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Johannes Tarnow (Johann Tarnovius)
Оглавлениеwar von 1651 bis 1666 erster Pastor in Grevesmühlen. Johannes Tarnow stammte aus Rostock, war der Sohn des Theologieprofessors Johannes Tarnow sen. und der Enkel des Grevesmühlener Pastors Hermann Tarnow. Johannes Tarnow jun. wurde ohne Ablegung des Eides 1635 Pastor. Er wurde am 31. August 1641 zum Substitut des Grevesmühlener ersten Pastors Joachim Boldebuck berufen und wurde nach dessen Tod hier 1644 zweiter Pastor. Nach Johann Müllers Tod rückte Johannes Tarnow zum ersten Pastor auf. Tarnow war mit Anna Boldebuck, der Tochter seines Amtsvorvorgängers verheiratet. Sein 1650 in Grevesmühlen geborener Sohn Johann war von 1677 bis 1698 zweiter Pastor in seiner Vaterstadt. Seine Tochter Anna Margarete Tarnow war die Frau des Kalkhorster Pastors Johann Gercke (Gericke), der sie in zweiter Ehe geheiratet hatte.
Während der Amtszeit von Johannes Tarnow brach der Dreißigjährige Krieg mit all seinen katastrophalen Folgen über Grevesmühlen und damit über Tarnows Gemeinde herein. Ein zeitgenössischer Chronist berichtet, dass die ständig wechselnden Besatzungen hier „nach eigenem Willen gefressen und gesoffen, gelebt und gezehrt, die Stadt ausgemergelt, dass all das Korn draufgegangen, …die Stadt mehrenteils verwüstet und über 30 Wohnungen in Asche geleget und verbrandt.“ Wiederholt musste die Stadt Kontributionen an die hier einquartierten und durchziehenden Truppen zahlen. Stadtvogt Femer wurde so grausam gefoltert und misshandelt, bis er das Versteck für den „kleinen Betrag an Steuergeldern“ preisgab. Der „Zustand der Stadt“ sei „kläglich und erbärmlich“ gewesen. Nur noch wenige Bürger lebten in ihren Mauern. Am Ende des Dreißigjährigen Krieges hatte Grevesmühlen nur noch 453 Einwohner.
Ein weiteres Unheil betraf Grevesmühlen während der Amtszeit Johannes Tarnows:
Am 15. Juni 1659 wurde der größte Teil der Stadt Grevesmühlen durch einen Großbrand vernichtet. Davon war auch unsere Kirche betroffen, deren Turm seine schöne hohe Spitze und die alten Bronzeglocken verlor. Bei diesem Großfeuer, so berichtet es der Grevesmühlener Bürgermeister in einem Schreiben vom 4. September 1676, in dem um die Nachfolge des jüngeren Tarnow gebeten wird, ist Tarnow, „da er auf der Kanzel stehend gepredigt, kaum sein Leben rettend davongekommen und hat außer der Priestermütze auf dem Haupte und der Bibel unter dem Arme nichts mehr aus dem Feuer gerettet.“ Ein demselben Zweck dienendes Schreiben des damaligen Amtshauptmanns vom 2. August 1676 bezeichnet Tarnow als „wegen seines unsträflichen Lebens und Wandels und gleicher Amtstreue noch berühmt“.
Willgeroth übernimmt die strittige Geschichte, die Albrecht über Johannes Tarnow aufgezeichnet hat: „Kurz vor seinem Ende wurde er dann noch, als er in die Kirche gegangen war, um ein Gebet zu verrichten, dort von kaiserlichen Soldaten überfallen, die ihn mit seinem Halstuch am Altar aufhängten. Glücklicherweise kam wenige Minuten später ein Unteroffizier, der mit seinem Säbel das Halstuch durchschnitt.“ Irrig sind in diesem Zusammenhang die Annahme Cleemanns, dass Tarnow bei diesem Überfall ums Leben gekommen sei, aber auch das von Albrecht ermittelte Todesjahr (1664). Tarnows Witwe, die in einem Brief für sich und ihre kleinen Kinder um ein Gnadenjahr bittet, erwähnt darin diesen Überfall in der Kirche mit keinem Wort. Sie schreibt 1666 über den Tod ihres Mannes: „Er starb, ob er gleich morgens frühe dennoch eine Predigt zu halten willens gewesen, schleunigen Todes, indem er von dem lieben Gott mit seinem belegten Kreutze, nemblich dem Schlage, wieder heimgesuchet worden,… welcher tödlich eintritt nach außgestandener Unpässlichkeit, allein aus der Ursache hergerühret, dass er noch zweyfelsfrei nach unvergessener Einäscherung unseres Städtleins und darauf noch selbigen Jahres erfolgter kayserlicher Plünderung, darin wir alle umb unsere zeitliche Wohlfahrt gekommen und bisher zu kümmerlich leben müssen, sich als eine Melacholia (oder als ein Melacholicus) solches große Leid und schwerlich zu verwindenden Schaden gar sehr zu Haupte gezogen und dadurch, auch weil ihm vornehmlich Gelegenheit zu studieren und sein Amt gebührender maßen zu verwalten, gemangelt, nachdem wir lange Zeit unsere Kinder und Vieh bei uns in der Stube einesteils haben und er dabei sein Haupt mit Studieren abmatten müssen, endlich in Epilepsiam gefallen und sich mit solchem beschwerlichen Gebrechen bis an sein Grab hat plagen müssen…“ Der Brief der Witwe belegt, dass Johannes Tarnow zweifelsfrei 1666 verstorben ist.