostel und eröffnet oder verschließt Türen (Apg 16,1ff).

Die ersten Zeugen Jesu wurden nicht nur in ihrer Missionstätigkeit, sondern auch in ihrem persönlichen Leben vom Geist geführt. So nahm Paulus sich „im Geist“ vor, durch Mazedonien und Kleinasien zu ziehen, und nach Jerusalem zu reisen, um das gesammelte Geld dort hinzubringen (Apg 19,21). Die Reisepläne wurden im Einklang mit dem Geist Gottes entworfen (vgl. Apg 20,22). Der Geist sprach durch frühchristliche Propheten, die der Gemeinde halfen, ihren Zeugendienst zu tun (Apg 21,11). Die Mission ist nicht losgelöst vom Wirken des Heiligen Geistes zu sehen.

Durch die ganze Zeit- und Kirchengeschichte ist Gottes Geist wirksam. Ungezählte Zeugnisse aus der bewegenden Missionsgeschichte bestätigen das. Der Geist Gottes ist der Geist der Sendung.70 Die Auffassung, dass der Geist Gottes in seinen Wirkungen nach der Vollendung des biblischen Kanons im 4. Jahrhundert n. Chr. nicht mehr in dieser frühchristlichen Weise erfahrbar gewesen sei, ist kirchen- und missionsgeschichtlich schlichtweg nicht nachweisbar. Wohl gab es die Erfahrung, dass nicht alle Wirkungen und Gaben des Geistes in gleicher Intensität und Dichte auftraten, jedoch hörten sie niemals völlig auf. Im sog. „Cessationismus“ (engl. Cessation = Beendigung) wird die Lehre vom Aufhören der Zeichen- und Offenbarungsgaben nach der Zeit der Apostel besonders vehement vertreten.71 Häufig wird dabei auf 1Kor 13,10 Bezug genommen, wobei das „Vollkommene“ (griech. teleion) willkürlich mit dem Abschluss der Kanonbildung gleichgesetzt wird:

„Ehe das NT vollendet war, würden die Menschen die Apostel und andere um Beweise bitten, dass das Evangelium von Gott ist. Um die Predigt zu bestärken, gab Gott mit Zeichen, Wundern und verschiedenen Geistesgaben davon Zeugnis. Diese Wunder werden heute nicht mehr benötigt. Wir haben die gesamte vollständige Bibel. Wenn die Menschen der nicht glauben, werden sie sowieso nicht glauben.“72

Einige Vertreter dieser Auffassung gehen zuweilen noch weiter, indem sie jegliches Auftreten von Glossolalie oder Prophetie in der nachapostolischen Zeit nur noch einem anderen Geist zuordnen, jedoch nicht mehr dem Heiligen Geist.73 Eine derartige pauschale Verteufelung charismatischer Wirkungen in der Missions- und Kirchengeschichte hat zu starken Verunsicherungen geführt, die auch als ein „Betrüben des Geistes“ gewertet werden können (1Thess 5,19–21).

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