Читать книгу Korruption im Krankenhaus - effektiv vermeiden, gegensteuern und aufklären - Hendrik Schneider - Страница 15

1.1.2 Kriminalstatistik

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Die Einführung der Straftatbestände gegen Korruption im Gesundheitswesen fand im Jahr 2016 breite Beachtung. Heute besteht vielfach der Eindruck, es gäbe keine Verfahren und die angekündigten Risiken seien nicht eingetreten (Lorenz und Vogel 2020, 452 ff.). Richtig ist daran, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt (Jahreswechsel 2020/2021) lediglich eine veröffentlichte strafgerichtliche Entscheidung vorliegt (LG Hildesheim, Beschl. v. 07.02.2020 – 15 Qs 1/20), die nicht den stationären Sektor, sondern den Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln durch einen umsatzbeteiligten Arzt betrifft. Es spricht jedoch vieles dafür, dass die neuen Straftatbestände allmählich in der Praxis angekommen sind und die Anzahl der Ermittlungsverfahren ansteigt.

Aufschluss über die Daten des sogenannten Hellfelds der registrierten Kriminalität gibt das Bundeslagebild Korruption 2019, das kürzlich veröffentlicht wurde und einen deutlichen Anstieg der Ermittlungsverfahren erkennen lässt. Das Bundeslagebild beruht auf den Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundes, die ihrerseits Aufschluss über die Anzahl der polizeilich registrierten Straftaten und der ermittelten Tatverdächtigen gibt.

Aus dem Bundeslagebild Korruption ergeben sich insgesamt 5.428 Fälle von polizeilich registrierten Korruptionsstraftaten. Zwar liegt dieser Wert immer noch unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre, allerdings ist im Vergleich zu 2017 und 2018 ein Wiederanstieg zu verzeichnen. Als Grund für diesen Anstieg wird bereits im Überblick auch auf Verfahren nach §§ 299a, b StGB verwiesen.

Aus der sogenannten »Einzelbetrachtung« ergibt sich für den Bereich der Bestechlichkeit bzw. Bestechung im Gesundheitswesen ein deutlicher Anstieg. Die verzeichneten Delikte stiegen von 40 Fällen im Jahr 2018 auf 135 Fälle im Jahr 2019 auf Vorteilsnehmerseite (§ 299a StGB) bzw. von 29 Fällen im Jahr 2018 auf 146 im Jahr 2019 auf Vorteilsgeberseite (§ 299b StGB) ( Abb. 1).


Abb. 1: Entwicklung der Fallzahlen §§ 299a, b StGB (eigene grafische Darstellung nach: Bundeskriminalamt, Korruption Bundeslagebild 2019)

Zugleich wuchs die Anzahl der Delikte der besonders schweren Fälle von Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen von zwei Fällen im Jahr 2018 auf 138 Fälle im Jahr 2019. Besonders auffällig ist insoweit, dass mit dem vergleichsweise geringen Anteil der Korruption im Gesundheitswesen an der polizeilich registrierten Korruption insgesamt ein vergleichsweise hoher Anteil der besonders schweren Fälle korrespondiert ( Abb. 2).


Abb. 2: Vergleich des auf das Gesundheitswesen fallenden Anteils an Delikten (eigene grafische Darstellung nach: Bundeskriminalamt, Korruption Bundeslagebild 2019)

Zwar lassen sich laut dem Hinweis im Bundeslagebild sowohl über die Hälfte der Fälle nach §§ 299a, b StGB auf Ermittlungsverfahren in Brandenburg als auch der Anstieg der Fälle nach § 300 StGB auf Verfahren in Baden-Württemberg zurückführen. Ein Teil des Anstiegs ist somit auch auf regional begrenzte Geschehnisse und daraus entstandene Umfangsverfahren zurückzuführen. Vollständig erklärt werden kann der Anstieg mit diesen Effekten allerdings nicht.

In Bezug auf die Fallzahlen der §§ 331 ff. StGB wird in der Darstellung des Bundeslagebilds Korruption 2019 nicht zwischen Taten, die dem Gesundheitswesen zuzuordnen sind, und anderen Bereichen unterschieden. Daher kann trotz der Anwendbarkeit der Straftatbestände im Bereich der Korruption im Gesundheitswesen, z. B. auf Amtsträger und Amtsträgerinnen, wie Angehörige von Universitätskliniken, keine Entwicklungstendenz ausgemacht werden.

Einschränkend ist zu berücksichtigen, dass das Bundeslagebild Korruption (ebenso wie allgemein die Polizeiliche Kriminalstatistik – PKS) kein vollständiges Bild der ermittlungsbehördlichen Aktivitäten bei der Verfolgung von Korruptionsdelikten im Gesundheitsbereich zeichnet. So sind in den betreffenden Statistiken nicht die Anzahl der Fälle, die direkt bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht oder eigenverantwortlich durch diese aufgenommen und bearbeitet werden, berücksichtigt. In der Praxis werden die Ermittlungen bei Wirtschafts- bzw. Korruptionsstraftaten aber vielfach unmittelbar durch die zuständige Staatsanwaltschaft eingeleitet. Die tatsächlichen Zahlen des Hellfeldes sind somit vermutlich deutlich höher als die statistischen Angaben in PKS und Bundeslagebild.

Für die Vorjahre ergeben sich Anhaltspunkte in Bezug auf das Fallaufkommen aus einer »kleinen Anfrage« von Abgeordneten der FDP an die niedersächsische Landesregierung vom 13.03.2019 (medstra-News 24/2019). Wie sich aus der Antwort der Landesregierung ergibt, wurden in Niedersachsen insgesamt dreizehn Ermittlungsverfahren betreffend § 299a StGB im Jahr 2017 geführt und zwölf im Jahr 2018. Zu § 299b StGB gab es 2017 acht und 2018 zehn Ermittlungsverfahren. In beiden Jahren kam es zu keinerlei Verurteilungen aufgrund der §§ 299a und b StGB.

Im Rahmen der Anfrage wurden auch Zahlen aus anderen Bundesländern übermittelt: In Hamburg kam es demnach seit der Einführung der neuen Tatbestände zu acht Ermittlungsverfahren, in Thüringen zu drei, in Hessen zu sieben, in Berlin zu vier und im Saarland zu einem, das gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Konkrete Zahlen aus Brandenburg, Sachsen und Rheinland-Pfalz wurden nicht genannt, insgesamt sei die Anzahl der geführten Verfahren dort aber »gering« gewesen. In den Ländern Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein habe es keine Verfahren gegeben.

Korruption im Krankenhaus - effektiv vermeiden, gegensteuern und aufklären

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