Читать книгу Anwaltshure 2 | Erotischer Roman - Helen Carter - Страница 6
ОглавлениеOscarReif - Teil 1
So machte ich mich am darauf folgenden Abend dezent als »Hausfrau der Upperclass« zurecht und trug einen schwarzen Bleistiftrock aus Lammnappa, den ich mit einem bunten Wickelshirt von Gucci in psychedelischen Mustern kombinierte. Dazu wählte ich farblich passende Pumps, nicht zu hoch. Schmuck ließ ich ganz weg. Nur Brillanten als Ohrstecker. So wirkte das Ganze sportlich-intellektuell und nicht billig oder gar nuttig.
Als Wäsche kam nur champagnerfarbene Seide in Frage. Das wirkt immer klassisch schön. Vor allem, wenn bei einem Rollenspiel nicht der Sex betont werden soll.
***
So fuhr ich mit Danny in die Außenbezirke Londons. Es war beinahe schon die Countryside, wohin wir uns begaben. Ein freistehendes, modernes Architektenhaus, das aussah, als hätten Riesenkinder ihre Bauklötze wild übereinander getürmt. Ein seltener Anblick in der architektonisch, eher traditionellen englischen Landschaft.
Der Garten, soweit ich ihn in der hereinbrechenden Dämmerung noch erkennen konnte, war ebenso modern, wie beinahe spartanisch angelegt. Deswegen aber nicht weniger ansprechend.
Die Tür öffnete der obligatorische Butler, der mir auch sogleich aus meinem beigefarbenen Burberry Trench half.
»Mister McLeod erwartet Sie bereits, Miss Hunter«, sagte er mit gedämpfter Stimme, die zu dem Ort passte, an dem wir uns befanden.
Alles hier in der Empfangshalle wirkte karg. Klare Linien dominierten in den Tönen Creme und Nuss. Auf einer gewaltigen Anrichte stand allein eine Vase mit einer gut armlangen exotischen dunkelroten Blüte darin.
Die Türen schoben sich sämtlich automatisch zur Seite, wenn man ihnen nahe genug kam.
So befand ich mich umgehend, ohne auch nur einen Handschlag getan zu haben, in einem Zimmer, das lediglich eine lederne Liege und ein kleines Beistellschränkchen mit einem Buch darauf beherbergte.
George war der einzige Farbfleck.
»Meine Liebe!«, grüßte er beinahe überschwänglich und eilte mit langen Schritten auf mich zu. Er drückte und küsste mich herzlich.
»Wo ist unser Gastgeber?« Auch wenn ich mich noch so intensiv umsah – ich erspähte niemanden, außer uns.
George aber zog die Augenbrauen hoch, sodass sich seine Stirn runzelte, und sah über sich. Jetzt entdeckte ich eine Art gläsernes Fenster, das um den kompletten Raum herumführte und wo ich nun den Ausschnitt eines männlichen Gesichts entdeckte. Augenblicke später erkannte ich wackelnde Finger neben den Schläfen des Mannes, und ich grüsste lächelnd zurück.
»Das ist Buchanan«, sagte George.
»Du überraschst mich immer wieder, mein Lieber!«, säuselte ich, während ich einen Platz für meine Tasche suchte.
Georges Blicke wanderten zufrieden an mir auf und ab, bis sie an meinem Dekolleté innehielten. Jetzt runzelte er die Stirn. »Wieso trägst du heute keinen Schmuck?«, versetzte er in beinahe beleidigtem Ton.
»Hätte nicht gepasst, fand ich.«
»Doch. Heute muss sogar viel Schmuck sein.«
Damit verließ er den Raum, um gleich darauf zurückzukehren. Hände voll Preziosen. Die funkelnde Pracht verschlug mir nachhaltig den Atem.
»Leg das alles an!«, kommandierte er, als sei ich gerade im Begriff gewesen, sein Spiel kaputt zu machen.
Brav schob ich klobige Ringe an fast jeden Finger, hängte mehrere Colliers und drei meterlange Perlenketten um mich und krönte das Ganze mit dutzenden von gleißenden Armbändern. Nun sah ich unter Garantie wie ein Christbaum aus. Fragend sah ich George an, der entschieden zufrieden lächelte. »So siehst du gut aus. Fabelhaft. Genau richtig.«
»Sind diese Klunker denn echt?«
So etwas hatte ich mir nämlich nach einem Blick auf die Verschlüsse schon gedacht und Georges ernsthaftes Nicken bestätigte meinen Verdacht. Nun gut, sagte ich mir, wenn etwas zu Bruch geht, ist es nicht meine Sorge. Und vielleicht bekomme ich am Ende ja das eine oder andere Stück geschenkt …
»Ich werde mich jetzt unserem Gastgeber anschließen und dann kann die Show beginnen«, sagte George.
