Читать книгу Meine Seele will endlich fliegen - Hermine Merkl - Страница 8
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Wo fange ich am besten zu erzählen an?
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum die Zahl der an Burnout, Depression, Posttraumatischen Belastungsstörungen und an Krebs Erkrankten in den letzten zehn Jahren weltweit so massiv angestiegen ist? – Als Betroffene wollte ich nach Antworten suchen, um besser zu verstehen, was mögliche Auslöser dafür sind. Dabei war es mir wichtig, aus den verschiedensten Perspektiven heraus auf die Ursachen für diese Diagnosen zu schauen. Zwar bin ich kein Mediziner, auch kein Psychotherapeut, aber eine Frau, die von allen vier Diagnosen plus diversen anderen chronischen Erkrankungen betroffen ist. Daher meine Motivation, aus den verschiedenen Ebenen heraus auf diese Krankheitsbilder zu sehen, um zu reflektieren und um zu verstehen, was mögliche Gründe dafür sind, dass ich mich überhaupt immer mehr in dieser Situation verloren habe. Obwohl ich mich seit mehr als zwanzig Jahren regelmäßig in ärztlicher Betreuung weiß, hatte sich meine gesundheitliche Situation nicht verbessert, sondern in den Jahren 2010 bis 2016 nach und nach immer mehr verschlechtert. Dies soll hier aber kein Vorwurf an die Schulmediziner sein, denn ich bin überzeugt, jeder der Ärzte, bei denen ich war, tat mit Sicherheit sein Bestes. Nur wirklich helfen konnten sie mir nicht.
Letztlich musste ich jedoch erkennen, dass ich selbst es war, die es versäumt hatte, meine Zeit und Energie mehr in meine Gesundheit zu investieren. Ich tat zwar als Patientin brav, was man mir sagte, und achtete darauf, mit bewusster Ernährung, regelmäßiger Bewegung und zusätzlicher Unterstützung durch Heilpraktiker, meinen Beitrag zur Genesung zu leisten. Doch heute weiß ich, dass dies entschieden zu wenig war. Ich hatte es versäumt, zu 100 % selbst die Verantwortung für den Prozess meiner Gesundung zu übernehmen. Ich habe zwar vieles getan und konnte dadurch über längere Zeit hinweg einigermaßen stabil bleiben, aber in Summe war es wiederum zu wenig, um wirklich und vor allem nachhaltig zu gesunden. Mein Fokus lag zu sehr auf meinem Beruf. Hier war ich vom Ehrgeiz angetrieben und wollte so vieles erreichen. Hätte ja auch fast geklappt, wenn nicht andere Mächte dafür gesorgt hätten, dass sie mich eines Besseren belehren. Leider bedurfte es somit erst einer Krise, um mich dahin zu bringen, endlich die Verantwortung für den Prozess meiner Gesundung selbst zu übernehmen und nach und nach zu lernen, meine Selbstheilungskräfte immer mehr zu aktivieren.
Welchen Weg ich dabei gegangen bin, möchte ich hier in meinem Buch mit Ihnen teilen.
Ein Buch, das Ihnen an manchen Stellen, an denen es mir wichtig erscheint, auch Passagen aus meinem Leben erzählt. Doch dies nur insoweit, dass Sie verstehen, warum ich in vielen Dingen gehandelt habe, wie ich gehandelt habe, um meinen Weg so und nicht anders zu gehen. Mit dem zweiten und größeren Teil des Buches möchte ich Ihnen davon berichten, wie ich nach dem Erleben der dunkelsten Nächte meines Lebens wieder beschlossen habe, mutig zu sein. Noch einmal in dieses Leben „zurückzugehen“, um mich selbst zu finden. Um heute letztlich als die Person, als die mich Gott gemeint hat, meinen Weg zu gehen. Den Weg meines wahren Selbst, den Weg meiner Seele.
