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Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Körperfunktionen
Alle lebenden Organismen benötigen Energie, um die Funktionen ihrer biologischen Systeme aufrechtzuerhalten. Die dafür nötigen Grundstoffe werden aus der Umgebung, beim Menschen über die Nahrung aufgenommen. Die darin enthaltenen Bestandteile werden als solche oder als durch die Verdauung entstandene Bruchstücke in den Körper aufgenommen, aus denen die energiereichen Zwischenprodukte gebildet werden. Zumeist werden dadurch inaktive Vorstufen von Enzymen durch Phosphorylierung aktiviert, sodass sie ihre physiologischen Ausgaben erfüllen können. Störungen dieser Prozesse führen konsequenterweise zu Beeinträchtigungen der Aufnahme und Verwertung der mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate, Proteine (Eiweiße) und Fette sowie der übrigen notwendigen Bestandteile wie essenzielle Aminosäuren und Metalle.
Um diese Zusammenhänge nachvollziehen zu können, wird im Folgenden kurz die Verwertung der Nahrungsbestandteile zur Energiegewinnung im Intermediärstoffwechsel und die Rolle der enzymatischen Prozesse, vor allem die der Fremdstoffe metabolisierenden Enzyme kurz dargestellt.
12.1 Intermediärstoffwechsel
Mit der Nahrung nehmen wir Kohlenhydrate, Eiweiße (Proteine) und Fette auf, aus denen im intermediären Stoffwechsel Energie für die Synthese der für die Funktion des Organismus notwendigen Produkte gebildet wird. Während Glucose direkt aus der Nahrung aufgenommen wird, müssen Fette und Proteine zunächst zu resorbierbaren Bestandteilen (Fettsäuren bzw. Aminosäuren) zerlegt werden, die nach der Resorption wieder zusammengesetzt werden müssen. Eine intakte Zellfunktion, die Metabolisierung von Fremdstoffen, Reparatur geschädigter Zellen und ihrer Funktion benötigt Energie, um die daran beteiligten Stoffwechselvorgänge zu aktivieren. Die Energie wird vom Intermediärstoffwechsel geliefert, der von einer ausreichenden Versorgung der dafür notwendigen Bestandteile abhängt, die aus der Nahrung aufgenommen werden. Daher wird hier kurz die Rolle der Kohlenhydrate, Fette und Proteine dargestellt (Abb. 12.1).
Die Kohlenhydrate bestehen im Wesentlichen aus Glucose, Fructose und Galactose, die aus jeweils sechs Kohlenstoffatomen bestehen. Nach einer Mahlzeit werden die resorbierten Kohlenhydrate über die Pfortader in die Leber transportiert, je nach Bedarf auf die Organe zur Synthese von Glycoproteinen, Glycolipiden, Nukleotiden, Polysacharidketten für Zellmembranen oder Aminosäuren verteilt. Ein Teil wird als schnell verfügbares Glycogen gespeichert und der überschüssige Teil in Fett umgewandelt. Die wichtigste Funktion der Kohlenhydrate ist ihr Beitrag zur Energiegewinnung, bei der sie über komplizierte Mechanismen abgebaut werden (Glycolyse). Dabei werden die Zucker, die aus sechs Kohlenstoffatomen bestehen, zunächst durch Adenosintriphosphat (ATP) phosphoryliert und über mehrere Schritte wird die aus drei Kohlenstoffatomen bestehende Brenztraubensäure (Pyruvat) gebildet. Pyruvat wird unter CO2-Abspaltung zu Acetyl-Coenzym A (Acetyl-CoA) oxidiert, das mit Oxalacetat zu Citrat reagiert und somit in den Citratzyklus eingeschleust wird. Während des gesamten Prozesses wird energiereiches ATP oder UTP (Uridintriphosphat) gebildet, das zur Phosphorylierung und damit Aktivierung z. B. von Enzymen erforderlich ist, sowie der Co-Faktor NADH zur Reduktion oxidierter Moleküle. Das entstehende CO2 wird abgeatmet. Der gesamte Prozess läuft in den Mitochondrien ab, der Energiezentrale der Zellen.
Abb. 12.1 Schematische Darstellung des Intermediärstoffwechsels, durch den mit der Nahrung aufgenommene Kohlenhydrate, Fette und Aminosäuren in Energie (ATP) und reduzierende Äquivalente (NADH) umgewandelt werden. Milchsäure entsteht im Muskel aus Pyruvat, das, um den höheren Energiebedarf bei körperlicher Belastung abzudecken, unter ATP Bildung aus Glucose entsteht. Nicht gezeigt ist, dass bestimmte Aminosäuren nach Abspaltung der Aminogruppe über Pyruvat zur Bildung von Glucose beitragen können (nach Abb. 2.1 im Kapitel Kohlenhydratstoffwechsel von W.A. Scherbaum und S. Martin in Klinische Pathophysiologie, Hrsg. W. Siegenthaler, H.E. Blum, Thieme, Stuttgart, New York, 9. Auflage 2006).
