Читать книгу Deutschlands freier Fall - Hermann Rochholz - Страница 33
Argumente…
ОглавлениеEin Beispiel, wie Fakten ignoriert werden, um den persönlichen Glauben zu leben, kann am Fall „Mals“ im Vinschgau dargestellt werden. Die Situation zeigt, wie weit eine postfaktische Weltanschauung führt. Von allen Seiten werden mit allen Mitteln Konflikte provoziert. Es ist zwar Italien, aber mittlerweile ist Deutschland involviert.
Im Mals am Reschenpass gab es ein Referendum, bei dem die Bürger beschlossen, dass keine Spritzmittel mehr eingesetzt werden dürfen. Vorangegangen war, dass Biobauern ihre Ernte konventionell verkaufen mussten, da sie durch die „Abdrift“ zu viel Spritzmittel abbekam (Die Gifte werden durch Wind auf Nachbargrundstücke geweht). Mittlerweile wird der „Südtiroler Krieg“ über das Münchner Umweltinstitut ausgetragen, das mit Plakaten Front gegen konventionelle Bauern machte. Es geht so weit, dass Beteiligte sich gegenseitig mit Glyphosat Obstbäume kaputt spritzen.
Mals liegt am Reschenpass, wo relativ viel Wind bläst, weshalb dort Windkraftanlagen standen. Dies macht die Gegend spezifisch. Weiterhin wird der Pass gerne von Fahrradfahrern benutzt, die nicht begeistert sind, wenn sie durch Giftwolken fahren. Das Argument von Bauern, die sich in der Spritzreihenfolge auskennen, ist: „momentan wird gar nichts Giftiges gespritzt“. „Leider habe ich kein Chemielabor in der Hosentasche, um das festzustellen“ wäre die Antwort, um die Absurdität der Argumente dieser Seite darzustellen.
Vorweg gingen Drohungen gegen Initiatoren dieses Referendums. Nachdem das Verbot positiv beschieden worden war, wurde es als ungültig erklärt und weiter gespritzt. Auch ist es so, dass Bauern beim Spritzen mehrere Meter Abstand zur Grenze des Grundstückes einhalten müssen. In Südtirol ist jedoch der Ackergrund so teuer, dass diese Regelungen ignoriert werden.
Unabhängig davon, wie sinnvoll „Bio“ ist, ist es inakzeptabel, wenn die konventionellen Bauern den Biobauern – wie auch immer sie das machen – das Gift auf die Pflanzen kippen, das sie nicht haben möchten. Es kommt auch niemand auf die Idee, das Auto des Nachbarn mit roter Farbe einzusprühen, wenn es weiß ist. Im folgenden Jahr setzten die Biobauern ihre Pflanzen unter Plastikfolien. Ursächlich für diesen extremen Schritt war somit die Abdrift.
Biobauern behaupten, dass sie „die Armen“ sind, was mit der „Abdrift“ erklärt wird. Damit wird das Referendum begründet. Denn es ist ein erheblicher finanzieller Verlust, wenn Sachen mit Bio angebaut werden, man sie aber als solche nicht verkaufen kann.
Nun kann man „Spritzaktionen“ der Bauern bewundern. Die Apfelbäume, um die es meist geht, haben eine Höhe von etwa 2,5 m. Aber selbst bei Bauern, die bei kompletter Windstille korrekt spritzen (die meisten), erreichen die Sprühnebel eine Höhe von 7 m und mehr. Somit muss zwangsläufig ein technisches Problem vorliegen. Einige Bauern haben das sogar selbst erkannt und die obersten Düsen (etwa 10 Düsen in Reihe von unten nach oben) lahmgelegt.
Bei den Spritzgeräten erzeugt ein Gebläse einen Luftstrom, der das Spritzgut mitnimmt. Der Luftstrom, geht aber nicht nur zur Seite, sondern auch nach oben. Viele sind also falsch konstruiert. Sogar auf dem Plakat des Umweltinstituts München, das die „Sprüherei“ in Südtirol anprangert, sieht man, dass die Spritzgeräte in den Himmel sprühen und ein technisches Defizit vorliegen muss.