Sie werden sich jetzt vielleicht fragen, was mich dazu gebracht hat, über diesen Part meines Lebens zu schreiben. – Nun, ganz einfach, weil mich eine innere Stimme immer wieder dazu aufgefordert hat. – Lange Zeit habe ich versucht, diese Stimme in mir zu ignorieren. Habe immer und immer wieder versucht sie wegzuschicken. Mit Sätzen wie „Was hast du denn der Welt schon zu sagen?“ oder „Nimm dich doch bitte nicht so wichtig!“ oder „Willst du dich der Lächerlichkeit preisgeben?“ versuchte ich mich vor dieser Aufgabe zu drücken und diese Stimme im Keim zu ersticken. Im Ergebnis blieb dies alles aber ziemlich erfolglos. Diese innere Stimme war nicht wirklich zu besänftigen oder gar zum Schweigen zu bringen.
Ganz im Gegenteil. Je bockiger ich mich anstellte, um so lauter und drängender wurde sie, weil sie nicht länger wollte, dass ich mich vor dieser Seelenaufgabe drücke. Also kehrte sie zu den unterschiedlichsten Zeiten wieder. Vermehrt dann, wenn ich es mir gerade im Sessel mit einem Buch in der Hand so richtig gemütlich machen wollte. – Kaum, dass ich zur Ruhe kam, setzte sich diese Stimme neben mich. Doch interessanterweise nicht in meinem Verstand, sondern in meinem Herzen. Und aus dieser Position heraus flüsterte sie mir immer wieder zu: „Was, wenn du deine Geschichte mit anderen teilst? – Was, wenn du mit all dem, was du in deinem Buch, mit deiner Geschichte zu sagen hast, anderen Menschen (Jung & Alt) helfen könntest, dass es ihnen besser geht? – Was, wenn der eine oder die andere Person vielleicht schon auf ein Buch dieser Art wartet? – Was, wenn du nicht so viel Angst hättest vor der Meinung anderer Menschen? – Bist du davon immer noch so abhängig? – Komm, lass es endlich zu. Wage es. Was hast du denn schon zu verlieren? – Mach es nicht so kompliziert. – Du reflektierst einfach deine eigene Situation und schilderst den Weg, den du gegangen bist. Und indem du den Leserinnen und Lesern erzählst, wie es dir ergangen ist, gibst du denen, die daran interessiert sind, mitunter ein paar wichtige Gedanken mit auf ihren Weg, so dass sie letztlich selbst schauen können, ob das, was für dich gut war, auch für sie als Betroffene oder gar als Angehörige bzw. Freunde wichtig und von Interesse sein kann. – Nicht mehr, nicht weniger. – Nutze die Zeit und schreibe dieses Buch.“ Tja, was will ich noch sagen? – Das Ergebnis sehen Sie hier. Lassen Sie es mich so formulieren:
„Es gibt Momente im Leben,
da steht die Welt für einen Augenblick still und
wenn sie sich dann weiterdreht,
ist nichts mehr wie es war.“
Verfasser unbekannt
Siebenundzwanzig Jahre lang hatte ich einen Beruf. – Einen sehr guten sogar und als Beamtin des Freistaates Bayern noch dazu einen sehr sicheren. In den letzten fünf Dienstjahren war ich Schulleiterin an einer bayerischen Realschule. Davor war ich vier Jahre als Konrektorin im Amt. Und die Jahre davor Lehrerin für die Fächer Haushalt & Ernährung und Deutsch. Bevor ich mich für den Kurswechsel in die „Schulleitung“ entschied, war ich etliche Jahre bereits als Seminarlehrerin für das Fach Haushalt & Ernährung, als Schulbuchautorin, sowie als Evaluatorin für Realschulen in Bayern tätig. Ich liebte die Arbeit mit Kindern und jungen Menschen im Alter zwischen 10 und 16/17 Jahren, auch wenn diese gerade im „interessantesten“ Alter ihres Lebens sind. Und ich liebte es, in der Ausbildung junger Lehrer/Referendare mitgestaltend tätig zu sein. Über all die Jahre hinweg ging ich mit viel Engagement, Freude zum Beruf und Liebe zu den Kindern meiner beruflichen Tätigkeit nach.
