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2.3.4Nachträgliche Korrekturen der Haushaltssatzung

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Die Planung ist grundsätzlich dazu gedacht, für die Planungsperiode stabil zu sein. Andererseits ist die Planung sowohl auf Satzungs- wie auch auf Haushaltsplanebene ein in die Zukunft gerichtetes Werk, welches Absichten und Erwartungen prognostiziert und damit viele Unwägbarkeiten enthält. Jede zukunftsorientierte Planung beinhaltet einerseits die Unwägbarkeiten der Prognose und wird anderseits von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Auf viele Entwicklungen hat die Kommune oftmals auch gar keinen Einfluss. Sollten sich die Sozialhilfeleistungen aufgrund unerwarteter Fallzahlentwicklungen erhöhen, die Steuern kurzfristig zurückgehen oder sich der für eine Maßnahme erforderliche Grunderwerb aufgrund von Verhandlungsproblemen verteuern, können Anpassungen notwendig werden. Diese sind kein Beweis mangelnder Planungskompetenz der Kommune, sondern haben vielfach durchaus sachliche Hintergründe.

Der Kommune steht es grundsätzlich frei, eine Nachtragshaushaltssatzung jederzeit zu erlassen, wenn sie dieses für notwendig oder angebracht hält. So kann sie je nach Ermessen beliebig oft und zu jedem Zeitpunkt die Anpassung der Haushaltssatzung an die veränderte Finanzsituation veranlassen. In der Praxis werden die Nachträge durchnummeriert, z. B. 1. Nachtragshaushaltssatzung 2021 und 2. Nachtragshaushaltssatzung 2021. Mehrere Nachträge sind nicht ausgeschlossen, in der Praxis gleichwohl selten. Jede weitere Nachtragshaushaltssatzung ändert die unmittelbar vorhergehende.

Eine Anpassung durch eine Nachtragshaushaltssatzung ist andererseits zwingend notwendig, wenn z. B. die Paragrafen der Haushaltssatzung geändert werden sollen.

§ 115 I NKomVG regelt zur Nachtragshaushaltssatzung:

(1)1Die Haushaltssatzung kann nur durch Nachtragshaushaltssatzung geändert werden, die spätestens bis zum Ablauf des Haushaltsjahres zu beschließen ist. 2Für die Nachtragshaushaltssatzung gelten die Vorschriften für die Haushaltssatzung entsprechend.

Die Haushaltssatzung kann also nicht einfach durch einen Aktenvermerk geändert werden. Es ist vielmehr ein offizielles Rechtsetzungsverfahren, d. h. der Erlass einer Nachtragshaushaltssatzung erforderlich. Dieses unterliegt den gleichen Verfahrensvorschriften und Genehmigungsvorbehalten wie die erstmalige Festlegung der Haushaltssatzung, so dass das Aufstellungsverfahren in der Regel zeit- und arbeitsintensiv ist. Im Vergleich zu der Ursprungssatzung ist der reine Zeitbedarf für die Nachtragshaushaltssatzung in der Praxis gleichwohl deutlich geringer, da die Beratungen innerhalb der mittelanmeldenden Stellen sowie in den politischen Gremien wesentlich kürzer ausfallen. Üblicherweise wird ein Nachtrag in die zweite Jahreshälfte gelegt, um Veränderungen der finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie z. B. die Entwicklung der Steuererträge und der Schlüsselzuweisungen, abwarten und noch berücksichtigen zu können. Der Beschluss über die Nachtragshaushaltssatzung muss bis zum 31.12. des Haushaltsjahres erfolgen, wobei die Genehmigung der genehmigungsbedürftigen Teile, die Verkündung der Nachtragshaushaltssatzung und die Auslegung des Nachtragshaushaltsplans später erfolgen können. Für die formale Gestaltung und textliche Fassung ist das verbindliche Muster 2 einschlägig.

Auch die Erhöhung der zweckfreien Ansätze, d. h. der Verfügungsmittel oder der Deckungsreserve (§ 13 KomHKVO), die Änderung des Stellenplans (§ 113 II 2 NKomVG, § 1 I Nr. 4 KomHKVO) als Bestandteil des Haushaltsplans oder auch die Änderung bzw. die Aufnahme neuer Haushaltsvermerke als erweiternde oder einschränkende Bestimmungen zu Ansätzen des Haushaltsplans, erfordern eine Nachtragshaushaltssatzung.

