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Die sumerische Art des Brauens
ОглавлениеAufgrund des Funds einer Tontafel mit Keilschriftzeichen von etwa 1800 v. Chr. haben wir eine Vorstellung davon, wie die Sumerer Bier herstellten. Archäologen haben die Schrift als Ode entschlüsselt, der sie den Titel „Hymne an Ninkasi“ gaben. Im sumerischen Jenseits war Ninkasi die Hauptgöttin. Ihr Name bedeutet "diejenige, die die Münder der Götter (mit Bier) füllt“. Ninkasi war für die Fruchtbarkeit, die Erotik, das Getreide und damit auch für das Bier verantwortlich, weshalb einer der angesehensten Berufe im blühenden sumerischen Gesellschaftsgefüge der Brauer war – oder besser gesagt, die Brauerin, denn die meisten sumerischen Bierhersteller waren Frauen. Nicht nur war Brauen bei den Sumerern primär Frauensache, sondern auch das Führen von Kneipen.
Diese mesopotamische Tontafel von etwa 3100 bis 3000 v. Chr. ist heute im Britischen Museum in London zu sehen. Die Keilschriftzeichen wurden auf nassem Ton mit einem Stift aus Schilf eingeritzt, bevor die Tafel in der Sonne getrocknet wurde. Experten interpretieren die Zeichen als eine Auflistung täglicher Gerstenbierrationen für Tempelarbeiter.
Die Hymne an Ninkasi leitet uns Schritt für Schritt durch die Herstellung mesopotamischer Biere. Die Sumerer verwendeten praktisch alle ihnen verfügbaren Getreidesorten – wahrscheinlich vornehmlich Gerste und Dinkel, aber auch dessen genetische Vorläufer, Emmer und Einkorn. Mit diesen Cerealien buken sie Bappir, eine Art von ungegangenem, hartem Zwieback, den man gut lagern konnte, ohne dass er verschimmelte. Nach unserem besten Verständnis stellten die Sumerer ihre Biere aus einem Gemisch aus eingeweichtem Bappir-Brot und luftgetrocknetem und damit hellem Grünmalz verschiedener Getreidesorten her. Enzyme waren den Sumerern natürlich unbekannt, jedoch verstehen wir heute, dass die aktiven Malzenzyme in diesen Mischmaischen sowohl die Getreide- als auch die Bappir-Stärken in vergärbare Zucker umwandelten – genauso wie selbst heute noch moderne Großbrauereien in vielen Ländern die Stärken von Malzersatz-Produkten wie Reis- und Maisflocken mit Hilfe von Enzymen sechszeiliger Gersten abbauen.
Manchmal veredelten die Sumerer ihre Maischen auch geschmacklich mit Trauben, Datteln und Honig, also mit Zutaten, welche bestimmt lebhafte Kolonien von S. cerevisiae beherbergten. Die Sumerer kochen ihre Maischen offenbar nicht und läuterten sie auch nicht ab. Stattdessen wurden die kompletten Maischen in großen Töpfen vergoren. Am Ende der Gärung zogen die Sumerer einfach die nun alkoholische Flüssigkeit aus der Maische über einen Spund am Boden des Gärbehälters in Amphoren ab. Dabei blieben das ausgelaugte Malz und die Bappir-Überreste als Treber zurück. Das fertige Bier, welches bestimmt trübe und kaum rezent war, tranken die Sumerer dann mit langen Strohhalmen direkt aus den Amphoren.
Es gibt praktisch keine Zutaten oder Verfahrensweisen, die bei dieser sumerischen Bierherstellung als Farbquellen hätten dienen können, mit Ausnahme vielleicht der zugegebenen Früchte oder einer kleinen Portion schwarzer Gerste, von der bekannt ist, dass sie in der Antike im Fruchtbaren Halbmond (wie auch am Ufer des Nils in Ägypten) angebaut wurde. Schwarze Gerste konnte jedoch in den Brauhäusern der Menschheit nicht Fuß fassen – nicht wegen Darwins Theorie der natürlichen Selektion, sondern wegen der praktischen Auswahl der Brauer. Schwarze Gerste ist nackt, das heißt, sie ist spelzenlos. Daher stammt auch ihr wissenschaftlicher Name, Hordeum vulgare nudum. Eine Maische aus spelzenlosem Getreide hat jedoch den Riesennachteil, dass man sie kaum effizient abläutern kann. Aus allen uns überlieferten sumerischen Quellen können wir daher schließen, dass die meisten antiken Biere im Fruchtbaren Halbmond mit großer Wahrscheinlichkeit helle Biere waren. Diese waren auch ungehopft, denn die Entdeckung des Hopfens als Bierzutat war eine Errungenschaft der mittelalterlichen Klosterbrauer in Mitteleuropa. Weiterhin ist es nicht sicher, welchen Alkoholgehalt sumerische Biere hatten, aber es gab bestimmt eine große Streuung dieser Variable, je nachdem bei welchen Temperaturen die Maischen zufällig angestellt und damit die entsprechenden stärke-konvertierenden Enzyme aktiviert wurden.
Dieses Modell einer altägyptischen Bäckerei-Brauerei kurz nach 2000 v. Chr. wurde im Grab von Meketre, einem hohen Beamten im alten Ägypten gefunden.