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ОглавлениеKapitel 6 Anna, "Ane"= Mutter
Oft wurde ich gefragt, warum ich den Namen "Anna" gewählt habe. Darauf möchte ich antworten:
1. Anna schreibt sich von vorne wie von hinten. Man muss die Situation also von beiden Seiten betrachten.
Die eine Seite ist die Sicht der Frau, die andere Seite ist die Sicht der Gesellschaft - die eine Seite ist die Sicht des Vaters, die andere Seite ist die Sicht seines sozialen Umfeldes.
Weiterhin habe ich gelernt, dass der Name Anna in vielen Kulturen vorkommt. Er ist dem türkischen Wort Ane= Mutter sehr verwandt. Somit ist Anna unser aller Stern im riesigen Universum.
2. Auf der ganzen Welt werden mehr Mädchen abgetrieben als Jungen. Man denke an Indien und China. Der Junge steht in vielen Kulturen für Lebensabsicherung im Alter, zukünftiger Ernährer, Stärke.....
Glücklicherweise haben wir in Deutschland eine andere Sichtweise. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau, von Frau und Mann.
3. Anna kann sowohl für ein "gesundes Kind" stehen als auch für ein Mädchen mit handycaps. Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele Eltern ihr behindertes Kind von Herzen lieben, und es bewusst angenommen haben, als die ersten Untersuchungen auf eine Behinderung hinwies.
Andererseits muss auch gesagt werden, dass jedes Jahr in Deutschland über 300 Kinder, auch noch nach der 20. Schwangerschaftswoche im Mutterleib getötet, zerstückelt und operativ entfernt werden.
Statistisch entspricht das einer Tötung pro Tag.
Dieses Töten nimmt unsere Gesellschaft klaglos hin und wehrt sich gleichzeitig gegen die pränatale Diagnostik. Ich komme damit nicht klar. Die Entscheidung sollte allein den Eltern überlassen bleiben. Im Zweifelsfall werden sie einfach diese Untersuchung im benachbarten Ausland z.B. Niederlande vornehmen lassen. Glücklicherweise öffnet sich unsere Gesellschaft gegenüber der pränatalen Diagnostik.
Ist es denn nicht viel besser, eine Untersuchung vornehmen zu lassen vor der Nidation (der Einnistung der befruchteten Eizelle im Mutterleib), als dieses Kind ab der 20. Schwangerschaftswoche im Mutterleib abzutöten und operativ zu entfernen?
Die Gegenargumente - der bewussten Auslese sind mir sehr wohl bekannt.Sie haben mit unserer Vergangenheit zu tun. Nach Auskunft von Dr. med. Wolfgang Bayerl, dem Vorstand des Vereins"Lasset uns Nester bauen", gibt es derzeit in Deutschland 135 Zentren für die künstliche Befruchtung.
Wer kümmert sich aber ebenso vehement darum, dass seit 1949 mindestens 12 Millionen Kinder in Deutschland abgetrieben wurden - Schätzungen gehen sogar von 24 Millionen Kindern aus.
Damit hat unsere Generation eine große Verantwortung auf sich geladen. Sie dürfte ebenso hoch sein wie die unserer Eltern, die überwiegend dem Nazi-Regime nicht die Stirn geboten haben. Demut ist geboten.
Beim Lesen diverser Blogs traf ich auf wunderschöne Geschichten, die die Problematik ungewollter Schwangerschaften und ihrer Konflikte intensiv beschreiben.
So fand ich das Gedicht von Bettina Wegner:
“Sind so kleine Hände, winzge Finger dran.
Darf man nie drauf schlagen, die zerbrechen dann.
Sind so kleine Füße mit so kleinen Zehn.
Darf man nie drauf treten, könn sie sonst nicht gehn.
Sind so kleine Ohren scharf, und ihr erlaubt.
Darf man nie zerbrüllen, werden davon taub.
Sind so schöne Münder, sprechen alles aus.
Darf man nie verbieten, kommt sonst nichts mehr raus.
Sind so klare Augen, die noch alles sehen.
Darf man nie verbinden, könn sie nichts verstehn.
Sind so kleine Seelen offen und ganz frei.
Darf man niemals quälen, gehn kaputt dabei.
Ist so´n kleines Rückgrat, sieht man fast noch nichts.
Darf man niemals beugen, weil es sonst zerbricht.
Grade, klare Menschen wär´n ein schönes Ziel.
Leute ohne Rückgrat habe´n wir schon zu viel.“
Danke, Frau Bettina Wegner!