Auch bei Vorliegen gewisser Sachverhalte ist eine Nachtragshaushaltssatzung unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Verzögern, zu erlassen.

§ 115 II Nr. 1 NKomVG regelt die erste Alternative für eine Nachtragshaushaltssatzungspflicht:

(2)Die Kommunen haben unverzüglich eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen, wenn

1.sich zeigt, dass trotz Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit ein erheblicher Fehlbetrag entstehen wird und der Haushaltsausgleich nur durch eine Änderung der Haushaltssatzung erreicht werden kann, oder …

Das Tatbestandsmerkmal »trotz Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit« bedeutet, dass die Kommune ihre Haushaltswirtschaft nach § 110 II NKomVG bereits sparsam und wirtschaftlich geführt hat. Sie hat in der Planausführung bereits alle Möglichkeiten bedacht und ausgeschöpft, um die Aufwendungen weiter zu reduzieren. Anderseits hat die Kommune auch alle Möglichkeiten zusätzlicher Ertragsbeschaffungen ausgenutzt. Über die Formulierung des weiteren Tatbestandsmerkmals »Fehlbetrag entstehen wird« ist eine zukunftsgerichtete Sicht zu betrachten, d. h. das Augenmerk ist bereits auf den Jahresabschluss zu richten. In gedanklicher Betrachtung des später vorzunehmenden Jahresabschlusses zeigt sich sodann, dass trotz aller Sparbemühungen ein »Fehlbetrag« entstehen wird. Nach der Haushaltsausgleichsregel gemäß § 110 IV 1 und 2 NKomVG und in Anwendung der Absätze fünf und acht des § 110 NKomVG entsteht ein Fehlbetrag, wenn die ordentlichen Erträge im Jahresabschluss hinter den ordentlichen Aufwendungen bzw. die außerordentlichen Erträge hinter den außerordentlichen Aufwendungen zurückbleiben. Insofern bezieht sich ein Fehlbetrag unter Beachtung der Ergebnisspaltung für den ordentlichen und außerordentlichen Bereich immer auf den Ergebnisbereich. Ein Mehrbedarf bei den Aufwendungen kann folglich weder durch Einsparungen bei anderen Aufwendungen noch durch zusätzliche Erträge gedeckt werden. Dieses Tatbestandsmerkmal kann demnach nicht durch Finanzvorfälle berührt sein, bei welchen es sich um investive Auszahlungen handelt, denn diese sind neben den Abschreibungen nicht weiter ergebniswirksam.

Erst nach Prüfung und Bejahung des Tatbestandsmerkmals »Fehlbetrag« ist im zweiten Schritt dessen Erheblichkeit zu prüfen. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist von der Höhe her nicht durch das Gesetz geregelt. Er ist vielmehr individuell auszulegen. So kann sich die Erheblichkeit einerseits nach der Größe der Kommune bzw. nach ihrem Haushaltsvolumen und ihrer Finanzkraft richten und muss nach dem Gesamtbild der finanziellen Verhältnisse in jedem Einzelfall entschieden werden. Eine diesbezügliche Wertgrenze kann andererseits auch in § 6 der örtlichen Haushaltssatzung oder durch einen Richtlinienbeschluss der Vertretung festgelegt werden.

Als weiteres Tatbestandsmerkmal ist zu prüfen, ob »der Haushaltsausgleich nur durch eine Änderung der Haushaltssatzung erreicht werden kann«. Da die Aufwendungsseite nicht weiter gesenkt werden kann (alle Sparmöglichkeiten wurden bereits ausgenutzt), kommt in der Regel nur noch die Erhöhung der Ertragsseite in Betracht. Da andererseits auch alle Möglichkeiten zusätzlicher Ertragsbeschaffungen ausgenutzt wurden, führt insbesondere nur die Änderung des § 5 der Haushaltssatzung (z. B. durch Erhöhung der Hebesätze) direkt zu mehr Erträgen. Die Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer können nach § 25 III GrStG und § 16 III 3 GewStG gleichwohl nur bis zum 30.06. eines Haushaltsjahres erhöht werden. Ist der Zeitraum verstrichen und kann der Haushaltsausgleich auch mit dieser Maßnahme nicht erreicht werden, ist das Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt. Damit tritt die Rechtsfolge nicht ein und die Kommune hat keine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen.

