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Joachim Friedrich Heyden
ОглавлениеJoachim Friedrich Heyden war von Ostern 1823 bis zum 18. Mai 1845 erster Pastor in Grevesmühlen. Heyden wurde am 10. Mai 1766 in Rechlin getauft. Sein Vater war der dortige Pastor Johann Adam Heyden, seine Mutter eine geborene Behrens.
Joachim Friedrich Heyden wurde am 26. Februar 1804 zum zweiten Pastor von Grevesmühlen gewählt, trat sein Amt aber erst am 24. Juni 1804 an.
Am 15. Juni 1804 heiratete er Marie Sophie Kremer, die am 3. Mai 1764 in Groß Nieköhr im Kirchspiel Boddin geboren und am 6. Mai 1764 getauft wurde. Sie war die Tochter des Müllers Daniel Kremer, des späteren Eigentümers auf Dölitz bei Gnoien.
Marie Sophie Heyden starb am 11. September 1821 im 58. Lebensjahr.
Pastor Heyden wurde 1821 zum Präpositus gewählt, erster Pastor wurde er erst Ostern 1823, weil das „Gnadenjahr“ der Witwe Bandelin wegen ihrer „unglücklichen Lage“ verlängert worden war. Der zwar am 12. Sonntag nach Trinitatis, dem 25. März 1823, gewählte zweite Pastor Schliemann sollte deshalb erst zu Ostern ins Pfarrhaus einziehen.
In Heydens Amtszeit wurde das Satteldach auf unserem Kirchturm mit Wetterfahnen an der Ost- und der Westspitze durch das jetzt noch vorhandene niedrige Spitzdach ersetzt. In die darauf errichtete Wetterfahne unmittelbar über der Turmspitze wurde eine so genannte „Zwiebel“ mit einer Zinkblechhülle eingebaut. Bei einer Reparatur dieser „Zwiebel“ im Jahre 1926 wurden in einer kleineren darüber angebrachten Kugel zwei Bleikapseln gefunden. Die eine enthielt einen Staatskalender vom 1823, die andere zwei durch eingesickertes Regenwasser braun gewordene, beschädigte und zum Teil unlesbare Pergamentblätter mit einem Bericht über die seinerzeit aktuelle Situation in Grevesmühlen und die damaligen Zeitverhältnisse.
Der Verfasser, Präpositus Friedrich Joachim Heyden, schrieb:
„Ihr theuren Nachkommen, einst, wenn längst unsere Gebeine im Grabe ruhen und keine Spur unseres sichtbaren Lebens mehr vorhanden ist, doch wisset, wie es jetzt in dieser Stadt- und Landgemeinde zusteht und noch in Liebe unserer gedenket, dazu diese Nachrichten.
Viele harte und schwere Leiden trafen uns in den letzten furchtbaren Kriegsjahren, in welchen auch unser Land von Heeren aller Nationen überschwemmt wurde! Diese Prüfungen sind jetzt überstanden; jetzt leben wir in Ruh und Frieden unter unserem geliebten Großherzoge Friederich Franz. Doch Sorge und Noth sind drückender und fühlbarer als je, das Land ist verschuldet, schwere Abgaben müssen entrichtet werden, nur nothgedrungen mussten wir uns zu einer kostspieligen Reparatur unserer Kirche und des Thurmes entschließen, die 1822 begann und erst 1824 geendigt werden und 4 – 5000 Reichsthaler betragen dürfte. Diese Kosten trägt die Stadt- und die Landgemeinde je zur Hälfte; das Holz ist gegen Erlegung des Hau- und Sägelohns vom Großherzoge als Patron der Kirche geschenkt worden.
Im Jahre 1822 wurde das Mauerwerk der Kirche nach außen, 1823 aber das Dach über dem Altar und dem Schuster-Chor, in der Kirche das große Chor (sic!) vor der Orgel neu gemacht. In diesem Jahr (1823) wurde nicht nur das Mauerwerk des Thurmes ausgebessert, sondern auch das Dach desselben mit Knopf, Fahne und Stern, im gleichen die Taufe in der Kirche durchaus renoviert.
Im künftigen Jahre 1824 werden wir, will’s Gott, das Innere der Kirche mit einem neuen Fußboden versehen, um die Kirche so zweckmäßig und zierlich als möglich einzurichten. Auf den Bau einer neuen Thurmspitze, deren Kosten auf etwa 5000 Thaler veranschlagt worden sind, hat man, um die Gemeinde nicht noch stärker mit Ausgaben zu belasten, als ohnehin schon geschehen muss, vorläufig Verzicht zu leisten müssen geglaubt. Doch hat man in dem letztvergangenen Jahre die schadhaft gewordene Helmstange des Thurms durch eine neue ersetzt, so wie auch der Kopf, der Stern und die Wetterfahne an dieser Stange gründlich restauriert worden sind.