Privat versuchte ich gleichzeitig die „perfekte“ Ehefrau, Tochter und Schwiegertochter zu sein. Lange Zeit war ich davon überzeugt, dass es mir bestens gelingt, meine privaten wie beruflichen Interessen unter einen Hut zu bringen. Doch letztendlich musste ich mit der Zeit immer mehr erkennen, dass meine Realität, mein Wunschdenken und das Wunschdenken der anderen oft nicht so deckungsgleich waren mit dem, wie ich das sah. Wann letztendlich die Veränderung in mein Leben kam, weiß ich nicht ganz so genau zu sagen. Im Nachhinein lässt es sich für mich am besten mit dem Zeitraum erfassen, als ich mit der Bewerbung auf eine Konrektoren-Stelle im Jahr 2007 meine berufliche Veränderung einleitete. Ab da wurde alles ganz langsam – dafür aber stetig – irgendwie anders. Fürs Auge im Außen zwar noch nicht wirklich ersichtlich, aber irgendwie doch schon spürbar. Mit der Zeit nahmen eine zunächst noch undefinierbare Unzufriedenheit und Unausgeglichenheit immer mehr Raum in meinem Leben ein, die im Verlauf der nächsten Jahre eine Form annahmen, die leider nicht mehr mit „gut“ und „günstig“, sowohl für mich selbst als auch für meinen Mann, zu bezeichnen waren. Da ich ab Herbst 2007 mit dem Hineinwachsen und Ankommen in der neuen beruflichen Situation beschäftigt war, war mir der Blick auf ein erfülltes und gelingendes Privatleben immer mehr abhandengekommen. Viel zu sehr hatte ich meinen Fokus auf den Beruf ausgerichtet. So vollzog sich im Privatleben ein Wandel, der schleichend begann, doch von Jahr zu Jahr immer mehr an Fahrt aufnahm. Als mir die Situation dann insoweit bewusst war, dass auch ich davor die Augen nicht mehr verschließen konnte, redete ich mir zwar immer noch ein, dass sich die Wogen des Sturmes auch wieder glätten könnten. Dass alles nur vorübergehend sei. Dass es nur so lange so anstrengend und an der Substanz zehrend sei, bis ich mich beruflich an der neuen Schule wieder integriert sah und mich im neuen Aufgabengebiet wieder sicher fühlen konnte. Doch was ich gänzlich übersah, war, dass ich zu dieser Zeit bereits mit so viel Neuem konfrontiert war, was bei mir bereits einen höheren Stresslevel „aufflammen“ ließ.
Schließlich hatte ich nicht nur den Schul- und Ortswechsel von der Stamm-Schule zur neuen Schule zu bewältigen, sondern sah mich auch der Herausforderung gegenüber, wieder vertraut zu werden mit neuen Klassen, einem neuen Kollegium, sowie einem völlig neuen Aufgabengebiet. Folglich für mich kein ganz so leichter Beginn. Kaum waren diese vier Jahre des Hineinwachsens in das neue Kollegium gemeistert, erfolgte ein erneuter Standortwechsel mit meiner Berufung auf die Schulleiterstelle. Meine Freude darüber war riesengroß, war es doch genau das, worauf ich in den letzten Jahren hingearbeitet hatte. Doch zugleich hieß es erneut: neuer Standort – neue Schule – neue Klassen – neues Kollegium – neues Aufgabengebiet. Was folgte, waren also weitere Jahre der Veränderung und des Lernens. Eine Zeit, die ich im Leben nicht missen möchte. Doch ich gebe zu, dass es auch eine sehr intensive und mitunter sehr harte Zeit war, in der ich mich oft auch sehr einsam fühlte. Beruflich hatte ich erreicht, was ich erreichen wollte. Ich war da angekommen, was ich mir erwünscht hatte. Ich wollte als Schulleiterin etwas bewirken, etwas gestalten, meine Visionen leben und hatte mir dafür die beste Ausgangsposition geschaffen. Zumindest dachte ich mir dies. Doch beruflich am Zielort der Träume angekommen zu sein heißt noch lange nicht, in der Erfüllung und im wahren Leben angekommen zu sein. Mit meinem beruflichen Engagement hatte ich zwar erreicht, was meinem Ego gefiel. Ich war davon überzeugt eine wunderbare Startposition eingenommen zu haben, auf der sich nun mein weiteres Leben beruflich wie privat entfalten könnte. Doch falsch gedacht. Die Rechnung habe ich ohne die anderen Personen und Variablen gemacht. – Doch dazu später mehr.