§ 115 II Nr. 2 NKomVG regelt die zweite Alternative für eine Nachtragshaushaltssatzungspflicht:

(2)Die Kommunen haben unverzüglich eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen, wenn

2.bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang entstehen oder geleistet werden müssen.

Als erstes Tatbestandsmerkmal ist die Entscheidung zu treffen, ob »bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen« benötigt werden. Nicht veranschlagte Finanzvorfälle liegen vor, wenn Aufwendungen entstehen oder Auszahlungen geleistet werden müssen, für deren Zweck im Haushalt keine Ermächtigungen veranschlagt und keine aus Vorjahren übertragenen Ermächtigungen (z. B. Haushaltsreste) verfügbar sind. Alternativ können lediglich »zusätzliche« Aufwendungen entstehen oder »zusätzliche« Auszahlungen zu leisten sein, d. h. es liegen Ermächtigungen im Haushaltsplan und übertragene Ermächtigungen aus Vorjahren vor, die jedoch jeweils nicht ausreichen.

Der weitere Bezug dieser Aufwendungen oder Auszahlungen »bei einzelnen Haushaltspositionen« ist jedoch unpassend formuliert. Haushaltspositionen sind die in dem Haushaltsplan nach §§ 2 und 3 KomHKVO ausgewiesenen »Überschriften« der veranschlagten Erträge, Einzahlungen, Aufwendungen und Auszahlungen. Diese für die Vertretung oder die Bürger im Haushaltsplan sichtbare Bezeichnung stellt eine Bündelung der dahinterstehenden Planungsgrößen nach sachlichen Gesichtspunkten dar. So werden z. B. Konten (4011 Dienstaufwendungen Beamte, 4021 Beiträge zu Versorgungskassen Beamte, 4031 Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung etc.) mit gleicher Kontengruppe (40 Personalaufwendungen) gebündelt und als Haushaltsposition »Personalaufwendungen« im Haushaltsplan dargestellt. Auf Ebene dieser Konten – und nicht auf der Ebene der Haushaltspositionen – werden auch die Haushaltsansätze der Aufwendungen und Auszahlungen geplant, so dass sich die bisher nicht veranschlagten oder zusätzlichen Aufwendungen oder Auszahlungen im ersten Schritt auf das einzelne Konto beziehen. Unter weiterer Berücksichtigung des Produktes, für welches die Aufwendung entsteht bzw. die Auszahlung geleistet wird, bezieht sich das Tatbestandsmerkmal damit auf bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen der einzelnen Buchungsstelle. Dieser Begriff ist im Gesetz zwar nicht definiert, setzt sich i.d.R. aber aus einer Kombination aus Produkt und (Sach-)konto zusammen (Produktnummer.Kontonummer). Eine Buchungsstelle kann daher auch Produkt-Konto genannt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Ermächtigung für die laufende Verwaltungstätigkeit aus der Buchungsstelle der Aufwendung kommt und die Buchungsstelle der Auszahlung nicht genannt werden muss. Auch eine Zuordnung zu der entsprechenden Haushaltsposition ist entbehrlich.

Als zweites Tatbestandsmerkmal ist auch hier eine Erheblichkeitsschwelle als Barriere für das zeitaufwendige Nachtragshaushaltssatzungsverfahren eingezogen. So ist die Entscheidung zu treffen, ob die Abweichungen »in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang« vorliegen. Die Wertgrenze für die Erheblichkeit von bisher nicht veranschlagten oder zusätzlichen Aufwendungen oder Auszahlungen im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen kann gleichermaßen durch § 6 der örtlichen Haushaltssatzung geregelt werden. Üblich sind Vomhundertsätze, die ein Verhältnis – etwa zum Gesamtvolumen der Aufwendungen im Ergebnishaushalt oder der Auszahlungen im Finanzhaushalt – zum Ausdruck bringen. Da Auszahlungen der laufenden Verwaltungstätigkeit bereits durch die damit verbundenen Aufwendungen ermächtigt werden, ist die laufende Verwaltungstätigkeit ausschließlich an der Wertgrenze des Ergebnishaushaltes zu messen. Ggf. ist das Tatbestandsmerkmal unter Berücksichtigung der finanziellen Gesamtzusammenhänge der Kommune individuell auszulegen. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob der Abweichungsbetrag so hoch ist, dass er sich aus der Masse des Gesamtvolumens heraushebt und damit die Relation der Finanzmittel untereinander erheblich verändert wird. Sind die Tatbestandsmerkmale erfüllt, tritt die Rechtsfolge ein und die Kommune hat unverzüglich eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen.

