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Sechstes Hauptstück

1.

Inhalt.

Von den Perlen vor den Schweinen, von dem falschen Propheten, von dem Hause, welches auf einem Felsen gebaut war.

„Gebet49 das Heilige nicht den Hunden, und werfet euere Perlen nicht den Schweinen vor,“ u. s. w. Nichts ist kostbarer und heiliger, als die Gebote und die Verheissungen Gottes, welche uns, wenn wir geheiliget sind, den Schatz der Unsterblichkeit verleihen. Die Geheimnisse und den Gehalt derselben dürfen wir also weder unter den Heiden ausbreiten, noch mit den Häretikern theilen. Denn Hunde wurden die Heiden wegen der Wuth genannt, mit welcher sie gegen Gott bellen. Den Namen Schweine aber haben die Häretiker, weil sie, obwohl ihre Klauen in zwei Theile gespalten sind, doch die erhaltene Erkenntniß Gottes nicht durch Wiederkäuen vertheilen. Wir dürfen also nicht die Körperannahme des Wortes Gottes, das Geheimniß des Leidens, und die Kraft der Auferstehung verworren behandeln; wir dürfen sie nicht ohne Kenntniß und Sorgfalt vortragen, damit sie nicht unsere Unwissenheit, wenn die Unterweisung sich nicht auf vollkommene Wissenschaft gründet, hinwerfen und zertreten, und in Gott die Schwäche des Leidens verlachen; und damit sie nicht, sich gegen uns wendend, durch die Stacheln der Einwürfe unsere Unkunde und unsern Glauben zerreissen.

2.

In Hinsicht auf das aber, was wir nicht wissen werden, wird uns der Weg zur Erlangung der Wahrheit eröffnet; und die Gelangung zu derselben beruht nur auf anhaltendem Gebete. Damit wir also Alles einsehen und glauben, und nicht in der Ungewißheit einer zweifelhaften Gesinnung schwanken, müssen wir bitten, müssen wir suchen, müssen wir anklopfen; durch das Bitten werden wir Barmherzigkeit, durch das Suchen Vervollkommnung, und durch das Versuchen Zutritt finden. Ja wir werden sogar zur Hoffnung der Erlangung durch das Beispiel des menschlichen Gefühles ermuntert. Denn da schon wir den Kindern, wenn sie um einen Fisch oder um ein Brod bitten, nicht eine Schlange oder einen Stein geben werden; um wie viel mehr wird uns, wenn wir bitten, der beßte und vortrefflichste Vater, Gott, die Gaben des vollkommenen Glaubens gewähren? Er wird uns wohl nicht anstatt der Speise des Lebens einen Stein von heidnischer Härte, oder anstatt der Erhaltung der Taufe eine Schlange mit Ketzergift darbieten. Hierauf vollendete er Alles, Alle durch den Frieden der gegenseitigen Liebe verbindend, durch die Aufstellung des Vorbildes der Güte, indem er die Gebote des Gesetzes und der Propheten darein setzte, daß, wenn wir die Güte Aller gegen uns wünschen, wir selbst gegen alle gütig seyn sollen.

3.

„Gehet durch die enge Pforte ein. Wie breit und geräumig ist der Weg, der zum Verderben führt!“ Steil ist der Weg des Menschen in den Himmel, und eng und schmal ist der Eingang in denselben; aber breit ist der Weg zum Verderben. Diesen wandeln Mehrere, jenen finden nur Wenige. Denn Wenigen ist der Verlurst der gegenwärtigen Dinge lieb; Wenigen, welche die Hoffnung auf den Himmel am meisten dadurch zu gewinnen glauben, daß sie die Begierden der Seele überwinden, und die des Körpers brechen, und welche an den Lockungen mit der ganzen Macht der Welt sich darstellenden Reize vorübergehen. Diejenigen aber, welche es für ihr einziges Gut ansehen, Unzucht zu treiben, zu schmausen, nach Ansehen zu trachten, sich zu erheben, stolz zu seyn, zu hassen und an sich zu raffen, haben sehr zahlreiche Begleiter an denjenigen, welche auf demselben Wege einhergehen.

4.

