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Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser

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Waldemar erwachte sehr spät. Er hatte viel und heftig geträumt. Der Kellner stand da. Er war von großer Jugend und sah wie ein Konfirmand aus. So feierlich in dem schwarzen Anzug, dem Vorhemdchen und dem wässerigen Scheitel. Seine Augen glitzerten, seine Hände fuhren in die Luft, seine Stimme war von Aufregung erfüllt. »Es ist Revolution! Der Kaiser hat abjedankt. Der Kronprinz ooch. Überall hängen schon die roten Fahnen heraus. Und ich habe gleich Ausjang. Es ist Revolution.«

Revolution! Von dem Wort ging eine Bezauberung aus. Waldemar stürzte den gräßlichen, bitteren Kaffee hinunter, zerkaute ein wenig muldrig schmeckendes graues Brot und war voll Eile. Und der junge Mensch lief die Siegesallee hinunter, lief dem Knacken der Maschinengewehre nach, frei von Nervosität und Furcht. Er wollte die kommenden Dinge sehen. Das Volk war auf den Platz gezogen, wo Bismarck, Moltke und der eiserne Hindenburg von der Geschichte des letzten halben Jahrhunderts erzählten. Kam die Menge hierher, diese Geschichte auszulöschen? Das Schießen wurde heftiger. Ab und zu wichen mit lautem Kreischen Frauengruppen zurück. Aber die Lücken, die sie ließen, schlossen sich rasch wieder. Unter dem Knattern von Maschinengewehren, die den Platz überstrichen, drängten sich die Menschen dem Reichstagsgebäude zu. Waldemar kam nahe genug heran, um einzelne Sätze zu hören, die ein Redner stoßweise in die Menge warf.

»Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser, hat der Kaiser gesagt, der als siegreicher Held hier nach dem furchtbaren Krieg durch das Brandenburger Tor einziehen wollte. Und Matrosen sind es gewesen, die von Hamburg aus die Befreiung, die Revolution über Deutschland trugen.« Ein neues Knattern und Krachen von Schüssen ließ die Stimme des Redners zerflattern.

1919

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