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1. Das Augustus-Forum in Rom

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Um verstehen zu können, warum es zur Herrschaft des Augustus gekommen ist und warum diese Herrschaft ihre spezifische Form als Prinzipat erhalten hat, muss man sich mit der vorangehenden, langen Krise der Römischen Republik beschäftigen, deren letzte Phase mit dem politischen Aufstieg des jungen Octavian einsetzte. Aus dem großen zeitlichen Abstand, der uns von der Antike trennt, erscheinen die Römische Republik und die Römische Kaiserzeit als zwei voneinander abgegrenzte und stark divergierende Epochen, doch für die Zeitgenossen, die den Aufstieg Octavians miterlebt hatten, war es eine Zeit des Übergangs. Sie konnten weder im Jahr 31 v. Chr., nach der Schlacht bei Actium, noch 27 v. Chr., als Octavian seine Sondergewalten niederlegte und sich neue Kompetenzen übertragen ließ, voraussehen, ob der aus dem letzten Bürgerkrieg als Sieger hervorgegangene junge Mann seine Herrschaft würde festigen können oder ob ihn ein Schicksal ereilen würde wie das Caesars.


Rom, Augustusforum. Grundriss mit Rekonstruktion des Statuenprogramms (P. Zanker).

Herrschaftsakzeptanz

Der Prinzeps, obwohl von schwacher Konstitution und mehr als einmal bedrohlich krank, wurde 77 Jahre alt, und dieses zumal für antike Verhältnisse lange Leben sicherte den Bestand seiner Monarchie auch für seine Nachfolger. In den Jahrzehnten der augusteischen Herrschaft gab es etliche Krisen, und Augustus musste die Konzeption seines Prinzipats wiederholt neu ausrichten, zugleich aber darauf achten, den Bezug zur republikanischen Vergangenheit mit ihren Traditionen und Wertvorstellungen aufrechtzuerhalten, denn nur auf diese Weise konnte es ihm gelingen, auf Dauer die notwendige Akzeptanz bei seinen „Mitbürgern“ zu finden. Sein politisches Werk ist von dieser Auseinandersetzung mit der Republik geprägt, und bis hinein in die Baumaßnahmen, die Augustus in Rom hat durchführen lassen, wird sein Bemühen sichtbar, die eigene Herrschaft in den Rahmen der Tradition zu stellen und sie auf diese Weise zu legitimieren. Die Zweiseitigkeit des Prinzipats wird in keinem Bauwerk anschaulicher als in dem Forum des Augustus, das einerseits in aller Deutlichkeit seine herausragende Stellung demonstrierte, diese Präsentation andererseits aber mit der Erinnerung an die „großen Männer“ Roms republikanisch einkleidete. Augustus ordnete sich hier in die römische Geschichte ein, ohne jedoch einen Zweifel daran zu lassen, dass seine Leistung die aller anderen Römer übertraf. Wie also sah die augusteische Geschichtsinterpretation auf dem neuen Forum aus?

Es handelte sich um eine große Anlage, die sich an das alte Forum Romanum und das jüngere, erst unter Augustus fertig gestellte Forum Caesars anschloss. Schon die Wahl des Gottes, dem hier ein Tempel gebaut wurde, zeigt, dass man es mit politischer Architektur zu tun hat: Gebaut wurde ein Tempel für Mars Ultor, den „rächenden Mars“, und mit der Rache war die Rache an den Mördern Caesars gemeint. Zunächst, zum Zeitpunkt dieser frühen Überlegungen noch vor der Schlacht gegen Cassius und Brutus bei Philippi (Oktober 42 v. Chr.), sollte das Forum also dazu dienen, Octavians Stellung als „Sohn“ Caesars deutlich zu machen. Fertig gestellt und eingeweiht wurden Forum und Tempel jedoch erst im Jahr 2 v. Chr. Zu diesem Zeitpunkt besaß Augustus seit Jahrzehnten die Alleinherrschaft, und so ging es ihm schon seit langem nicht mehr um die Bekundung seines Rachedurstes, sondern um den Ausdruck von Versöhnung und innerem Ausgleich. Auch dafür wurde das neue Forum genutzt, indem die Säulenhallen, die den Tempel links und rechts umfassten, mit Statuenreihen ausgestattet wurden, die das ansonsten monarchische Bildprogramm des Forums mit republikanischen Bezügen ergänzten.

