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(a) Verringerung sächlicher Betriebsmittel

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Unter Entzug/Stilllegung sächlicher Betriebsmittel fällt zuvorderst die (ersatzlose) Stilllegung oder Veräußerung von Betriebsanlagen. Ob die Abschaffung einer Schicht „bis auf weiteres“ eine Einschränkung im hiesigen Sinne darstellt, ist strittig.46 Kurzarbeit fällt wegen des vorübergehenden Charakters nicht unter Ziff. 1.47 Bei Outsourcing ist zu unterscheiden: Die Fremdvergabe von Hilfsfunktionen wie Reinigung oder Kantinenbetrieb in einem Betrieb, der einen anderen Betriebszweck hat, führt nach h.M. nicht zu einer Einschränkung im Sinne der Ziff. 1,48 sondern ggf. zur Bejahung von Ziff. 4 oder des allgemeinen Betriebsänderungsbegriffs nach Satz 1. Betrifft die Fremdvergabe aber Vor- oder Teilprodukte bezogen auf den Betriebszweck, so ist dies hier zu werten.49 Der Entzug von Betriebsmitteln kann auch dadurch erfolgen, dass ein Teilbetriebsübergang erfolgt.50 Maßnahmen, die die Auslastung der Betriebsanlagen verringern, gehören nach hiesiger Auffassung auch zu den möglichen Varianten einer Betriebseinschränkung, wobei diese dann natürlich nicht nur vorübergehend sein dürfen.51

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Welche Dimension der nicht nur vorübergehende Entzug von sächlichen Betriebsmitteln haben muss, um als Betriebsänderung im Sinne einer Betriebseinschränkung zu gelten, bleibt in Rechtsprechung und Literatur bisher größtenteils unentschieden. Früher wurde teils noch fehlerhaft vertreten, dass die Voraussetzungen des Satz 1 auch bei den Katalogtatbeständen zusätzlich zu prüfen sind. Diese Auffassung wird, soweit ersichtlich, nicht mehr ernsthaft aufrechterhalten. Es wird aber vertreten, dass die Anforderung der möglichen „wesentlichen Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft“ des Satz 1 als „Interpretationshilfe“52 bzw. Interpretationsmaßstab53 herangezogen werden kann. Fitting fordert im Kontext der Betriebseinschränkung durch Entzug sächlicher Mittel gar das Hinzutreten der Entlassung von Arbeitnehmern, ohne dies genauer zu beschreiben.54 Das ist systematisch gesehen nicht nachvollziehbar und falsch. Selbst wenn man dies bejahen würde, müsste eine etwa geforderte Quote des Personalabbaus bei der Variante der Betriebseinschränkung durch Entzug sächlicher Mittel denklogisch niedriger anzusetzen sein als bei „reinem“ Personalabbau, nachdem dem dort die „Betriebseinschränkung durch reinen Personalabbau“55 gegenübergestellt wird. Auch das Arbeitsgericht Hamburg begeht den systematischen Fehler, zunächst richtigerweise die beiden Varianten anzuerkennen, dann aber die Betriebsänderung wegen Entzug sächlicher Betriebsmittel deswegen abzulehnen, weil nicht genügend Arbeitnehmer betroffen seien.56

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Die Notwendigkeit einer gewissen Erheblichkeit ist jedoch im Ergebnis zu bejahen. Zuzugeben ist Oetker,57 dass es der Systematik des § 111 BetrVG widersprechen würde, wenn jede geringfügige Leistungseinschränkung bereits zur Bejahung einer interessenausgleichs- und sozialplanpflichtigen Betriebsänderung führen würde. Um die unwiderlegbare Vermutung der möglichen wesentlichen Nachteile für zumindest erhebliche Teile der Belegschaft auszulösen, wird man eine gewisse Erheblichkeit fordern müssen. In der Praxis wird man die Erheblichkeit regelmäßig über die Auswirkung auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer begründen, wobei hier nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden dürfen wie bei der Betriebseinschränkung durch reinen Personalabbau, da es sonst die hier diskutierte Variante gar nicht bräuchte.

Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten

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