Da es mir heute zum Glück wieder um so vieles besser geht – wenn auch noch nicht vollständig in allen Bereichen geheilt –, fühle ich mich dazu motiviert und inspiriert, Ihnen einen Einblick davon zu geben, was mich im Jahr 2016 mit knapp 55 Jahren in der sogenannten „Blüte meines Lebens“ aus meiner „Umlaufbahn“ (privat wie beruflich) geworfen hat. Doch ich möchte dabei keineswegs lamentieren oder gar mit Ihnen „meinen“ Schmerz und „meine“ Wunden aufarbeiten. Manches sei nur deshalb erwähnt, damit Sie sich ein Bild davon machen können, was mein Leben derart durcheinandergeworfen hat, dass es derart aus allen Fugen und Bahnen geriet. Ein Zustand, den man weder sich selbst, noch anderen wünscht. Doch wenn das Leben es so will, dann liegt es letztlich an uns selbst, wieder allen Mut zusammenzunehmen, einen Fuß vor den anderen zu setzen und Stück für Stück nach vorne weiterzugehen. Und dies so lange, bis sich im Leben auch wieder Alternativen zeigen. Nicht umsonst heißt es immer wieder: „Der Weg geht durch die Dunkelheit ins Licht!“
Nun, ich weiß, dass ich dieses „Schicksal“ mit vielen teile. Ich bin nicht die Einzige mit der Diagnose „Burnout, Depression und PTBS“. – Nicht die Einzige, die von ihrem Leben auf eine derart „interessante“ Art und Weise auf diesen Weg gebracht wird. Die vom Leben selbst auf diese Probe gestellt wird. Auf eine Probe, die – so kann ich das heute, vier Jahre später sagen – für jeden Einzelnen von uns trotz aller Krisen und Einschränkungen doch auch zu einer unglaublichen Lernchance wird. Vorausgesetzt wir erlauben es uns daraus zu lernen und uns dabei vor allem die sogenannte „Dunkelheit“ anzusehen. Allein in Deutschland teile ich das Los der Diagnose „Depression“ bereits mit weit über 5 Millionen Menschen. Und die Zahl der Erkrankungen ist nicht rückläufig, sondern ganz im Gegenteil stetig ansteigend. Jede vierte Person soll davon bereits betroffen sein. Was mich bei der Thematik „Depression“ besonders erschreckt, ist die unglaublich hohe Zahl, mit der bereits Kinder & Jugendliche zu Leidtragenden werden, die noch weniger als wir – der betroffene Erwachsene – verstehen, warum sie bereits in so frühen Jahren ihres Lebens in eine solche Krisensituation geworfen werden. Als Schulleiterin habe ich mitunter die Erfahrung gemacht, dass bereits Jugendliche im Alter von 13/14/15 Jahren vor diese große Herausforderung gestellt sind. – Und ihnen oder ihren Eltern nicht wirklich helfen zu können, das hat mich zum einen ohnmächtig und zum anderen aber auch richtig wütend gemacht. Sie sehen: Auch heute noch lässt mich das Schicksal dieser jungen Menschen nicht kalt. Allein schon von Berufswegen her liegt mir das Wohlergehen junger Menschen ganz besonders am Herzen.
Nach Angaben der Stiftung Deutsche Depressionshilfe erkranken jedes Jahr in Deutschland insgesamt etwa 5,3 Millionen Menschen an einer behandlungsbedürftigen Depression. Die Mehrheit der Deutschen ist im Lauf des Lebens entweder direkt aufgrund eigener Erkrankung (23 %) oder indirekt als Angehöriger eines Erkrankten (37 %) von einer Depression betroffen. Ist Depression überhaupt eine Krankheit? – Dies mit Ihnen hier zu diskutieren habe ich an dieser Stelle nicht vor. Ich folge mit diesem Buch meinem Gefühl, dass es allerhöchste Zeit wird, dass wir uns gesamtgesellschaftlich gesehen mit den Ursachen und Folgen eines mitunter so krank machenden gesellschaftlichen Systems und den tragischen Folgen dieser Diagnose „Depression“ einmal intensiver auseinandersetzen. Dass wir lernen, offen, verständnisvoll und mitfühlend über dieses „Krankheitsbild“ zu reden, ohne vor der Diagnose die Augen zu verschließen und davon zu laufen, als wäre sie ein Gespenst. Schließlich könnten Sie oder Ihr Kind, Ihr Partner, ein Familienmitglied morgen gegebenenfalls selbst Leidtragender/Leidtragende einer solchen Diagnose sein. Oder als Familienangehöriger, Partner/in, Freund/in davon in Mitleidenschaft gezogen sein.