Auch wenn die beiden Alternativen des § 115 II NKomVG mit einem »oder« verbunden sind, sind stets beide Vorschriften zu prüfen; schließlich können beide Alternativen (Nr. 1 sowie Nr. 2) für sich allein zur Nachtragshaushaltssatzungspflicht führen. Zu der Nachtragshaushaltssatzungspflicht ist eine Ausnahmemöglichkeit formuliert, die immer, aber andererseits auch nur, zu prüfen ist, wenn § 115 II Nr. 2 NKomVG im Grundsatz zu einer Nachtragshaushaltssatzungspflicht führt. Sollte die Nachtragshaushaltssatzungspflicht zu klären sein, ist damit zunächst § 115 II Nr. 1 NKomVG und anschließend Nr. 2 NKomVG zu prüfen, bevor bei einer grundsätzlichen Nachtragshaushaltssatzungspflicht nach § 115 II Nr. 2 NKomVG auf die Ausnahmeregelung des § 115 III NKomVG einzugehen ist.

Die Ausnahmemöglichkeit des § 115 III NKomVG zur Nachtragshaushaltssatzungspflicht lautet:

(3)Absatz 2 Nr. 2 ist nicht anzuwenden auf

1.die Umschuldung von Krediten,

2.höhere Personalaufwendungen und Personalauszahlungen, die auf Grund gesetzlicher oder tarifrechtlicher Vorschriften zwingend erforderlich sind, und

3.Aufwendungen und Auszahlungen für Instandsetzungen und Ersatzbeschaffungen, die zeitlich und sachlich unabweisbar sind.

Bei Vorliegen der genannten Ausnahmen aus § 115 III NKomVG ist die Nachtragshaushaltssatzungspflicht nach § 115 II Nr. 2 NKomVG nicht anzuwenden und auf den Erlass einer sonst vorgeschriebenen Nachtragshaushaltssatzung kann aus Gründen der Praktikabilität verzichtet werden.

Da die Rückzahlung eines Kredits durch die Aufnahme eines neuen Kredits immer vor dem Hintergrund erfolgen wird, einen Kredit zu günstigeren Konditionen zu erlangen, bedarf die Umschuldung von Krediten (§ 115 III Nr. 1 NKomVG) keiner Nachtragshaushaltssatzung. Aufgrund der jeweils nur kurzfristig zur Verfügung stehenden Kreditangeboten wäre es kontraproduktiv, eine Nachtragshaushaltssatzung beschließen zu müssen, die aufgrund der Verfahrensvorschriften längere Zeit in Anspruch nimmt.

Höhere Personalaufwendungen und Personalauszahlungen, die auf Grund gesetzlicher oder tarifrechtlicher Vorschriften zwingend erforderlich sind (§ 115 III Nr. 2 NKomVG), erfordern ebenfalls keine Nachtragshaushaltssatzung. Auch hier steht die Zeitdauer des Erlasses einer Nachtragshaushaltssatzung der schnellen Abwicklung höherer Personalaufwendungen und –auszahlungen entgegen, so dass diese über- bzw. außerplanmäßig abgewickelt werden können.

