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a.Beweger und Bewahrer

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„Können Sie diesen Satz mit voller Überzeugung beten: Heiliger Geist, mach du mit mir, was du willst!“ – Diese Frage stellte ich am Ende einer Predigt während einer Konferenz. Völlig entsetzt sprach mich anschließend eine ältere Pastorenfrau an. „Stellen Sie sich vor, was dann los ist! Der Geist ist doch ein Beweger. Der bringt dann alles durcheinander! Wir aber haben heute eine so gute Ordnung in unseren Gemeinden, die hat Gott uns doch auch geschenkt. Wir brauchen nicht eine neue Bewegung, sondern mehr Bewahrung!“

Ist das eine Alternative, oder können wir es uns aussuchen, wie der Geist Gottes wirkt – laut oder leise, erhaltend oder transformierend? Ist er immer der Unruhestifter oder ist er nicht auch der Geist, der auf die ewige Ruhe hinzielt, der uns in diese göttliche Statik hineinbringt, die gemäß der Perichorese zugleich beweglich und beruhigend ist? Die Kirchengeschichte gibt uns genügend Beispiele einer spirituellen tiefen Erfahrung im Schweigen und in der Ruhe; zugleich wissen wir jedoch auch von Erfahrungen, die Erschütterung, Weinen und Schreien oder gar ein Entsetzen hervorrufen. Auch im biblischen Zeugnis finden wir beide Erfahrungsebenen. Der Geist Gottes ist im „leisen Säuseln“ des Windes (1Kön 19,12), aber er wird ebenso als ein „Brausen“, als eine Feuererfahrung bezeugt (Apg 2,2f). Er ist wie ein „Gentleman Gottes“, der gerne dort wirkt, wo er willkommen ist. Aber er kann auch Türen verschließen und auftun (Apg 16,1ff; 1Kor 16,9). Ein vom Geist Gottes erfüllter Mensch ist „brennend im Geist“ (Röm 12,11), ohne dabei auszubrennen. Die geistgewirkte Leidenschaft steuert ihn nicht in ein „Burnout“, sondern sie kräftigt ihn.

Christliche Spiritualität ist nicht nur ruhig oder beruhigend, sie wird auch nicht nur im Schweigen und in der Stille ihre Krönung finden, sondern auch in der bewegenden, lauten Anbetung, in der Freude und der Vitalität des gesamten Lebens. Ein vom Geist Gottes erfüllter Mensch ist nicht nur ein Mensch des Rückzugs, der inneren betenden Versenkung in die Gegenwart Gottes, sondern er kann auch ein aufbrechender, vielleicht sogar zorniger „Feuermensch“ sein (vgl. Joh 2,13ff), der sich nicht mit Ungerechtigkeit, einem „faulen Frieden“ oder Trägheit arrangieren will. Der Geist Gottes ist der Geist des Vaters und hat zugleich die mütterlichen, tröstenden Züge, die stärker in der Begrifflichkeit der Ruach anklingen.

Die eigene Persönlichkeitsprägung, die eigenen Vorlieben, sollten jedoch nicht voreilig als Vorlieben des Heiligen Geistes gesehen werden. Das gilt auch für Stilfragen. Der Geist Gottes „kann“ nicht nur Orgel, sondern auch Schlagzeug! Diese Warnung gilt nicht nur für Einzelne, sondern auch für ganze Konfessionsfamilien. Er ist der Geist der einen Kirche und nicht ein Geist der Katholiken, der Protestanten oder der Orthodoxen. Insofern ist eine vom Geist Gottes gewirkte Prüfung und Zuordnung gottesdienstlicher Kulturen wichtig, damit Geistloses nicht als Geistliches gedeutet wird, oder – wie es Paul Zulehner salopp formuliert – dass einige nicht „ihren eigenen Vogel mit dem Heiligen Geist verwechseln“.102

Der Heilige Geist ist nicht an bestimmte Gebetshaltungen oder Liturgien gebunden, sondern er entfaltet sich da, wo Menschen ihn willkommen heißen. Der Geist Gottes weht aus unterschiedlichen Richtungen (Hes 37,9) und er weht, „wo er will“ (Joh 3,8). Er kann meine Tradition infrage stellen und er kann sie sogleich auch bestätigen. Er kann mir in meiner spirituellen Prägung begegnen und er kann mich ebenso aus meiner spirituellen Kultur und Tradition herauslocken; er setzt Grenzen und er überschreitet Grenzen. Was für mich ungewohnt, befremdend oder unanständig ist, kann vom Geist Gottes als etwas Reines dargestellt werden (vgl. Apg 10,15). Er kann verbinden und trennen, erinnern und offenbaren. Der Geist Gottes ist der Erinnerer, der auf bereits geoffenbarte und bekannte Wahrheit hinweist. Er bewirkt in positiver Sicht eine erhaltende Tradition, die ihre Lebendigkeit wahrt. In seinem Wirken widerspricht er nicht dem, was er in der Vergangenheit gewirkt hat, sondern er knüpft an, er führt weiter (vgl. Joh 16,13–15). Das NT ist ohne das AT nicht wahrnehmbar. Der Geist Gottes ist auch nicht da stärker, wo wir sein Wirken als ein „plötzliches“, spontanes Wehen wahrnehmen. Spontaneität und Kontinuität, Flexibilität und Stabilität, Stille und Sturm, Bewegung und Bewahrung sind im pneumatischen Geschehen keine Gegensätze, sondern sie bilden jeweils Pole einer breiten und differenziert wahrnehmbaren Intensität des Geisteswirkens.

Geist Gottes - Quelle des Lebens

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