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|14|Kapilavastu – die Heimat
ОглавлениеAls Heimatort des Siddhartha Gautama, in dem er bis zu seinem 28. Lebensjahr lebte und zu dem er später als Mönch wiederholt zurückkehrte, wird in den buddhistischen Schriften der Name Kapilavastu angegeben. Allerdings werden mit diesem Namen von indischen und nepalesischen Archäologen zwei unterschiedliche Orte jeweils auf dem Gebiet ihres Landes verbunden. Aus indischer Sicht liegt die Heimat des Buddha in der Nähe des modernen Dorfes Piprahva, ca. 15 km von der nepalesischen Grenze entfernt. Aus nepalesischer Sicht – und dies erscheint aufgrund der Befunde wahrscheinlicher – ist Kapilavastu neben dem heutigen Ort Tilaukarot anzusiedeln. Beide Orte werden auch mit Kapilavastu I (Tilaukarot) und Kapilavastu II (Piprahva) bezeichnet.
Für Tilaukarot sprechen frühe buddhistische Schriften. Hierin wird nämlich darauf verwiesen, dass der Heimatort des Buddha zwischen den Flüssen Bhagirathi (heute Banganga) und Rohini (heute Rowai) liegt. Dies trifft auf den nepalesischen Ort, nicht aber auf den indischen zu. Die unterschiedlichen Sichten werden wie folgt erklärt: Der ursprüngliche Ort ist das nepalesische Kapilavastu. Dieser Ort wurde aber drei Jahre vor dem Tod des Buddha vom Kosala-König Virudakha zerstört. Die Bewohner flüchteten und erbauten |15|ca. 15 km südwestlich einen neuen Ort Kapilavastu (bei Piprahva). Dorthin wurde nach dem Tod des Buddha auch ein Teil seiner Asche gebracht. So finden sich in Kapilavastu II Ziegelsteinfundamente, die auf einen Fürstenpalast, auf buddhistische Klosteranlagen und einen Stupa hindeuten. Vielleicht war dies der Stupa mit der Asche des Buddha, um den herum sich später Mönche in Klöstern ansiedelten.
Das Osttor in Kapilavastu – durch dieses Tor schritt der Buddha, als er Asket wurde
Kapilavastu I grenzt heute nicht mehr an den Fluss Bhagirathi, dessen Flussbett sich nach Westen verlagert hat. Um den Ort ist ein 2–3 m hoher Erdwall nachweisbar, der im Osten wie im Westen von einer aus Ziegelsteinen gemauerten Toranlage durchbrochen wird. Vom Osttor nimmt man an, dass Siddhartha Gautama nach seinem Entschluss, Asket zu werden, durch dieses Tor nach Osten in die »Hauslosigkeit« geschritten ist. Der Wall umschließt ein trapezförmiges Gebiet von ca. 400 x 400 m. Die Ortschaft liegt ca. 4 m erhöht über dem alten Flussbett und der umliegenden Landschaft.
Innerhalb des Ortes ist ein Steinfundament nachweisbar, das auf ein größeres Gebäude (einen Fürsten»palast«) hinweisen kann. Die einfachen Gebäude der Bauern waren aus Holz und anderen im Tropenklima leicht vergänglichen Materialien und haben die Zeiten nicht überdauert. Aber auch die Gebäudefundamente des Fürstenhauses sind nicht größer als die eines heutigen Einfamilienhauses. Doch hob sich dieses Gebäude durch Bauweise und Größe von den anderen Gebäuden des Ortes ab. Von den in den Buddhalegenden beschriebenen Palästen kann indes keine Rede sein.
Der Ort selber ist innerhalb des Walls geprägt von zwei heute ausgetrockneten Wasserbecken, die mit Monsunregenwasser bzw. über Schöpfräder mit Wasser aus dem Fluss gefüllt wurden. Das Gebiet um Kapilavastu ist eben und sehr fruchtbar. Bei ausreichend Wasserversorgung sind hier zwei Reisernten pro Jahr möglich. Aber auch andere Getreidearten und vielerlei Gemüse wachsen hier. Die Anbaufläche dürfte für die damals geringe Bevölkerungszahl (innerhalb Kapilavastus vielleicht 150–200 Familien mit ca. 1000 Personen, dazu außerhalb verschiedene Gehöfte, Gesamteinwohnerzahl des Fürstentums der Gautamas unter 10.000 Personen) bestens ausgereicht haben. Siddhartha Gautama wuchs nicht wie in den vielen Legenden zu seinem Leben dargestellt im Luxus eines Königssohnes, wohl aber im Wohlstand einer Adelsfamilie des Mittleren Landes auf.