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Bio – was ist das?
ОглавлениеBio – ist in den meisten Fällen etwas nichts Logisches: Zunächst einmal muss man bei der Bewertung dieses Themas wissen, dass in der Realität Giftgrenzwerte oft quasi beliebig (!) festgesetzt werden. Schweden hat im Fisch hohe Grenzwerte für Dioxin für die Ostseefische. In der Ostsee ist der Dioxingehalt hoch. Bio-Hühner sind stärker Dioxinbelastet als Hühner aus Batterien. Aber auch diese Dosis kann man völlig vernachlässigen. Denn man kann heutzutage alles messen, auch Mikrospuren. Diese findet man immer, wenn man gründlich danach sucht.
Im Umkehrschluss meinen einige Leute, dass jede noch so kleine Menge Gift schädlich sei. Ein „Spektrum der Wissenschaft“-Sonderheft von 2017 mit dem Titel „Die geheimnisvolle Welt der Gifte“ stellt dies infrage: Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft ist es so, dass sich minimale Giftmengen positiv auswirken. Was man bspw. daran erkennen kann, dass Kinder, die mit Katz, Hund und Pferd aufwuchsen, weniger Allergien haben. Schwefelwasserstoff hat heilende Wirkung. Nimmt man zu viel zu sich, ist es giftig. So einfach ist es also nicht. Koffein ist das Fraßgift der Kaffeepflanze. Es schützt vor Darmkrebs und wirkt stimmungsaufhellend.
Unwissenschaftlich ist, dass behauptet wird, dass es „natürliche“ und „unnatürliche“ Gifte gibt: Wenn die chemische Formel identisch ist, ist es der Stoff auch: Die Herkunft ist irrelevant. Mit irgendwelchen Giften muss man die Kulturpflanzen spritzen, da die Gifte, mit denen sie sich ursprünglich gegen Insekten und Pilze geschützt haben, „herausgezüchtet“ wurden. So muss man sie wieder aufbringen (vgl. auch Ref. 117).
Urzeitvölker haben deshalb viel mehr Fleisch gegessen, denn dieses benötigt keine Fraßgifte. Die meisten Tiere haben andere Mechanismen, um sich vor dem Gefressen werden zu schützen.
Der Vorteil von Bioprodukten mag sein, dass Pflanzengifte nicht so leichtfertig eingesetzt werden, wie im konventionellen Anbau. Das hat aber den Nachteil, dass man an Stelle von „künstlichen Giften“ bspw. mit Kupfer sprüht. Das hört sich „natürlicher“ an als „böse Chemie“. Damit reichern sich aber auf Dauer die Böden mit dem Schwermetall Kupfer an. Metalle sind Elemente, die sich, im Gegensatz zu Kohlenwasserstoffen, also modernen Giften, gar nicht abbauen können. Ob diese „Idee“ wirklich so gut ist?
Momentan steht ein Magen- und Darmtherapeutikum „unter Beschuss“, das Schöllkraut als Wirkstoff enthält, ein „natürlicher“ Stoff, der im Extremfall Leberversagen hervorruft. Dies war bekannt, wurde aber nicht auf dem Beipackzettel erwähnt [43]. Es wird übrigens von der Firma Bayer hergestellt.
Im Bioladen sollte man mit Nahrungsmitteln wie Stevia, Soja oder Gojibeere Obacht geben: Klar ist deren Wirkung nicht und der Mensch hatte im Laufe der Evolution keine Zeit, sich an diese Stoffe anzupassen.
„Kamut“, ein Getreide, das man im Bioladen kaufen kann, ist übrigens ein patentierter Weizen. Da ist nichts „ursprüngliches“ dabei. Denn wenn Getreide ursprünglich wäre, könnte man es gar nicht anbauen, denn der Ertrag wäre so miserabel, dass jeder Biobauer Insolvenz anmelden müsste. Auch Bio kennt Marketing. Das bedeutet aber nicht, dass dieses Getreide irgendwie „schlecht“ wäre.