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192. August Lewald1

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Anfang 1830

Heine... erfuhr in Italien den Tod seines Vaters, der plötzlich [2. Dezember 1828] erfolgte, und sogleich reiste er nach Hause, alles im Stiche lassend, weil er nun glaubte, „daß seine Mutter auch sterben müsse“, wie er mir sagte. Sein Vater war ein unglücklicher Mann, erzählte er mir einst, dem es sein ganzes Leben mit nichts recht glücken wollte.

Heine lebte in Hamburg ohne öffentliche Anerkennung. Seine Werke wurden verschlungen, aber um ihn kümmerte man sich nicht. Desto ungenierter* konnte er leben. Er hatte wenig Umgang. Nächst seiner Schwester besuchte er wohl mich am häufigsten. Nachmittags sah man ihn zuweilen in einem Zirkel, der sich bei dem Schauspieler Forst zu versammeln pflegte und aus den heterogensten Elementen bestand. Einige Mitglieder des Stadttheaters, Cornet, Jost, Emil Devrient, einige junge Advokaten und Mediziner, der Lustspieldichter Töpfer und ich waren dabei. Es wurde gewöhnlich bis zum Anfang des Theaters gespielt. Heine sah zu; er spielte niemals mit. Später besuchte er gern den Salon von Peter Ahrends, wie man jene berüchtigten Bälle in Hamburg zu nennen pflegt, die jeden Abend stattfinden. „Man nennt mich in Berlin den Salondemagogen,“ sagte er lachend, „ohne jedoch zu wissen, wie richtig man mich damit bezeichnet. Ahrends Salon vereinigt die anständigste Gesellschaft. Ich finde da stets den feinsten, ungeniertesten Ton in Hamburg und sehr gute Geschöpfe.“

Vormittags sah man ihn bei seinem Verleger Campe; besonders wenn der Ballen aus Leipzig neue Journale brachte, die er dann durchflog. Er hatte Campe sehr gern. „Solange er noch so bleibt,“ pflegte er zu sagen, „bleibe ich bei ihm. Sie glauben indes nicht,“ fügte er dann lachend hinzu, „wie sehr er sich verändert hat. Ehe er nach Italien reiste, war er ein vortrefflicher Mensch.“

Campe war daran gewöhnt, über sich scherzen zu lassen und nahm es Heine vollends nicht übel.

„Der Börne kostet ihm zuviel“, sagte dieser, „und will noch immer nicht recht ziehen.“

„Aber Börne wird ziehen, wenn Sie längst vergessen sein werden“, gab dann Campe zurück.

„Das ist ein Unglück für ihn und für Sie,“ erwiderte Heine, „daß so lange darauf gewartet werden muß.“

Als Paganini in Hamburg war, interessierte es ihn sehr, ihn zu hören, jedoch nicht ohne Eifersucht schien er bei dem ungeheuren Aufsehen, das er machte. Wir aßen einige Male mit dem berühmten Virtuosen, und Heine beobachtete ihn genau; er schien damals mit dem Gedanken umzugehen, ihn zum Gegenstande einer Schilderung zu wählen. Später forderte er mich dazu auf, und ich sagte es ihm zu. Als ich dann aber nicht meinem Versprechen nachkam, machte er mir Vorwürfe darüber und sagte, er hätte ihn mir freundschaftlich überlassen wollen, und es wäre unrecht, daß ich ihn nun liegen ließe. Besonders verliebt schien er in den Begleiter Paganinis, einen bekannten Schriftsteller [Georg Harrys] aus Hannover, den er sich gar ergötzlich zu schildern vorgenommen hatte.

Solcher Scherze war er stets voll; sehr schnell ward er von einer Idee ergriffen und erfüllt, aber zur Ausführung kam es nie.

Einst gingen wir nach dem Stintfang. Auf dem Wege dahin stehen zwei Windmühlen. „Sehen Sie“, sagte Heine zu mir, „diese armen Geschöpfe, wie sie sich sehnen und doch nie Zusammenkommen können. Dieses hier ist der Mühlerich, der andere dort ist die Mühle. Ich werde einen Romanzenzyklus dieser Unglücklichen bekanntmachen.“

Ins Theater ging er nur selten. Er sprach mit mir davon, daß es ihn verdrieße, von den Direktoren nicht einmal den freien Eintritt erhalten zu haben, den sie einem jeden bewilligten, der in dem unbedeutendsten Blatte eine Korrespondenz einzuschmuggeln wußte. Er legte wahrlich keinen Wert darauf, aber es schien ihm erbärmlich von den Leuten. Er rächte sich jedoch nicht dafür, sondern tat des Hamburger Theaters niemals Erwähnung.

Gespräche mit Heine

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