Für alle zeitlich und sachlich unabweisbaren Aufwendungen und Auszahlungen für Instandsetzungen und für Ersatzbeschaffungen (§ 115 III Nr. 3 NKomVG) ist ebenfalls keine Nachtragshaushaltssatzung erforderlich. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Unabweisbarkeit kann wie folgt allgemein ausgelegt werden: Bei der zeitlichen Unabweisbarkeit kann der Vorgang nicht zurückgestellt werden bis zum Erlass einer Nachtragshaushaltssatzung bzw. bis zum Erlass der nächstjährigen Haushaltssatzung, bzw. die Zurückstellung wäre wirtschaftlich unzweckmäßig i.S.d. § 110 II NKomVG. Bei der sachlichen Unabweisbarkeit besteht ein Rechtsanspruch auf Zahlung z. B. aus Vertrag, Verwaltungsakt oder Rechtsnorm, bzw. der Vorgang ist aus sonstigen Gründen sachlich zwingend notwendig. Die Auslegungen sind mit einzelfallbezogenen Prüfungen der Unabweisbarkeit jeweils zu vertiefen. Das hat zur Folge, dass zeitlich und sachlich unabweisbare Aufwendungen und Auszahlungen für Instandsetzungen und für Ersatzbeschaffungen keine Pflicht zur Aufstellung einer Nachtragshaushaltssatzung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 NKomVG auslösen, obwohl sie bisher nicht veranschlagt waren oder zusätzlich anfallen und in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang entstehen bzw. geleistet werden müssen. Unabhängig vom Umfang der benötigten Mehraufwendung bzw. -auszahlung ist bei Instandsetzungen und Ersatzbeschaffungen im Interesse einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung und pfleglicher Behandlung des Vermögens schnelles Handeln durch Bewilligung einer über- oder außerplanmäßigen Aufwendung bzw. Auszahlung notwendig. Weitere Ausführungen folgen in einem späteren Kapitel.

Beispiel:

Überprüfung der Nachtragshaushaltssatzungspflicht

Sachverhalt:

Bei einer Routineüberprüfung des Sicherheitsingenieurs wurde eine erhebliche Beschädigung der Rathausfassade festgestellt. Die nicht veranschlagten Reparaturkosten werden auf 120.000 Euro geschätzt.

Es ist zu klären, ob für die dringend notwendige Instandhaltungsmaßnahme eine Nachtragshaushaltssatzung zu beschließen ist.

Lösung:

Ein in § 115 II Nr. 1 NKomVG genannter »Fehlbetrag« könnte nach § 110 IV 1, 2, V und VIII NKomVG entstehen, da die Reparatur ordentliche Aufwendungen auslöst und damit die ordentlichen Aufwendungen höher sein könnten als die ordentlichen Erträge. Es zeichnet sich gleichwohl nicht ab, dass dieser Fehlbetrag erheblich sein wird, da im Sachverhalt keine entsprechenden Angaben zum Verhältnis der ordentlichen bzw. außerordentlichen Erträge und ordentlichen bzw. außerordentlichen Aufwendungen des Ergebnishaushalts gemacht wurden.

Daher kommt § 115 II Nr. 2 NKomVG als Rechtsgrundlage zum Tragen.

Von dem Tatbestandsmerkmal »bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen« liegt laut Angabe im Sachverhalt die Alternative »bisher nicht veranschlagte Aufwendungen« vor. Dabei wird die Reparatur Aufwendungen auf der Buchungsstelle 1111.4211 auslösen.

Das Tatbestandsmerkmal »in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang« ist zu klären. Hier handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff und es ist fraglich, ob die Aufwendung (d. h. die Reparatur) i. H. v. 120.000 Euro als erheblich anzusehen ist. Die Beurteilung ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse individuell vorzunehmen und kann sich nach der Größe der Kommune und deren Haushaltsvolumen richten. Unabhängig vom Gesamtvolumen des Ergebnishaushaltes wird der Betrag von 120.000 Euro hier zu Übungszwecken als erheblich angesehen.

Daraus resultiert die Rechtsfolge, dass unverzüglich eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen ist.

Da sich eine Nachtragshaushaltssatzungspflicht nach § 115 II Nr. 2 NKomVG ergibt, ist als Ausnahme nun § 115 III NKomVG zu prüfen. Hier kommt § 115 III Nr. 3 NKomVG in Betracht.

Bei der Reparatur liegt eine Gebäudeinstandsetzung und damit das Tatbestandsmerkmal »Aufwendungen und Auszahlungen für Instandsetzungen« eindeutig vor.

Das Tatbestandsmerkmal »zeitlich unabweisbar« ist zunächst allgemein (siehe obige Auslegung) und sodann auf den Einzelfall bezogen auszulegen. Es kann bejaht werden, da die Reparatur als Instandsetzungsmaßnahme eilbedürftig ist. Dieses auch, um z. B. eine Schadenausweitung zu vermeiden.

