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1.2Die trinitarische Einheit

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Ich war richtig erschrocken. Es war bei meiner Einführung zum Landesjugendpastor in Niedersachsen. Eine gute und stabile Mitarbeiterschaft war von meinem Vorgänger sehr stark lehrmäßig in diesem Dienst ermutigt und geprägt worden. Sie hatten den Römerbrief sorgfältig studiert und im Zentrum der Lehre stand eindeutig eine Christologie, die stark von dem Kreuzesgeschehen ausging. Es war eine Art „Christomonismus“ oder eine „staurologische Christologie“, die sich auf das Wort des Apostels Paulus berufen konnte, der nichts anderes weiß, als das „Wort vom Kreuz“ (1Kor 2,2). Zu Beginn des Einführungsgottesdienstes stand ein großes Holzkreuz sehr zentral auf der Bühne. Dann ging ein Mitarbeiter nach vorn, nahm das Kreuz und stellte es in eine Ecke. „Lange haben wir uns mit dem Kreuz Jesu beschäftigt, nun kommt eine neue Zeit“, proklamierte er der verdutzten Zuhörerschaft. „Der neue Jugendpastor wird uns mehr über den Heiligen Geist beibringen, er kommt, wie wir alle wissen, aus der charismatischen Erneuerung.“ Einige lachten und ich saß geradezu wie gelähmt auf meinem Platz. „Was für ein theologisches Missverständnis!“, dachte ich. Man kann doch nicht bildhaft Christus in die Ecke schieben und sich dann dem Heiligen Geist zuwenden! In meiner anschließenden kurzen Ansprache habe ich versucht, das auch gleich wieder zurechtzurücken, weiß aber nicht, ob es mir gelungen ist.

Heute habe ich auch mehr Verständnis für die ungehobelte Theologie der jungen Leute. Wie sollten sie es denn auch anders denken und zuordnen? War ihnen das nicht immer wieder bewusst oder unbewusst vermittelt worden, dass der Geist Gottes die „Dritte Person“ der Trinität sei? Dass alles Reden und Nachdenken über den Geist Gottes ja letztlich geradezu wie eine Konkurrenzveranstaltung in der himmlischen Welt aufgenommen werden könnte?

Mir wird immer bewusster, dass ein mangelndes Verständnis des trinitarischen Geheimnisses der Gottesoffenbarung zu Verunsicherungen und Vereinseitigungen in der Theologie und auch in der Spiritualität führen muss. Heute würde ich es umso klarer sagen: Je mehr ein Mensch vom Geist Gottes erfüllt ist, umso mehr ist er auch mit dem Sohn Gottes und mit dem Vater im Himmel verbunden. Der Geist stellt das Kreuz nicht in die Ecke, sondern er lässt es als einen zentralen Ort der Gottesoffenbarung aufleuchten. Die Redeweise von der „Geistvergessenheit“ (O. Dillschneider) hat seinerzeit viele Theologen aufhorchen lassen und vielleicht auch verunsichert.

Es gab in der Folgezeit eine Flut von Schriften über den Heiligen Geist, die eine Reihe von Einzelaspekten zur Pneumatologie aufhellten, die aber noch nicht ein neues „Paradigma in der Pneumatologie“80 aufzeigten. Belebend und zugleich erschwerend kam die wuchtige neue Erfahrungsebene der unterschiedlichen charismatischen Aufbrüche jener Zeit, die eine sorgfältige theologische Reflexion kaum zuließen und – besonders in freikirchlichem Milieu – die Dominanz einer Theologie der Erfahrung verstärkten. „Wahr ist das, was wir mit dem Geist Gottes erfahren!“, so könnte das Motto vieler charismatischer Gruppierungen lauten. Die aufgeschlagene Bibel würde hier und da schon helfen, diese Erfahrungen zu reflektieren. Und selbst wenn derartige Erfahrungen nicht biblisch belegt werden konnten, blieb ja immer noch der Hinweis auf den „Geist, der in die ‚ganze Wahrheit‘ führt“ (Joh 16,13). So manche irreführenden Auffassungen und Lehren berufen sich auf ein solches weiterführendes Offenbarungsgeschehen des Heiligen Geistes. Eine wegweisende Pneumatologie muss sich jedoch auf die in den biblischen Schriften des AT und NT gegebenen Offenbarungen gründen und kann die Erfahrungsebene nicht als eine gleichwertige Offenbarungsquelle ansehen. Eine Engführung oder Irreführung im Nachdenken über eine Lehre vom Heiligen Geist hat sich allerdings im Laufe der Kirchengeschichte eingebürgert durch ein mangelndes Verständnis der Trinität. Viele Vorbehalte gegenüber dem Wirken des Heiligen Geistes sind in einer solchen defizitären Trinitätslehre begründet.

Geist Gottes - Quelle des Lebens

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