Abb. 12.2 Biosynthese der aktivierten Glucuronsäure aus Glucose durch das energiereiche UTP und gleichzeitiger Bildung von NADH, ein Co-Substrat zur Reduzierung von Stoffwechselprodukten (aus Kapitel Biotransformation von Fremdstoffen von W. Dekant in Das Toxikologiebuch, 978-3-527-33973-0, Wiley-VCH 2017).
Ein Beispiel für die energieabhängige Bildung der aktivierten Glucuronsäure (UDP-Glucuronsäure), das Co-Substrat für die Glucuronidierung (Phase-II-Reaktion) ist in Abb. 12.2 dargestellt.
Proteine bestehen aus Ketten von Aminosäuren. Die mit der Nahrung aufgenommenen Proteine werden in Magen und Darm in kleinere Bestandteile und die einzelnen Aminosäuren aufgespalten, resorbiert und über die Pfortader zur Leber transportiert. Dort werden sie entweder weiter abgebaut oder zur Neubildung von Proteinen genutzt. Da der menschliche Organismus einige der Aminosäuren nicht selber herstellen kann, sie aber als Bausteine von Proteinen benötigt, müssen diese ,,essenziellen“ Aminosäuren in der Nahrung enthalten sein, um den Bedarf zu decken. Der Abbau der einzelnen Aminosäuren erfolgt über verschiedene Mechanismen, deren Zwischenprodukte als Vorstufen für andere Zellbestandteile verwendet werden, u. a. zur Bildung von Acetyl-CoA. Die verbleibenden Kohlenstoffketten werden schließlich in den Citratzyklus eingeschleust und der beim Abbau freigesetzte Stickstoff als Harnstoff über die Nieren ausgeschieden. Im Hungerzustand, wenn Glycogen und die Fettdepots abgebaut sind, erhöht sich der Proteinabbau und die freigesetzten Aminosäuren werden über den Citratzyklus zur Energieerzeugung verwendet.
Die Fette (Lipide) werden in Mund, Magen und Dünndarm durch Lipase in Fettsäuren aufgespalten, im Dünndarm mithilfe der Galle emulgiert und zusammen mit Cholesterin und den fettlöslichen Vitaminen A, D und E in die Darmzellen aufgenommen. In den Darmzellen entstehen wieder Triglyceride, die in Chylomikronen (Lipidpartikel) über die Lymphe in den Blutkreislauf gelangen. Ihre wichtigste Funktion besteht im Aufbau der Zellmembranen, die weitgehend aus Phospholipiden bestehen. Weiterhin werden sie entweder im Fettgewebe gespeichert oder zur Energiegewinnung verbraucht. Bei Bedarf werden die im Fett gespeicherten Triglyceride durch Lipasen in Glycerin und freie Fettsäuren gespalten, die zur Energiegewinnung in der Leber, der Herzmuskultur und bei körperlicher Aktivität in der Skelettmuskulatur abläuft. Dabei werden zunächst die langen Fettsäureketten an CoA gebunden, durch β-Oxidation jeweils um zwei Kohlenstoffabschnitte gekürzt, sodass schließlich Acetyl-CoA entsteht, das mit Pyruvat zu Citrat reagiert und somit wie Kohlenhydrate und Aminosäuren im Citratsäurezyklus zur Energiegewinnung verwendet werden kann.
Der Abbau von Glucose (Glycolyse), Triglyceriden (Lipolyse) und Proteinen (Proteolyse) ist bis zum Eintritt in den Citratzyklus reversibel, d. h., aus den Abbauprodukten können wieder die Ausgangsprodukte Glucose (Gluconeogenese) bzw. Triglyceride (Lipogenese) gebildet werden, aus den Aminosäuren Proteine. Der Citratzyklus dient jedoch ausschließlich der Energiegewinnung und benötigt dazu Acetyl-CoA bzw. Abbauprodukte der Kohlenhydrate, Fette und Aminosäuren, die verbraucht werden, sodass die Ausgangsprodukte nicht wiederhergestellt werden können (Abb. 12.1).
Die so gewonnene Energie wird als Adenosintriphosphat (ATP) gespeichert, das inaktive Vorstufen von Enzymen phosphoryliert und damit aktiviert. Die aktivierten Enzyme halten sämtliche Stoffwechselprozesse des Körpers in Gang, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Dies betrifft auch die enzymatischen Prozesse, die an der Aktivierung und Inaktivierung von Fremdstoffen beteiligt sind.