Bildprogramm auf dem Augustusforum

Wer auf das Forum trat, stieß zunächst auf eine mitten auf dem Platz aufgestellte Augustus-Quadriga, die anlässlich der Einweihung des neuen Forums dem Bauherrn vom Senat gewidmet worden war. Auf der Basis der Quadriga war der Ehrentitel pater patriae („Vater des Vaterlandes“) eingeschrieben, den der Senat Augustus im Jahr der Einweihung des Forums verliehen hatte: Augustus war nicht nur der Rächer seines Adoptivvaters, sondern auch der Retter des Vaterlandes, der zunächst die Bürgerkriege beendet und sich seitdem um die Belange aller römischen Bürger gekümmert hatte. Auf der Basis der Quadriga befand sich zudem eine Inschrift, in der alle von Augustus besiegten Völker verzeichnet waren; der „Vater des Vaterlandes“ hatte also auch dem römischen Weltherrschaftsanspruch Nachdruck verliehen und die militärischen Kräfte Roms nach außen gelenkt. Im Hintergrund der Quadriga erhob sich der Mars-Tempel, auf dessen Giebel Mars und Venus sowie Romulus und die Göttin Fortuna zu sehen waren, während im Inneren des Tempels überlebensgroße Statuen von Mars und Venus, möglicherweise ergänzt um eine Statue Caesars, aufgestellt waren. Der Tempelgiebel und die Statuen im Inneren kündeten davon, dass Augustus seine Siege mit Hilfe der Götter errungen hatte, und sie wiesen zugleich auf die übernatürliche Abstammung, deren sich die Julier rühmten und die seit der Adoption durch Caesar auch von Augustus beansprucht werden konnte. „Gaius Julius Caesar“ so heißt es bei Velleius Paterculus, „stammte aus der altadeligen Familie der Julier; die Herkunft seiner Familie leitete er von Anchises und Venus ab, was auch von allen, die sich für Altertümer interessieren, für zutreffend befunden wird“ (Römische Geschichte 2,41,1). Anchises war der Vater des Aeneas, der die flüchtenden Trojaner über Karthago nach Italien geführt hatte, und mit Aeneas soll auch Rhea Silvia verwandt gewesen sein. Sie wieder war dem Mythos zufolge von Mars geschwängert worden und hatte die Zwillinge Romulus und Remus geboren. So konnten sich Caesar und nach ihm Augustus auf göttliche Herkunft und auf eine Verwandtschaft mit Aeneas und Romulus berufen.

Statuen von Aeneas und Romulus standen zwar nicht im Tempel, dafür aber an betonter Stelle in den Säulenhallen, die das Forum zu beiden Seiten des Mars-Tempels begrenzten. Die beiden langen Säulenhallen hatten auf der Höhe des Tempels halbkreisförmige Ausbuchtungen (Exedren), und hier sah man auf der einen Seite, wie Aeneas mit seinem alten Vater Anchises auf den Schultern und seinem kleinen Sohn Ascanius an der Hand aus dem brennenden Troja flüchtete. In der gegenüberliegenden Exedra waren Ascanius und weitere Nachkommen des Aeneas zu sehen, die die Stadt Alba Longa begründet und beherrscht hatten, während in der Mitte eine Statue des Romulus aufgestellt war.

principes viri

Für sich betrachtet führt die eindringliche Selbstdarstellung auf dem Forum, in der sich Augustus in Verbindung mit den Göttern und den Ahnherren der Stadt brachte, zu dem Eindruck, dass die Stellung des „Prinzeps“ die eines Monarchen war. Doch gerade diesen Eindruck wollte Augus tus vermeiden, und so wurde der monarchische Aspekt dadurch relativiert, dass Romulus und Aeneas von einer langen Reihe von principes viri, von „ersten Männern“ der Römischen Republik, umgeben waren. Auf diese Weise gab Augustus zu verstehen, dass seine Herrschaft eben keine absolute Monarchie darstellen sollte, sondern eine auf Autorität und Akzeptanz beruhende Führungsrolle des durch seine Taten ausgewiesenen ersten Mannes. Diese Herrschaftskonzeption war ein Angebot an die ehemalige Führungsschicht des Römischen Reiches, die es nicht ertragen wollte, von einem Monarchen regiert zu werden, die sich jedoch am Ende der Bürgerkriege mit dem bloßen Anschein einer res publica restituta, einer „wiederhergestellten Republik“, zufrieden geben musste.

Augustus

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