Читать книгу Wasser für Abu Dhabi - Hermann Mezger - Страница 8
7. Kapitel
ОглавлениеAls Bramme aus seinem Verdauungsschlaf erwachte, war die Sonne bereits untergegangen und die Lichter im Flugzeug flammten auf. Er gähnte und streckte sich ausgiebig, dann schaute er zu Peter Kartzow hinüber. Dieser spielte gerade Schach gegen den Bordcomputer und hatte die Stirn in tiefe Falten gelegt.
„Wer gewinnt denn?“, fragte Bramme grinsend und beugte sich etwas hinüber, um das Spielfeld einsehen zu können.
„Der blöde Computer natürlich!“, grummelte Peter zurück, ohne aufzuschauen.
„Ist Schach Ihr Hobby?“, gierig griff Bramme nach einer Wasserflasche und gönnte sich einen ordentlichen Schluck.
„Nein“, genervt schaltete Peter das Spiel aus und streckte sich ebenfalls. „Ich spiele wie mein Bruder leidenschaftlich gern Golf. Das ist der richtige Ausgleich in unserem schreibtischlastigen Beruf.“
„Man muss aber doch nicht gleich nach Abu Dhabi fliegen, um Golf zu spielen, oder?“, erlaubte Bramme sich zu fragen, merkte aber sofort, dass er damit bei Kartzow auf kein Verständnis stieß.
„Nun, zunächst wollte mein Bruder dort auf der Weltklimakonferenz unser neues Kraftwerk vorstellen. Zudem gibt es nirgendwo auf der Welt schönere Golfplätze. Warum sollte er das Angenehme nicht mit dem Nützlichen verbinden? Allein der Golfplätze wegen hätte sich die Reise schon gelohnt.“
„Schätzen Sie Ihre Aussichten denn gut ein? Schließlich müssen die Leute von dieser neuen Technologie erst einmal überzeugt werden.“
Peter warf Bramme einen Blick zu, den man nur als amüsiert beschreiben konnte.
„Unser Konzept ist so einleuchtend und überzeugend, dass wir uns vor Aufträgen nicht retten können. Der Bedarf an Süßwasser ist unvorstellbar groß. Jeder Golfplatz braucht pro Tag eine Million Liter davon. Dazu kommen Parks, die Landwirtschaft, Schwimmbäder, Hotels und so weiter und so fort. Allein für ein Glas Orangensaft muss man 20 000 Liter Wasser aufwenden. Und jetzt bieten wir ein Kraftwerk an, das dieses Süßwasser zum Nulltarif liefert…“
„…wenn man mal von den Kosten für die Anlage absieht“, Bramme konnte sich den kleinen Seitenhieb nicht verkneifen.
„Stimmt! Für das Kraftwerk müssen die Betreiber einmal in die Tasche greifen. Dann kommen noch Kosten für die Wartung hinzu. Insgesamt amortisiert sich unser Osmose-Kraftwerk aber in einigen Monaten. Wo, frage ich Sie, gibt es auf dieser Welt noch so ein lukratives Geschäft?“
Peter Kartzow wuchs vor Begeisterung über sich hinaus, und Bramme stellte sich schon den Tresor in den Kartzow-Werken vor, der vor Geld überquoll. Er empfand dabei keinen Neid. Wer etwas leistete, sollte auch etwas davon haben. Reich zu sein war nicht immer ein Honiglecken. Die Angst, betrogen, überfallen oder entführt zu werden, überwog die Freude an dem Besitz. Was nützte es, wenn man das sauer verdiente Geld in Bodyguards und gepanzerte Limousinen investieren musste? Oft verführte Geld auch die Besitzer, dem süßen Leben zu frönen und sie begannen, sich lebensverkürzenden Lastern hinzugeben. Bramme war dies alles schon begegnet, und er konnte mit Recht behaupten, dass ihm nichts Menschliches fremd war. Sein Gegenüber war seiner Meinung nach noch bodenständig, wobei die Betonung auf noch lag.
„Abu Dhabi hat eine sehr fortschrittliche Verwaltung“, fuhr Peter Kartzow ungerührt fort. „Und es hat bereits die erste Anlage bestellt. Weitere zwei Anlagen sind im Gespräch. Wenn erst die Japaner und Chinesen davon hören, rennen sie uns die Bude ein.“
„Haben Sie denn überhaupt genügend Kapazitäten für diesen Boom?“
„Nein“, antwortete Peter gelassen. „Wir schaffen das nicht alleine und werden uns Lizenznehmer suchen müssen, die die Anlagen bauen. Die Lieferung der Membran behalten wir uns aber vor. Das Knowhow dafür lassen wir uns patentieren.“
„Mit der Membran steht und fällt alles, wenn ich das richtig verstanden habe.“
„Ja. Wir verwenden dazu Graphen, das sind hauchdünne Grafitschichten, die in einem speziellen Verfahren hergestellt werden.“
Bramme nickte zustimmend. Er hielt Kartzows bahnbrechendes Konzept für gut durchdacht und plausibel. Der Erfolg war seiner Meinung nach vorprogrammiert. Gähnend rutschte er in seinem Sitz ein wenig tiefer.
„Ich wünsche Ihnen viel Glück dabei! Hoffentlich kommt nichts Unvorher-gesehenes dazwischen.“
„Was sollte denn dazwischenkommen?“
„Die Steuerfahndung zum Beispiel.“
„Da können Sie völlig unbesorgt sein“, Peter lachte und zog den Vorhang vor dem kleinen Fenster zu, bevor er ebenfalls gemütlich die Beine von sich streckte. „Die sind auf eine plumpe anonyme Anzeige hereingefallen. Wir Kartzows sind ehrliche Kaufleute.“