»Halt … Warte!«, bremste ich ihn, indem ich seinen Arm packte. »Und was soll ich tun?«
»Du, meine Süße, wirst dich da auf die Chaiselongue begeben und in einem Buch schmökern. Das ist alles.«
Ich grinste so breit, dass mein Gesicht beinahe wehtat. Das konnte ja lustig werden. Es amüsierte mich allein schon, dass ich ein solch bunter Farbklecks in diesem schneeblind machenden Raum war. Und mir vorzustellen, dass ich nichts tat, als hier zu liegen und zu lesen – während mein Gastgeber da oben stand und sich einen runterholte – das hatte was!
So verabschiedete ich also George und sah ihm nach, bis die gläserne Tür sich lautlos hinter ihm schloss. Dann legte ich mich auf die überraschend bequeme lederne Liege und streckte meine Beine aus.
Schnell untersagte ich mir selbst, erotische Andeutungen zu machen und griff stattdessen nach dem Buch.
»Garten- und Landschaftsbau aus ökologischer Sicht« hieß das sicherlich bahnbrechende Werk, von dem ich jetzt die ersten Zeilen zu studieren begann.
So lag ich denn da und hatte nur ein Problem: Ich drohte langsam, aber sicher, wegzudämmern.
Diese Chaiselongue war ungemein gemütlich und ich merkte die vergangenen Nächte, die ich mit Vögeln verbracht hatte. Natürlich war mir auch klar, dass hier mehr geschehen würde, als dass ein Klient mir nur beim Lesen zusah, und so ließ ich mich entspannt auf das zutreiben, was sich hinter den Kulissen bereits anbahnte.
Ich musste nicht lange warten. Ein Gemisch aus Poltern und Klirren weckte meine Aufmerksamkeit. Ich ließ das Buch in meinen Schoß sinken und setzte mich auf. Was zur Hölle ging da vor sich?
Nur wenige Augenblicke später wusste ich es: Die zweite gläserne Tür wurde mit einem enormen Krach eingetreten!
Jetzt blieb sogar mir die Luft weg. Der Schrecken fuhr mir durch alle Glieder und ich machte einen Satz von der Couch, um hinter ihr schnellstens in Deckung zu gehen. Die Splitter stoben in glitzernden Kaskaden durch den Raum und ich hätte sicherlich den ästhetischen Anblick genossen, hätte ich nicht inmitten des funkelnden Chaos’ am Boden gekauert, ängstlich darauf bedacht, meine Pumps nicht mit den Scherben zu ruinieren.
Als endlich wieder Ruhe eingetreten war, wagte ich es, hinter der Chaiselongue hervorzuschauen und blickte direkt in die wilden rehbraunen Augen eines Maskierten.
Mein Herz hüpfte.
Er war gut mittelgroß und selbst der khakifarbene Tarnanzug konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Inhalt desselben äußerst appetitlich war. Sein Haar war unter einer Militärkappe verborgen und sein Gesicht, von den Augen abgesehen, mit einem Tuch bedeckt. In der Rechten hielt er eine Pistole, mit der er nun ruhig und gelassen auf mich zielte. Okay, zugegebenermaßen fand ich diesen Punkt nicht wirklich witzig.
»Komm da raus, du Schlampe!«, bellte er. Noch im Auftauchen packte mich mein Gegenüber grob und riss mich auf die Füße. »So seht ihr Millionärsflittchen also aus.«
Seine Augen begannen ihre Wanderung über meinen Körper. In mir breitete sich ein angespanntes Prickeln aus, das sich wirklich gut anfühlte. Sein Griff war fest, aber nicht schmerzhaft. Wenn ich mir auch mit all den Klunkern ziemlich bescheuert vorkam.
»Hast du dich für deinen Luden so fein gemacht oder erwartest du deinen Stecher?«, knurrte er mich an.
Lude? Stecher?
»Sie meinen wohl meinen Mann oder meinen Liebhaber?«, verbesserte ich arrogant.
»Ich sage, was ich meine!«, versetzte er nicht minder zickig.
Die Sache versprach interessant zu werden, denn ich hatte inzwischen einen Blick auf seine Hose geworfen und die beulte sich bereits aus.
»Weiber wie du haben immer einen Liebhaber, nicht wahr?«
Theatralisch rümpfte ich die Nase. »Wieso nur einen?«, zischte ich ihn an.
Plötzlich stieß er mich grob von sich. Ich taumelte leicht und blieb dann kerzengerade stehen.
»Ich frage mich, wie eine Schlampe wie du nackt aussieht?«
Schnell kreuzte ich die Arme vor der Brust und tappte unsicher mit angstverzerrtem Gesicht rückwärts, bis ich mit dem Rücken gegen die Wand stieß.
»Sie wollen mich doch nicht etwa …«, stammelte ich heiser.
Er machte einen bedrohlichen Schritt auf mich zu und ich verkrampfte meine Arme noch ein Stück mehr.
»Zieh dich aus, Flittchen!«, wisperte er mit mühsam niedergehaltener Stimme.
»Nie – mals!«, tönte ich mit hoch erhobenem Kopf.
Und schon war er bei mir.