Kohlenhydrate und Eiweiß liefern dem Körper pro Gramm 4 kcal, Fett 9,3 kcal. Ein erwachsener Mann mit einem mittleren Body-Mass-Index (BMI) von 22 benötigt eine tägliche Energiezufuhr von 2300 kcal, Frauen im Alter von 25 bis 50 Jahren bei geringer körperlicher Aktivität 1800 kcal. Da im Intermediärstoffwechsel aus Kohlenhydraten, Lipiden/Fett oder Aminosäuren die jeweils fehlende Komponente gebildet werden kann, ist es unerheblich, wie die Nahrung zusammengesetzt ist. Man könnte sich daher ausschließlich mit Zucker ernähren, was jedoch wenig sinnvoll ist, denn eine normale gemischte Kost deckt nicht nur den Energiebedarf ab, sondern enthält auch die Aminosäuren und Vitamine, die im Körper nicht hergestellt werden können, sowie die notwendigen Mineralstoffe und Spurenelemente.
Ist die Zufuhr von Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten höher als der Verbrauch, wird die überschüssige Energie in Fett umgewandelt, bei zu niedriger Energiezufuhr wird Fett abgebaut und in den Intermediärstoffwechsel zur Energiegewinnung und Bildung der zu ersetzenden Kohlenhydrate, Proteine oder Fette eingespeist. Allerdings kann der Mensch die folgenden (essenziellen) Aminosäuren, die zur Herstellung von Proteinen erforderlich sind, nicht selbst bilden: Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin. Sie müssen daher in der pflanzlichen oder tierischen Nahrung enthalten sein.
Während Fette, Proteine und Kohlenhydrate die erforderliche Energie liefern, sind Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente wichtige Bestandteile und Co-Faktoren von Enzymen und Stoffwechselprozessen, die für das Funktionieren des gesamten Stoffwechsels verantwortlich sind.
12.2 Vitamine
Die fettlöslichen und wasserlöslichen Vitamine werden im Körper fast nicht produziert und gespeichert, sodass sie ständig mit der Nahrung aufgenommen werden müssen.
Zu den fettlöslichen gehören die Vitamine A, D, E und K, die in der Leber und in fetthaltigen Geweben gespeichert werden können. Sie sind in den folgenden Nahrungsmitteln enthalten:
Vitamin A: in Leber, Milch und Fisch, in Pflanzen als Provitamin, aus dem im Körper das Vitamin gebildet wird.
Vitamin D: entsteht im Körper bei UV-Bestrahlung und ist in Fischprodukten (Lebertran) enthalten.
Vitamin E: in pflanzlichen Ölen, in geringerer Menge in Blattgemüsen und Vollkornprodukten.
Zu den wasserlöslichen gehören Vitamin C und die acht B-Vitamine, darunter Vitamin B9, die Folsäure, die nicht gespeichert, sondern ständig mit dem Urin ausgeschieden werden. Während von den wasserlöslichen Vitamin C vor allem in Pflanzen vorkommt, sind die B-Vitamine vorwiegend in tierischen Produkten wie Eiern, Milch oder Fleisch enthalten.
12.3 Mineralstoffe
Zu den Mineralstoffen gehören Calcium, Chlor, Kalium, Magnesium, Natrium und Phosphor, die in größeren und zumeist ausreichenden Mengen, d. h. bis zu 50 mg/kg Körpergewicht erforderlich, zumeist auch mit einer normalen Ernährung verfügbar sind. Sie sind für die Aufrechterhaltung des Elektrolytstoffwechsels, als Co-Faktoren für die Funktion von Enzymen und Transportprozessen durch Membranen und für die Knochenfestigkeit erforderlich. So ist Calcium einerseits zu 99% in den Knochen enthalten, dient aber andererseits in den Zellen als wichtiger Botenstoff bei der Übertragung von Signalen, z. B. bei der Muskelkontraktion oder der Freisetzung gespeicherter Stoffe.
12.4 Spurenelemente
Dagegen kommen Spurenelemente nur in geringeren Mengen im Körper vor, sodass auch der Bedarf niedriger ist als bei den Mineralstoffen. Eines der wichtigsten Spurenelemente ist das Eisen. Im roten Blutfarbstoff vermittelt es Bindung und Transport von Sauerstoff und Kohlendioxid und ist der funktionelle Bestandteil der Cytochrome, die den Stoffwechsel der körpereigenen und körperfremden Substanzen vermitteln. Eisen ist auch in den Cytochromen in den Mitochondrien, der Energiezentrale des Körpers, und nicht zuletzt im Myoglobin, das die Sauerstoffversorgung der Muskulatur aufrechterhält.
Weitere wichtige Spurenelemente sind das Iod als Bestandteil der Schilddrüsenhormone, Fluor für die Knochenstabilität sowie Kupfer, Magnesium, Mangan, Selen oder Zink, die zumeist Bestandteile oder Co-Faktoren von Enzymen sind.