Das Tatbestandsmerkmal »sachlich unabweisbar« ist ebenfalls zunächst allgemein (siehe obige Auslegung) und sodann einzelfallbezogen auszulegen. Auch dieses kann bejaht werden. Die Reparatur ist aus sonstigen Gründen sachlich zwingend notwendig, um die Bausubstanz zu erhalten und weiteren Schaden zu vermeiden. Der Dienstbetrieb muss aufrechterhalten werden, um den ordnungsgemäßen Gang der Verwaltungseinrichtungen zu gewährleisten. Den Mitarbeitern kann zudem nicht zugemutet werden, in einem instandsetzungsbedürftigen Rathaus zu arbeiten.

Damit ist als Ergebnis festzuhalten, dass § 115 III Nr. 3 NKomVG zutrifft. Das hat zur Folge, dass § 115 II Nr. 2 NKomVG keine Anwendung findet und keine Nachtragshaushaltssatzungspflicht besteht.

Für die Instandhaltungsmaßnahme sind vielmehr außerplanmäßige Aufwendungen und verbundene Auszahlungen der laufenden Verwaltungstätigkeit nach § 117 I NKomVG bereitzustellen.

Das Rangverhältnis zwischen der Nachtragshaushaltssatzung und dem Nachtragshaushaltsplan ist das Gleiche wie zwischen der Haushaltssatzung und dem Haushaltsplan.

§ 115 I 2 NKomVG regelt zur Nachtragshaushaltssatzung:

(1)2Für die Nachtragshaushaltssatzung gelten die Vorschriften für die Haushaltssatzung entsprechend.

Entsprechend setzt die Nachtragshaushaltssatzung auch den Nachtragshaushaltsplan fest, der wiederum die Festsetzungen des Haushaltsplans unterjährig ergänzt, berichtigt oder ändert. Dabei schreibt der Nachtragshaushaltsplan den ursprünglichen Haushaltsplan fort, so dass er weiterhin die Grundlage der Haushaltswirtschaft darstellt.

§ 8 I KomHKVO formuliert den Inhalt des Nachtragshaushaltsplans:

(1)1Der Nachtragshaushaltsplan enthält alle erheblichen Änderungen der Ansätze für Erträge, Aufwendungen, Einzahlungen und Auszahlungen, die im Zeitpunkt seiner Aufstellung übersehbar sind, sowie die damit in Zusammenhang stehenden wesentlichen Änderungen der Ziele und Kennzahlen. 2Bereits geleistete oder angeordnete über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen brauchen nicht veranschlagt zu werden.

Der Nachtragshaushaltsplan bringt den Ursprungsplan in allen Bereichen auf den neuesten Stand der Haushaltswirtschaft und macht die notwendigen erheblichen Änderungen des Haushaltsplans erkennbar sowie nachvollziehbar. Ein verbindliches Muster für die Gestaltung des Nachtragshaushaltsplans ist nicht vorgeschrieben. Ein umfassendes Bild der für die Haushaltswirtschaft maßgeblichen Haushaltsansätze lässt sich bei der Darstellung lediglich der geänderten Ansätze im Nachtragshaushaltsplan gleichwohl nur durch gleichzeitige Betrachtung des Haushalts sowie des Nachtrags gewinnen.

Auf einen Blick: Nachtragshaushaltssatzung und -plan

Die (ursprüngliche) Haushaltssatzung kann nach § 115 NKomVG ausschließlich durch eine Nachtragshaushaltssatzung geändert werden. Bei gewissen Konstellationen des § 115 II Nr. 1 NKomVG oder des § 115 II Nr. 2 NKomVG ist unverzüglich eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen. Bei der Prüfung zum Erlass einer Nachtragshaushaltssatzung nach § 115 II NKomVG sind insofern immer die Voraussetzungen der Nr. 1 als auch die Voraussetzungen der Nr. 2 zu bearbeiten. Die Nachtragshaushaltssatzung setzt zugleich die erforderlichen Änderungen des (ursprünglichen) Haushaltsplans durch einen Nachtragshaushaltsplan nach § 8 KomHKVO fest. Für beide gelten die gleichen rechtlichen (Verfahrens-) Regelungen wie für die Ursprungssatzung bzw. den Ursprungsplan. Der Nachtragshaushaltsplan enthält gleichwohl lediglich die gegenüber den Ursprungsansätzen vorgenommenen erheblichen Veränderungen. Alle anderen Haushaltsansätze sowie die damit zusammenhängenden Ziele und Kennzahlen, die keiner wesentlichen Veränderung unterliegen, müssen nicht dargestellt werden.

Der Kommunale Haushalt in Aufstellung, Ausführung und Abschluss

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