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8. Kapitel
ОглавлениеHauptkommissar Petersen rutschte auf seinem Stuhl unruhig hin und her. Sie verspätete sich wohl. Das war untypisch, denn soweit er sich zurückerinnern konnte, war sie immer die Erste und Letzte im Klassenzimmer gewesen. Bereits zum zweiten Mal vertröstete er die eifrige Kellnerin, als Ellen Belau schließlich das Café betrat, sich die Sonnenbrille über die Stirn in die Haare schob, und leicht gestresst die besetzten Tische absuchte. Als sie Petersen entdeckte, hellte sich ihr Gesicht auf, sie lächelte ihm bereits von weitem zu und hob freundlich eine Hand.
„Voilà, hier bin ich! Seit dem Abi habe ich dich nicht mehr gesehen!“, rief sie ihm zur Begrüßung entgegen, und Petersen drückte sie kurz und unverbindlich an sich. „Irgendjemand hat mir mal erzählt, dass du bei der Polizei gelandet bist.“
Grinsend bot Petersen ihr den freien Stuhl gegenüber seinem eigenen an und sah schon im Augenwinkel die geschäftstüchtige Kellnerin, die sich erneut anpirschte.
„Stimmt“, gab er zurück, während er selbst Platz nahm. „Und mir hat jemand erzählt, dass du bei den Kartzow-Werken arbeitest.“
„Ach, deshalb hast du mich eingeladen?“, fragte sie kess und reicherte ihren Tonfall mit einem Hauch Vorwurf an, der jedoch nicht anklagend wirkte.
Petersen wandte sich der Kellnerin zu, um sich ein Kännchen Kaffee zu bestellen, und lud Ellen zu einem großen Eisbecher ein.
„Nun, euer Chef ist ums Leben gekommen“, begann er zaghaft, kaum dass die Bedienung wieder abgezogen war. „Da brauche ich ein paar Insider-Informationen.“
„Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich meinen Chef in die Pfanne haue!“, sie schien sich nicht entscheiden zu können, ob sie entrüstet oder belustigt sein sollte.
„Wie kommst du denn darauf?!“
„Na ja, bei einem Mord wird alles untersucht und viel schmutzige Wäsche gewaschen.“
„Wer spricht denn von Mord? Herr Kartzow ist auf dem Golfplatz tot umgefallen. Ob es Mord oder ein natürlicher Tod war, muss erst die Obduktion zeigen.“
„Sein Bruder behauptet aber, dass er umgebracht wurde. In der Fima wird gemunkelt, dass er erpresst worden sein soll.“
„Alles Vermutungen!“
„Und warum ermittelt dann die Polizei?“, fragte sie aufmüpfig.
„Jeder Tod hat einen Grund. Solange der nicht einwandfrei geklärt ist, müssen wir der Sache nachgehen. Wir suchen nach der Ursache. Rein prophylaktisch . Mit der Beantwortung einiger einfacher Fragen würdest du mir sehr helfen. Was war Paul Kartzow zum Beispiel für ein Mensch?“
Ellen biss sich auf die Unterlippe und als die Kellnerin wiederkam, um ihnen Eis und Kaffee zu servieren, kam ihr diese Unterbrechung gerade recht. Betont gelassen machte sie sich über ihren Eisbecher her und kaute so lange auf einem Stückchen Krokant herum, dass Petersens Geduldsfaden zum Zerreißen gespannt war. Seinen Kaffee rührte er nicht an.
„Er war nicht übel“, murmelte Ellen schließlich. Ganz offensichtlich war sie immer noch etwas unentschlossen, ob sie seine Fragen beantworten sollte. Doch Petersens Schweigen setzte sie unter Zugzwang. „Er war auf jeden Fall ein Arbeitstier. Und krankhaft knauserig“, sagte sie notgedrungen.
Überrascht runzelte Petersen die Stirn, und als er sicher war, dass sie nicht von sich aus weitersprechen würde, wollte er die Unterhaltung am Laufen halten, wobei er seine Worte sorgfältig abwog und auf einen Nebenkriegsschauplatz auswich.
„So? Er unterstützte doch viele Vereine, war aktiver Umweltschützer und dem Krankenhaus soll er sogar einen Rettungswagen spendiert haben.“
Den Mund voller Eis nickte Ellen, während sie weiter in ihrem Eisbecher herumstocherte.
„Naja, sagen wir so“, sie rang sich schließlich dazu durch, Petersen anzusehen. „Bei allem was er steuerlich absetzen konnte, war er großzügig.“
„Hatte er Feinde?“
Ellen lachte hämisch und grinste. „Frag mal seine Exfrau. Die muss für die Kinder wegen jedem Euro zum Anwalt. Oder unseren früheren Verkaufsleiter. Ihn hat er mir nichts dir nichts vor die Tür gesetzt.“
„Wirklich? Wie heißt denn der Mann?“, beflügelt von Ellens Bereitwilligkeit, zog Petersen einen Notizblock und sah sie erwartungsvoll an.
„Hornig. Karl Hornig.“ Sie lächelte über seinen Eifer und als er sich den Namen notierte, zeigte sie mit dem Löffel auf ihn. „Du bist wirklich durch und durch Polizist. Aber jetzt mach mal Pause. Dein Kaffee wird kalt.“