Die Fehlkonstruktion wurde dokumentiert. So hätte man die Konstruktion ändern und damit die Abdrift abstellen können, um den Streit zwischen konventionellen und Biobauern beizulegen. Ich versandte das Gutachten an alle Parteien. Auch der Bürgermeister von Mals und die Grünen bekamen eine Version. Die Fakten interessierten aber nicht: Es gab weder eine Rückmeldung noch eine Rückfrage. Offensichtlich landete der Bericht im Papierkorb.
Eine „Person des öffentlichen Interesses“, die den Biobauern nahe steht (und sich selbst deshalb als „intellektuell“ sieht), kontaktierte ich als Ultima Ratio telefonisch. Er erklärte, dass es sein „eigentliches Ziel wäre, die unnatürlichen Gifte abzuschaffen“.
Es existieren aber keine „unnatürlichen“ und „natürlichen“ Gifte, denn wie sie hergestellt werden, ist irrelevant. Wenn die chemische Formel identisch ist, ist es das Gift auch. Weiterhin sind noch nicht alle in der Natur vorkommenden Gifte gefunden: ich las, dass ein Gift in Pilzen gefunden wurde, das seit längerer Zeit in der Landwirtschaft verwendet wird. Vielleicht meinte er auch „natürlich hergestellte“ Gifte. Aber auch hier gilt: Weshalb sollen diese unschädlicher sein als Gifte, die aus „unnatürlichen Rohstoffen“ (Öl) hergestellt wurden? Wie man es dreht und wendet: Es wird mit Behauptungen argumentiert, die man ad hoc ad absurdum führen kann.
An diesem Vorgang erkennt man, dass es nicht um das Abstellen von Defiziten oder um Deeskalation geht. Vielmehr will man die eigene Weltanschauung bzw. das eigene, postfaktische Weltbild als „Umweltreligion“ leben. Da man die eigene Sicht der Dinge als alleingültig festgelegt hat, will man diese Anderen aufzuzwingen. Das kann aber in einer demokratischen Gesellschaft auf Dauer nicht funktionieren, da sie auf gegenseitigem Verständnis und sachlichem, faktenbezogenem, kritischem und vor Allem tolerantem Diskurs aufbaut.
Analog agieren die deutschen Grünen bei Nitratmesswerten im Wasser: Es wurden Messstellen direkt unter Bauernhöfen an einem Hang (Poing, Bayern) eingerichtet. An dieser Messstelle werden extrem hohe Nitratkonzentrationen gemessen. 20 km im Umkreis dieser Messstelle ist keine einzige andere. Es gibt übrigens europaweit keine Norm, wie diese Messstellen auszusehen haben. Weiterhin ist jedem Land zu überlassen, wie es die Messwerte statistisch auswertet.
Bestimmung der Mittelwerte
Eine Möglichkeit besteht darin, alle Messwerte zusammenzuzählen und damit den Mittelwert zu bilden. Eine andere Möglichkeit ist es, die geografische Verteilung der Messstellen einzubeziehen. Damit würde die einzelne Messstelle in Poing, die hohe Messwerte hat, ein höheres Gewicht bekommen, da in deren Umkreis von 20 km keine andere Messtelle existiert. Keine Methode ist „richtig“ oder „falsch“. Durch Wahl der Positionierung und Auswertung der Messstellen kann man aber den Mittelwert beeinflussen.
Auf Basis dieser beliebig ermittelten Zahlen werden dann europaweit identische Gesetze gemacht. Die Begründung für diesen gesellschaftsschädigenden Unsinn kann nur sein, eine möglichst hohe Belastungen messen zu wollen, um eine Rechtfertigung zu erhalten, gegen „Umweltsäue“, in diesem Fall Bauern, vorzugehen, neue Gesetze zu erlassen. Da sie sich für so gute Menschen halten, meinen sie, dass sie das Recht haben, mit offensichtlich manipulierten Statistiken argumentieren zu dürfen. Weitere Details zu manipulierten Statistiken siehe Ref. 154.
Da alles nur noch von allen Seiten auf dieser Ebene ausgetragen wird, befindet sich Deutschland und der Rest Europas im freien Fall. Man wacht erst auf, wenn alles „dem Gefühl nach“ korrekt geregelt ist. Dann ist es aber zu spät. Denn andere Staaten regeln nach den geltenden Gesetzen der Physik bzw. der Naturwissenschaften.
Alles Andere muss scheitern.