Was mich sehr ärgerlich macht, ist, die Betroffenen ganz einfach und ganz schnell mal in die Schublade „krank, weil depressiv“ zu stecken und sie insgeheim wegen ihrer Diagnose und der daraus entstehenden Kosten im Gesundheitswesen letztendlich sogar noch zu „verurteilen“. Glauben Sie mir: Die Depression sucht sich keiner aus. Sie passiert mit uns. Und meiner Meinung nach liegen viele ihrer Ursachen in unserer Leistungsgesellschaft, in einer „überreizten“ Wettbewerbsgesellschaft, im gnadenlosen Konkurrenzdenken, das uns Menschen so sehr voneinander entfernt. – Kein Wunder, wenn eine Gesellschaft, die fast nur noch auf Leistungssteigerung, Profitdenken und Gewinnmaximierung setzt, irgendwann, weil allzu sehr „entmenschlicht“, am Zusammenbrechen ist. Doch auch diese Diskussion werde ich an dieser Stelle nicht mit Ihnen führen. Dafür muss ein anderer Rahmen her.
Was mir am Herzen liegt, sind vor allem die betroffenen Menschen, egal ob Jung oder Alt.
Daher mache ich es mir heute zur Aufgabe, mit diesem gesellschaftlichen „Tabu-Thema“ zu brechen, indem ich offen und ehrlich über meine eigene Geschichte spreche. Die Geschichte „meiner“ Depression. Heute kann ich dies tun, denn inzwischen habe ich gelernt: „Ich bin nicht diese Geschichte. Ich bin nicht diese Diagnose. Ich bin so viel mehr!“ – Doch es hat seine Zeit gedauert, bis ich wieder so denken konnte und bis ich es vermochte, aus einem anderen Fokus heraus auf die „Geschichte (m-)einer Depression“ zu schauen.
Heute danke ich dieser Depression. Heute weiß ich: Die Depression war bzw. ist meine Lehrerin. Im Grunde genommen will sie nur das Beste für mich. Sie will mich aufrütteln und mich etwas Wichtiges lehren. Das Problem war nur, dass ich dafür erst einmal wieder selbst „die Schulbank drücken“ musste, um das sogenannte „Alphabet“ dieser Art des „Nicht-mehr-in-der-Welt-sein-Wollens“ zu verstehen. Ich musste erst durch die einzelnen Stationen dieser Krise, dieser gesamten Symptomatik und Problematik gehen, um meinen „Grundwortschatz“ fürs Leben zu erweitern. Ob mir dies gelungen ist? – Urteilen Sie selbst. Die Motivation meines Handelns ist, Sie anhand meines Beispiels vertraut zu machen mit den einzelnen Stufen dieses Phänomens der Depression. Auf die mir mitgegebenen Diagnosen Burnout und Posttraumatische Belastungsstörung (= PTBS) werde ich nicht ganz so intensiv eingehen wie auf die Depression. Dennoch erscheint es mir wichtig, sie nicht ganz auszublenden, denn für mich sind sie beide wesentliche Bestandteile, Begleitfaktoren der Depression. Das „Schwergewicht Burnout, Depression und PTBS“ kommt meist nicht allein in unser Leben. Oft hat es noch unzählig viele andere Symptom-Anteile mit im Gepäck. Welche das bei mir im Einzelnen waren, die mich letztlich „dienstunfähig“ werden ließen, davon erzähle ich Ihnen später mehr. Doch soviel sei schon einmal gesagt: Sie sind alle ein unverzichtbarer Teil meiner Geschichte, verweisen inhaltlich noch auf so viel mehr. Sie sind ihrerseits eine eigene Entdeckungsreise wert. Was ich für mich inzwischen begriffen habe, lässt sich mit diesen Worten wiedergeben:
„Ich muss etwas selbst erleben,
um es weitergeben zu können.“
Clemens Kuby
