Читать книгу Irrlichter und Spöckenkieker - Helga Licher - Страница 17

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Jan trat kräftig in die Pedale. Stine hatte große Mühe das Tempo zu halten.

»Mensch Jan, ich kann nicht mehr«, rief sie ihm lachend zu. »Können wir eine Pause machen?«

Sie sprang vom Rad und ließ sich atemlos ins Gras fallen. Sekunden später war Jan neben ihr und beugte sich lächelnd über das Mädchen.

»Du hast wohl keine Puste mehr? Das müssen wir aber noch üben«, sagte er mit einem Schmunzeln auf den Lippen.

Stine sah in seine braunen Augen, sein Mund war ganz nah. Ihr Herz klopfte, was sollte sie tun, wenn Jan sie jetzt küsste? Sollte sie schreien, ihn wegstoßen, oder sollte sie einfach nur stillhalten?

»Du musst dich für einen Mann interessant machen«, hatte die Großmutter zu ihr gesagt.

»Wenn du dich jedem Kerl an den Hals wirfst, nimmt dich später keiner mehr.«

Das wollte Stine auf keinen Fall riskieren, aber wie macht man sich für einen Mann interessant? Sollte sie sich doch besser wehren und weglaufen? Würde Jan das interessant finden? All diese Gedanken schossen Stine durch den Kopf, während sie ihr Spiegelbild in seinen Augen betrachtete. Eine Weile lag sie ganz ruhig neben ihm im Gras, dann hob sie langsam ihre Hand und strich zart über seine Stirn und die Wangen. Zum Schreien hatte sie keine Lust, und zum Weglaufen schon gar nicht, aber zum Küssen …

Unvermittelt richtete Jan sich auf und reichte ihr die Hand. Er fuhr mit den Händen durch seine Haare und zupfte einige Grashalme von seiner braunen Cordhose.

»Komm, wir müssen uns beeilen, es ist schon dunkel, ich habe kein Licht an meinem Fahrrad.«

Stine sah enttäuscht zu, wie Jan hastig auf sein Fahrrad stieg. Warum hatte er es plötzlich so eilig? Hatte sie falsch reagiert? Hätte sie doch weglaufen sollen? Sicher fand Jan sie gar nicht interessant, sonst hätte er sie bestimmt geküsst. Sie stieg auf ihr Rad und fuhr rasch, ohne sich nach dem Jungen umzusehen, den sandigen Feldweg entlang. Sie wollte so schnell wie möglich zurück nach Utersum. Erst, als in der Ferne die ersten Lichter des Dorfes zu sehen waren, verlangsamte sie ihre Fahrt. Es war kühl geworden, und ein eisiger Wind trieb Stine Tränen in die Augen.

Ob es wirklich der Wind war, das wusste wohl nur das Mädchen.

Obwohl sie seit den Ereignissen des vergangenen Abends völlig durcheinander war, wenn sie an Jan dachte, schlief sie tief und traumlos.

Irgendetwas war mit ihr geschehen.

War das Liebe, was sie empfand, wenn sie an Jan Nansen dachte? Liebte Jan sie auch? Aber warum hatte er sie nicht geküsst? Ihre Großmutter hatte ihr erklärt, dass man zwar aus Liebe heiraten könne, aber manchmal auch solche Dinge wie »Sicherheit, Vernunft oder Verpflichtung« für eine Ehe wichtig wären.

»Die Liebe macht halt nicht satt«, sagte Meta oft bedrückt.

Stine war ganz sicher, wenn sie einmal heiraten würde, dann nur aus Liebe.

Ob ihre Großmutter ihr erklären konnte, wie man wahre Liebe erkennt?

Großmutter mit ihrer Lebenserfahrung wird das wissen, Stine war ganz sicher.

Irrlichter und Spöckenkieker

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