Читать книгу Denk mal! - Helmut H. Schulz - Страница 6
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Wir marschieren seit einigen Tagen durch ein wildes unbewohntes Land. Das Laufen ist für Seeleute immerhin sehr beschwerlich, es geht bergauf und bergab. Jeder von uns Schiffsknechten trägt eine Last aus Nahrungsmittel und Sachen, nur ein paar Mann wurden als Wache bei der Argo zurückgelassen. Aber keiner von uns weigerte sich, als Jason befahl den Fußmarsch anzutreten. Wir sind Seeleute und nur dazu verpflichtet, Seemannsarbeit zu leisten. Am Ende aber hat mein Simon Recht und wir sind wirklich ein neugieriges Volk, das die Gefahr der Ruhe vorzieht. Wie dem auch sei, wir bilden eine stattliche Schar und jeder kann die Überlegenheit des Schiffsherrn sehen, der uns in eine unbekanntes Land führt. Bevor wir diesen Marsch antraten, hielten wir eine längere Rast. Wasser wurde in großen Kesseln erhitzt, und wir Griechen badeten nach unserer Gewohnheit ausgiebig, schnitten uns Haar und Bärte und salbten uns. Unsere Führer legten kostbare Gewänder an und führten bei den Kampfspielen den Waffentanz vor. Jason warf den Speer am weitesten und überragte auch alle beim Schwerttanz. Mein Simon nannte mir die Namen all der Helden und ich bekam eine hohe Meinung von diesen Männern, unter denen einer war, der sich Herkules nennt, und den jedes Kind in Griechenland ob seiner Taten kennen sollte; Kastor mit seinem Bruder Pollux sah ich hier auch zum ersten Male und ein zierlicher Mensch sang zur Lyra Lieder, deren Sinn wir nicht verstanden, der aber von Jason mit großem Respekt behandelt wurde.
Man macht viel Aufhebens von dieser Fahrt, und Simon meint, dass diese Reise nur unternommen wurde, um sich in verschiedene Mysterien und geheime Religionen des Ostens einweihen zu lassen. Aber das Land ist unwirtlich. Nachts ist es bitterkalt, am Tage kocht uns das Sohlenleder unter den Füßen. Nach dem Festmahl wird nur noch zweimal täglich gegessen, Brot und Zwiebeln, dazu gibt es ein Quantum Wein, der mit Quellwasser verdünnt wird. Treffen wir nicht bald auf Menschen, so werden wir zugrunde gehen. Hierzu bemerkte mein Simon: »Was bist du für eine Waschlappen, o Kleon, daß du wie ein Weib jammerst? Und siehst du nicht, dass unsere geharnischten und gepanzerten Helden kaum besser dran sind als du? Bedenke, dass dir am Ende deiner Wanderung vielleicht Speise und Trank in Überfülle von einigen hübschen Hetären gereicht wird. Vorwärts also und nicht gemault!«
Ich bedachte, dass mit jeder Rast meine Last zum Glück geringer wird und mich nach Menschen zu sehnen, wollte mir nicht in den Sinn kommen. Wir sind mit keinen guten Absichten hier, glaube ich und mein Simon sagt, die Leute hier essen bei ihren Festlichkeiten gern Menschenfleisch.