Lassen Sie mich dieses Zitat von Herrn Kuby dahingehend noch ergänzen: „Ich muss etwas selbst erleben, um es begreifen und weitergeben zu können.“ – „Ich muss u. U. etwas durchlitten haben, um es besser verstehen und nachvollziehen zu können.“ – Will damit sagen: Ja, ich muss selbst erst durch das „Tal der Dunkelheit“ gewandert sein, muss selbst dort meinen Schatten begegnet sein, muss selbst dort geweint und getrauert haben, um letztlich andere Betroffene in Gänze um so vieles besser zu verstehen. Und wenn es mir irgendwie möglich sein sollte, das Schicksal vieler von dieser Thematik betroffenen Kinder & Jugendlichen oder auch Ihr Schicksal mit meinen Ausführungen in diesem Buch auch nur ein wenig zu wenden, so bin ich dankbar und froh für diesen Impuls, der mir sagte: „Schreib dieses Buch!“ Denn wer könnte besser nachvollziehen und verstehen, wie Ihnen unter Umständen gerade geschieht, als eine Betroffene, die selbst vor die Aufgabe gestellt war, sich ihrer gänzlichen Lebenssituation – beruflich wie privat – voll und ganz NEU bewusst zu werden. Und der es zum Glück gelungen ist, sich aus der Dunkelheit ihres Lebens wieder in ein lichtvolleres Dasein hinzubewegen.
Menschen zu begleiten war bereits als Lehrerin und Schulleiterin der Motor meines Handelns. Und da es mir eine Herzensangelegenheit ist, von der Depression Betroffene – so gut ich es vermag – wieder in ein selbstverantwortlich mitgestaltetes Leben zu begleiten, deshalb gibt es dieses Buch, das zum einen in den mir dafür wichtigen Teilbereichen meine eigene Situation beschreibt, das Sie zum anderen aber auch auf eine Reise ganz anderer Art mitnehmen will. Auf eine Reise, die sich nicht in Kilometern bemessen lässt, sondern auf eine Reise, auf der nach und nach immer mehr an Verstehen tieferer Zusammenhänge, Erkenntnis und Heilung geschieht. – Auf eine Reise in ein friedvolleres, sinnerfüllteres und glücklicheres Leben. Es geht mir dabei nicht darum, Sie mit meiner Geschichte mehr oder weniger gut zu „unterhalten“. Es geht mir darum, …
Ihnen anhand einiger Beispiele aus meiner persönlichen Situation aufzuzeigen, wie höchst intelligent unser Körper mit unserem Geist und unserer Seele kommuniziert.
Sie darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, die Zusammenhänge und diese Sprache unseres Systems „Körper-Geist-Seele“ immer besser zu verstehen.
Sie daran zu erinnern und zu sensibilisieren, was für ein einzigartiges „Wunderwerk der Schöpfung“ wir sind.
im Nachdenken über die Ursachen von Erkrankung tradierte Standpunkte zu verlassen, vermehrt Neues zu wagen und den Blickwinkel auf die Diagnose zu verändern.
einmal auf ungewohnte Art und Weise über die Ursache einer Erkrankung nachzudenken und dabei den eigenen Horizont zu erweitern.
neugierig zu sein und „neue“ Sichtweisen zuzulassen.
unter Umständen auch so etwas wie Reformen im Verständnis und Umgang mit bestimmten Tabu-Themen anzustoßen.
…
Wer mir dabei wichtig ist und am Herzen liegt, ist allein der Mensch. Wohlergehen, Gesundheit, Heilung, Glück, das wünsche ich für Sie! – Das wünsche ich für mich, denn auch ich bin nach wie vor auf dem Weg. Was ich dabei nicht vermag, ist, ein wissenschaftliches Buch zu schreiben. Dazu fühle ich mich nicht imstande. Dafür fehlt mir die Qualifikation. – Ich folge einzig und allein meiner Intuition.