Und weil es Sache Weniger wäre, den engen Weg zu finden, setzt er den Betrug derjenigen, welche fälschlich vorgäben, ihn zu suchen, auseinander, indem er spricht: „Hütet euch vor den falschen Propheten, welche in Schafskleidern zu euch kommen,“ u. s. w. Schmeichelnde Worte und scheinbare Sanftmuth, ermahnt er, müsse man aus der Frucht des Wirkens beurtheilen, so daß wir nicht darauf sehen, wie sich Jemand in Worten darstelle, sondern wozu er sich in der That mache; denn bei Vielen wird unter der Schafskleidung die Wuth eines Wolfes verborgen. Wie also die Dornen keine Trauben, und die Disteln keine Feigen hervorbringen, und wie schlechte Bäume teine guten Flüchte tragen, so, lehrt er, finde sich auch bei diesen keine Wirkung eines guten Werkes, und darum müsse man alle aus den Früchten erkennen. Denn das Wortgepränge allein erhält das Himmelreich nicht; und nicht der, welcher sagt: „Herr! Herr!“ wird Erbe desselben seyn. Denn was liegt für ein Verdienst darin, zu dem Herrn zu sagen: Herr! Herr! Wird er denn etwa nicht der Herr seyn, wenn er von uns nicht so genannt wird? Und was für ein heiliges Werk ist die Aussprechung des Namens, da ja den Weg zum Himmelreiche vielmehr die Vollziehung des Willens, nicht die Nennung Gottes finden wird?


6.

„Viele50 werden an jenem Tage zu mir sagen: Herr! Herr! Haben wir denn nicht in deinem Namen geweissaget?“ u. s. w. Auch hier verwirft er den Betrug der falschen Propheten und die Verstellungen der Heuchler, welche aus der Bedeutung des Wortes, und in der Weissagung der Lehre, in der Vertreibung der bösen Geister, und dergleichen Wunderwerken für sich Ehre suchen, und darum sich das Himmelreich versprechen; als wenn etwas von dem ihnen eigen wäre, was sie sagen oder thun, und nicht Alles die angerufene Macht Gottes vollbrächte, da doch die Kenntniß der Lehre durch das Lesen herbeigeführt, und die Flucht der bösen Geister durch den Namen Christi bewirkt wird. Durch unser eigenes Verdienst müssen wir uns also jene ewige Seligkeit erwerben, und aus eigener Kraft müssen wir etwas leisten, so daß wir das Gute wollen, alles Böse vermeiden, und mit ganzem Herzen den himmlischen Vorschriften gehorchen, und daß wir durch solche Werke Gott bekannt sind, und vielmehr das thun, was er will, als uns mit dem rühmen, was er vermag; denn er verschmäht und weiset zurück diejenigen, welche sich durch böse Werke von seiner Erkenntniß abgewendet haben.

6.

„Ein Jeder nun, welcher meine Worte hört, und sie vollbringt, wird von mir dem weisen Manne gleich geachtet werden, welcher sein Haus auf einen Felsen baute,“ u. s. w. Der Sinn steht mit dem Obigen in Verbindung. Denn indem er die Prahlerei der falschen Propheten, und die Verstellungen der Heuchler tadelt, führt er als ein Beispiel zur Vergleichung einen Mann auf, welcher vollkommen an ihn glaubt, weil der, welcher seine Worte nicht nur höre, sondern auch vollbringe, auf einen Felsen gebaut sey, und auf einem dauerhaften und festen Grunde stehe, und weil dieser durch den Andrang der auf ihn losstürmenden Gewitter nicht erschüttert werden könne, indem der Herr unter dem Felsen sich selbst versteht als den starken Grundstein des hohen Gebäudes. Wenn aber der, welcher aus sich selbst zu einem hohen Gebäude erwachsen ist, weder durch Regengüsse, noch durch Ströme oder durch den Wind erschüttert werden kann; so versteht er unter dem Regen die Lockungen der schmeichelnden und allmählig eindringenden Lüste, von welchen zuerst der Glaube durch die offenen Ritzen benetzt wird; nach diesen stürzen die strömenden Gewässer, das ist, die aufgeregten größern Begierden, heran, und endlich bricht das Toben der ringsumher stürmenden Winde mit ganzer Macht los, das heißt, es stürmt die ganze Macht des Teufels heran. Der Mensch aber, welcher auf den Felsengrund gebaut ist, wird fest stehen, und sich nicht von seiner Stelle bewegen lassen. Der Thor hingegen, welcher diese Worte hört und nicht vollbringt, steht, als wenn er sein Gebäude auf Sand gestellt hätte, unzuverläßig da, in Gefahr, durch den eindringenden Regen unterspült, von den Fluthen fortgetrieben, durch die Winde hin und her geworfen, und der Natur des Sandes gemäß, auf welchen er gebaut ist, durch den gewaltigen Fall bei seinem Sturze zertrümmert zu werden.

7.

Und so hatte nun der Herr bei der Anführung obiger Gleichnisse dieses im Auge, daß wir das thun sollten, was er befohlen, und das glauben sollten, was er verheißen hat. Nachdem er nun alles geendet hatte, bewunderten die Schaaren seine Lehre, weil er sie nicht nach Art der Schriftgelehrten und Pharisäer gelehrt hatte. Denn sie bemaßen nach der Kraft der Worte die mächtigen Wirkungen.

Kommentar zum Evangelium des Matthäus

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