Читать книгу Korruption im Krankenhaus - effektiv vermeiden, gegensteuern und aufklären - Hendrik Schneider - Страница 19

1.2 Ablauf der Strafverfahren, Beschuldigte 1.2.1 Im Krankenhaus beschäftigte Ärzte und Ärztinnen, Pflegekräfte und Mitarbeitende des Einkaufs als Beschuldigte

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Ermittlungen, die sich auf die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Ärztinnen und Industrie beziehen, beginnen häufig in den Unternehmen der pharmazeutischen sowie der Medizinprodukteindustrie (siehe z. B. den Sachverhalt im sogenannten »Ratiopharm-Skandal«, BGH, Beschl. v. 20.07.2011 – 5 StR 115/11). Da die Produkte (Pharmazeutika, Implantate) aus heilmittelwerberechtlichen Gründen nicht gegenüber den Patienten und Patientinnen beworben werden können und demnach die sogenannte »Pull-Strategie« des Marketings nur in Ausnahmefällen (z. B. bei der Unterstützung von Patientenorganisationen) sinnvoll ist, arbeitet die Industrie mit »Push-Strategien« und erzielt Absatzerfolge durch Marketing gegenüber ärztlichem Personal bzw. Apothekern und Apothekerinnen oder dem Krankenhauseinkauf. Außerdem ist die Industrie auf die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft angewiesen, weil sie durch Studien ihrer Produktbeobachtungspflicht nachkommt oder durch eine Beratung der Ärzte und Ärztinnen Produkte weiterentwickeln kann (Beratervertrag/Mitgliedschaft in Advisory Boards usw.). In diesem Kontext sind Zuwendungen der Unternehmen an ärztliches Personal, Pflegekräfte und andere Mitarbeitende des Krankenhauses, z. B. aus dem Bereich des Krankenhauseinkaufs, an der Tagesordnung.

Derartige Zuwendungen stellen Vorteile im Sinne der Tatbestände des Korruptionsstrafrechts dar. Die Grenzziehung zwischen der erlaubten Kooperation und der strafbaren Korruption ist schwierig und von vielen weiteren Aspekten abhängig, die häufig erst im Ermittlungsverfahren geklärt werden können. Soweit demnach, z. B. durch Anzeige, investigativen Journalismus oder aufgrund unklarer Sachverhalte bei einer Betriebsprüfung der Finanzverwaltung, ein Unternehmen belastet wird, Zuwendungen an Ärzte und/oder Ärztinnen auszukehren, ist es möglich, dass die vom Sachverhalt in Kenntnis gesetzte Ermittlungsbehörde einen Anfangsverdacht bejaht (Rettenmaier und Rostalski 2018, 313 ff.) und ein Verfahren einleitet (näher zu den Auslösern entsprechender Ermittlungsverfahren, Damas 2017, 128 ff.). Zuständig ist nach § 143 Abs. 1 Satz 1 GVG in Verbindung mit §§ 7, 8 StPO in der Regel die Staatsanwaltschaft am Sitz des Unternehmens. Aufgrund des Sachzusammenhangs übernimmt diese Staatsanwaltschaft sodann auch die Ermittlungen in den Krankenhäusern.

Ausgehend von den Buchhaltungs- und Vertragsunterlagen, die in den Unternehmen aufgefunden werden, gehen die Ermittelnden den Zahlungsströmen nach und identifizieren die Zuwendungsempfänger und/oder Zuwendungsempfängerinnen. Bei leichteren Fällen werden sodann die Verwaltungen der Krankenhäuser angeschrieben und um Übermittlung der vorgangsrelevanten Unterlagen gebeten. Zu diesen gehören beispielsweise Verträge mit dem betreffenden Unternehmen, Dienstherrengenehmigungen usw. Gleichzeitig wird den Adressaten und/oder Adressatinnen der Schreiben nahegelegt, Informationen nicht an die Betroffenen weiterzuleiten, da dies den Vorwurf der Strafvereitelung nach sich ziehen könne. Zwar ist dem Verfasser kein Fall bekannt, in dem tatsächlich gegen die Geschäftsführung eines Krankenhauses ein Verfahren wegen Strafvereitelung eingeleitet wurde. Dennoch ist in der ersten Phase des Verfahrens dieser Empfehlung Folge zu leisten, um einer möglichen Ausweitung der Ermittlungen gegenzusteuern. Auch sollte das Schreiben beantwortet werden. Unterbleibt dies, ist mit der Anordnung einer Durchsuchung und Beschlagnahme zu rechnen, die durch eine entsprechende Mitwirkung des Krankenhauses an der Sachverhaltsaufklärung vermieden werden kann.

Schließlich zeigt diese Vorgehensweise, dass im Rahmen des Compliance-Managements Sorgfalt auf die Einhaltung des Transparenz-, Dokumentations- und Genehmigungsprinzips zu richten ist. Sind diese drei Voraussetzungen gewahrt, werden die Ermittlungen vielfach schnell eingestellt.

Transparenzprinzip bedeutet, dass nach den krankenhausinternen Vorgaben die Kooperation der Mitarbeitenden mit Industrieunternehmen grundsätzlich der Geschäftsführung in dafür vorgesehenen Prozessen mitzuteilen ist. Dies sollte auch dann gelten, wenn die Zuwendung eine von der Tätigkeit im Krankenhaus an sich unabhängige Tätigkeit in einem Berufsverband oder einer Fachgesellschaft betrifft. Die Absicherung, dass der Kooperation keine gesetzlichen Hinderungsgründe entgegenstehen, erfolgt durch die Genehmigung der Geschäftsführung anhand vorab in internen Richtlinien definierter Kriterien. Die Zuwendung darf erst dann angenommen bzw. die Kooperation erst dann eingegangen werden, wenn dieser Prüfprozess stattgefunden hat und die Geschäftsführung den Vorgang genehmigt hat. Sofern dies alles in Schriftform bzw. digital nachweisbar erfolgt, ist dem Dokumentationsprinzip Rechnung getragen. Sämtliche Unterlagen können in diesem Fall der Ermittlungsbehörde zur Verfügung gestellt werden.

Korruption im Krankenhaus - effektiv vermeiden, gegensteuern und aufklären

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