Читать книгу Wasser für Abu Dhabi - Hermann Mezger - Страница 7
6. Kapitel
ОглавлениеFlankiert von einer mit Kunden beschäftigten Kollegin und einem Azubi stand Karin Holm hinter der Rezeption. Es war ihr eine gewisse Anspannung anzusehen, denn sie wusste, dass der Polizeichef Ali al Das im Hause war. Was immer er auch entschied, sie wollte vorbereitet sein. Die dann in Frage kommenden Schritte hatte sie längst festgelegt. Dieser Voraussicht, dieser Fähigkeit, eine Situation zu analysieren, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, um dann blitzschnell zu handeln, verdankte sie nicht zuletzt ihre verantwortungsvolle Stellung in einem der besten Hotels der Welt.
Als sie al Das schließlich am anderen Ende der Halle auftauchen sah, ging sie ihm mit einem höflichen Lächeln entgegen.
„Die Suite ist wieder freigegeben“, eröffnete ihr der Polizeichef, ohne sich die Mühe einer Begrüßung zu machen, und Karin nickte diskret, während sie gemeinsam zur Rezeption zurückgingen.
„Sind Ihre Leute denn fündig geworden?“, hakte sie nach, kaum dass sie wieder an ihrem gewohnten Platz stand.
Der Polizeichef lächelte milde und rieb sich die Sonnenbrille an einem Hemdzipfel sauber.
„Es ist das gute Recht einer schönen Frau neugierig zu sein, aber es ist auch die verdammte Pflicht eines Polizisten zu schweigen. Bitte entschuldigen Sie mich.“
„Das verstehe ich sehr gut“, erwiderte sie freundlich. „Trotzdem: Vielen Dank!“
Ali al Das setzte sich die Sonnenbrille auf, nickte Karin geschäftlich zu und wandte sich zum Gehen. Karin sah ihm noch einige Augenblicke nach, dann veranlasste sie, dass Kartzows Suite umgehend geräumt, und alle ihm gehörenden Gegenstände in einem Abstellraum deponiert wurden.
Kurz bevor er den Ausgang erreichte, begegnete Ali al Das einem jungen Mann, dem man den Angeber schon von weitem ansehen konnte. Irgendwie kam ihm der Bursche bekannt vor, und er grübelte eine Weile, bevor es ihm einfiel, wer das war. Bill Slatter hieß der Kerl. Ein Möchtegern-Playboy, Sohn eines reichen und einflussreichen Mannes, der ihm die Leitung des Büros einer großen Ölgesellschaft in den Vereinigten Emiraten mit Sitz in Dubai zugeschanzt hatte. Da die Geschäfte durch langfristige Verträge abgesichert waren, beschränkte sich sein Aufgabenbereich auf gesellschaftliche Anlässe und Kontaktpflege. Da blieb genügend Zeit für ein Leben in Saus und Braus, und Ali al Das wusste von seinem Kollegen in Dubai, dass Bill Slatter davon regen Gebrauch machte. Geschwindigkeitsübertretungen waren bei ihm an der Tagesordnung, und hin und wieder machte er auch aus dem Mobiliar einer Bar Kleinholz. Es war bisher nur den guten Geschäftsbeziehungen zu verdanken, dass die Polizei jeweils beide Augen zudrückte.
Als Polizeichef fragte sich Ali al Das natürlich, was Slatter hier im Emirates Palace zu suchen hatte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass dieser Playboy Teilnehmer der Weltklimakonferenz war, denn das wäre ja mit Arbeit verbunden gewesen. Da war ein amouröses Abenteuer schon wahrscheinlicher. Neugierig geworden blieb Ali al Das stehen und schaute Slatter nach. Seine Meinung bestätigte sich aber nicht, denn kurz darauf begrüßte Slatter Mark Zeeze, auch so einen Glücksritter, der ständig auf der Suche nach Geldgebern war und der glaubte, hier in den Vereinigten Emiraten liege das Geld buchstäblich auf der Straße.
„Gleich und Gleich gesellt sich gern“, murmelte Ali al Das vor sich hin, schaute auf seine Armbanduhr und verließ kopfschüttelnd das Hotel.
Zeeze und Slatter setzten sich in der Lobby in ein Café und begannen eine sehr angeregte Unterhaltung.
„Sicher haben Sie schon gehört, dass Mister Kartzow das Zeitliche gesegnet hat“, begann Zeeze, „Ein bedauerlicher Umstand, der unsere Pläne aber nicht beeinträchtigen dürfte. Oder sehen Sie das anders?“
„Na ja, die Polizei rennt überall aufgeregt herum“, gab Slatter zu bedenken und fixierte die gutgewachsene Bedienung, die gekommen war, um die Bestellung aufzunehmen. „Zwei Espressi, bitte.“
„Die Aufregung legt sich wieder und kann auch eine Chance sein. Wir halten jedenfalls an unserem Ziel fest.“
„Okay“, sagte Slatter halbherzig wie einer, der genau wusste, dass er keine andere Wahl hatte.
„Sie haben sich die Sache also überlegt?“, fragte Zeeze und blickte Slatter direkt in die Augen.
„Nicht nur überlegt, ich habe auch bereits zwei Männer angeheuert.“
„Wie, machen Sie es nicht selbst?“ Überrascht, fast erschrocken zuckte Zeeze zusammen.
„Ich bin doch nicht verrückt! Meinen Sie ich gehe in den Knast, wenn etwas schiefgeht?“
„Was soll denn schiefgehen?“, Zeezes Ton wurde rauer. „Sie wissen, was auf dem Spiel steht, und ich rate Ihnen dringend, nichts dem Zufall zu überlassen.“
„Machen Sie sich mal keine Sorgen, meine Leute sind keine Amateure“, meinte Slatter und spielte den Überlegenen. Einem aufmerksamen Beobachter konnte es aber nicht entgehen, dass er nervös an seinem goldenen Halskettchen herumspielte.
„Sorgen müssen Sie sich machen, mein lieber Slatter. Wenn es nicht klappt, treiben wir gnadenlos Ihre Schulden ein. Dann ist Schluss mit lustig!“
„Was wollen Sie denn eintreiben? Der Porsche gehört genauso der Firma wie das Haus, in dem ich wohne und der Hubschrauber. Im Übrigen finde ich Ihre ständigen Drohungen schlecht für unser Betriebsklima.“
„Hier steht so viel auf dem Spiel, dass ich auf das Betriebsklima keine Rücksicht nehmen kann. Sie sind zum Erfolg verdammt. Es ist nur fair, wenn ich Ihnen vorher sage, was Sie erwartet, wenn Sie versagen sollten.“