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Wirtschaftsziel »Wachstum der Nettorealeinkommen der abhängig
Beschäftigten« statt Wachstum des Bruttosozialprodukts?
ОглавлениеFast 90% aller Erwerbstätigen in der BRD sind Arbeitnehmer.43 Am Volkseinkommen sind sie mit rund 73% beteiligt.44 Der Gedanke liegt deshalb nahe, anstelle des Sozialprodukts die Einkommen dieser Arbeitnehmer zum Maßstab für Erfolg oder Misserfolg einer Wirtschaftspolitik zu machen. Und, wenn man Wohlstandseffekte messen will, die Nettorealeinkommen.
Einwand: Dieser Maßstab lässt die Arbeitslosen außer Betracht. Eine Gesellschaft, die einer »Arbeiterelite« hohe Einkommen bietet und große Teile der Arbeitsfähigen auf die Straße setzt, erscheint dann besser als eine Gesellschaft mit Vollbeschäftigung und eventuell geringfügig niedrigeren Löhnen.
Um diesen Fehler zu vermeiden, müsste man das durchschnittliche Nettorealeinkommen aller Arbeitenden und arbeitssuchenden Arbeitslosen zum Maßstab machen. Sozialleistungen für letztere Gruppen müssten dabei unberücksichtigt bleiben.
Wenn das Wirtschaftsziel nicht mehr Wirtschaftswachstum, sondern Steigerung der Einkommen, und zwar der Nettorealeinkommen der abhängig Beschäftigten, würde, dann wäre auch jede einzelne wirtschaftspolitische Maßnahme an diesem Maßstab zu messen.
Wäre man in den letzten 30 Jahren in der Bundesrepublik nach diesem Maßstab verfahren, so hätte man das Abnehmen des »Wohlstandswachstums« schon in den 70er Jahren konstatieren müssen. Man hätte auch bemerkt, dass alle getroffenen »Wirtschaftsförderungsaufwendungen« nur eines bewirkten: Sie begleiteten das ehemals erfreuliche »Wohlstandswachstum« (der durchschnittlichen Nettorealeinkommen) auf dem Weg in Nullwachstum – bis es sich in den 90er Jahren dann in negatives »Wachstum« verwandelte. Am deutlichsten würde dieses Versagen, wenn man die 4–4,5 Millionen Arbeitslosen mit ihrem Arbeitsverdienst »o« in diesen Durchschnittsverdienst mit einrechnete. Denn dann ergäbe der so errechnete »durchschnittliche Nettorealverdienst«, der schon nach der klassischen Berechnung seit Jahren leicht sinkt, noch um 10–12% niedrigere Werte.45 So berechnet hätte er im Jahre 2000 statt beim Dreifachen des Wertes von 1950 nur beim 2,6-fachen gelegen (wie die grüne Linie in Grafik C auf dem Lesezeichen und die Sternchenlinie unten auf S. 32 zeigen. Das entspräche einem Rückgang etwa auf das Niveau von 1969/70.