Читать книгу Denk mal! - Helmut H. Schulz - Страница 5
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Die letzten Tage brachten eine Masse Widrigkeiten, es stürmte aus Nordwest und ein eiskalter Regen strömte hernieder. Er kam aus dem Bergmassiv, das sich weit hinter einer Ebene erhob und grau verhangen war. Simon, der Stumpfnasige und mein Wachführer, meinen, dass wir uns wahrscheinlich dem Ziel der Reise nähern. Dieses unbekannte Meer scheint irgendwo im Osten begrenzt zu sein, ist also mit keinem anderen Meer verbunden. Für die Landnähe spricht auch das Auftauchen größerer Schwärme Seevögel, die kreischend und flügelschlagend unser Schiff umkreisen. Simon erzählte, dass Jason aus Jolkos stamme, wo ein Mann namens Pelias herrsche und mein Simon äußerte den Verdacht, jener Pelias habe seinen Neffen, nämlich Jason aus Jolkos entfernen wollen, seinen Vater jedoch in Jolkos festgehalten. Ich kann mir denken, wie es sich damit verhält; Familienzwist, man hat dergleichen oft gehört.
Mit Simon werde ich Freundschaft halten, da wir beide aus Korinth stammen und Landsleute sind, wie wir feststellten. Ist er verschlossen, so will ich verschwiegen sein. Er wird mir nützen, denke ich. Als Schlagmann, wenn wir rudern müssen, weil Windstille herrscht, sitze ich in seiner Nähe, er bestimmt den Schlag. Jason scheint ihn zu kennen und bringt ihm Vertrauen entgegen. Simon meint, dass Jason jähzornig und unberechenbar ist, wusste aber außer Gerüchte über Jasons Vergangenheit nichts Genaueres. Er hat wahrscheinlich viel auf dem Kerbholz, aber aus Jason klug zu werden, ist mir nicht gegeben. Ich habe Simon gefragt, was er von dieser Reise halte, worin der Sinn liege, in so entfernte und anscheinend unbewohnte Weltgegenden zu segeln. Schweigend sah er gerade vor sich hin, aber ich habe noch den traurigen Klang seiner Stimme im Ohr, als er erwiderte: »Nicht alle Fragen kann ich beantworten, o Kleon. Ich weiß aber, dass es Menschen gibt, die es wegzieht von Heim und Herd. Wir Griechen sind nun mal ein Volk, das bekannt ist durch seine unstillbare Neugier. «
»Was mich betrifft, so ziehe ich ein ruhiges Leben vor, mein Simon, ich bin hier, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen, nicht aus Neugier jedenfalls, das ist sicher, und ich habe eine gute Frau und zwei hübsche Kinder. Gebe Zeus, dass ich sie wiedersehe. «
»Du bist ja auch nicht Jason«, sagte mein Simon, »wer hat vor uns das Ruder gekannt? Wer die Sternbilder ergründet, nach denen wir segeln? Wer den Zirkel erfunden? Den Magnetstein entdeckt? «
»Die Gottheit lehrte uns«, warf ich zögernd ein.
»Die Gottheit? Welche? Wir messen uns mit ihr, o Kleon«, schloss er. Ich bemerkte, wie sehr er im Banne Jasons steht.
Nach dem Sturm der uns heimsuchte, opferte Jason dem Erderschütterer, er ließ das Blut des Tieres über den Opferstein rinnen, sprach die heiligen Beschwörungen und ich, der wie die anderen von ferne zusah, meinte den Namen der Athene zu hören. Das ganze Opfer wurde indessen verbrannt, darauf beruhigte sich die See, günstiger Wind kam auf und wir setzte das Segel. Ohne Zweifel hatte die Gottheit das Opfer angenommen.