Die Namen der Handwerker, die diesen Bau bisher beschafften, sind folgende: Zimmermeister Schmidt, dessen Gesellen heißen Gädt jun., Voß aus Mölln und der Lehrbursche Friedrich Beust, Maurermeister Holst und Christian Haase, dessen Gesellen Ahrens, Baumann, Mensch aus Kiel, Gädert, Reuß sen. und der Lehrbursche Schmidt.
Die Direktion über die Bauten und Arbeiten an der Kirche hatte Kirchen-Oeconomus Senator Carl Gottfried Möring.
Die Prediger und Lehrer an der hiesigen Kirche und Schule sind jetzt
Präpositus Heyden, seit 1804, das Haus am Kirchhofe bewohnend (erbauet 1812).
Pastor F. Schliemann seit 1822, das Haus an der Straße bewohnend (erbauet 1797).
Zeller, Rector scholae und Cantor seit 1818.
Friede, Organist und zweiter Schullehrer.
J. Hinze , Küster und dritter Schullehrer.
Zur Stadt und Obrigkeit gehören
Gerichtsrath, Bürgermeister Advocat Rudow.
Camerarius Senator Carl Gottfried Möring.
Bauherr Senator Gotthard Waack.
Senator Advocat August Rudow supernumeraries.
Stadtsekretär Gotthard Enoch Sandmann.
Zum Bürgerausschuss gehören
Bürgerworthalter Kummerow und Wilrath.
Zwölfmänner Christian Behrns, Baumann, Dohnstein, Christian Haase, Christian Nordhoff, Johann Gode, Friede…..(?)
Beim Großherzoglichen Amte sind angestellt
Amtshauptmann Päpke.
Amtmann Möller.
Amtsverwalter Livonius.
Amtsauditor Doctor Wildfang.
Ob wir gleich in diesem Jahre sehr vom Hagelwetter litten, ist doch die Erndte im ganzen sehr ergiebig, nur selten stehen seit der Beendigung des Krieges alle unsere Producte und Kornarten in einem niedrigen Preise, daher Geldverlegenheiten. Der Scheffel Weitzen rostocker Maaß 22 Schilling, der Scheffel Roggen 20 - 22 Sch., der Scheffel Gerste 14 – 16 Sch., der Sch.. .(?) und der Scheffel Erbsen 26 – 28 Sch.
Der neue Kirchhoff außerhalb der Stadt wurde im Jahre 1819, die Promenade um die Stadt in die Jahre (sic!) 1818 – 19 und 22 angelegt. Auch wurde 1819 das Wismarsche Thor neu erbauet und im Jahre 1822 die Lübsche Straße neu gepflastert und viele Häuser verschönert und neue erbauet.
Die gegenwärtige Zeitperiode, obgleich noch immer in den höheren Ständen zum Theil Leichtsinn und Unglauben und in den unteren Unwissenheit und Aberglauben herrscht (sic!), erhebt sich doch über die frühere durch bessere Einrichtung der Schulen, durch mehr Sinn für Wahrheit, für Religion und Tugend, durch höhere Aufklärung und feinere Sitte.
Fahrt denn fort, theure Nachkommen, fahrt fort, wo wir stehen, klimmt immer weiter hinan zum Ziele der Vollkommenheit, haltet vest (sic!) an Glauben, Liebe, Hoffnung, damit ihr einst, wenn wir vollendet haben unseren Lauf, zu uns eingehen möget in die ewigen Hütten!
Der Friede Gottes sei mit Euch und mit uns! Amen!
Grevesmühlen, den 4. September im Jahre 1823
A. F. Heyden, Präpositus
Carl Gottfried Möring, p.t. Kirchen-Oeconomus
Der Verbleib der oben genannten Bleikugeln, des darin befindlichen Staatskalenders sowie der Pergamentblätter mit dem Bericht Pastor Heydens ist unbekannt.
Joachim Friedrich Heyden amtierte als Pastor in Grevesmühlen 41 Jahre, davon 18 Jahre als zweiter und 23 Jahre als erster Pastor.
Präpositus Heyden starb am 18. Mai 1845 im 80. Lebensjahr „am Nervenschlage“ und wurde am 23. Mai 1845 beigesetzt (so Albrecht). In der „Chronik der Stadt Grevesmühlen“ nennt Belg unter Berufung auf Willgeroth als Todestag Heydens den 11. Mai. Doch er zitiert Willgeroth falsch, der wie Albrecht eindeutig den 18. Mai 1845 angibt.
In seiner historischen Schrift „Die Kirche zu Grevesmühlen i/M und deren Prediger“, die der Autor dem Kirchenrat Loescher gewidmet hat und die im Besitz der Erben von Kommerzienrat Pelzer war, fügt H. F. Albrecht der Kurzbiographie Heydens als Fußnote gekennzeichnet folgenden Nachtrag bei:
„Die Grabkapelle der Familie Heyden auf dem hiesigen Friedhof ward bald nach der Beisetzung Heydens des Nachts gewaltsam erbrochen. Nachdem der Dieb einige Dachpfannen ausgehoben, stieg derselbe in die Kapelle, öffnete den Sarg des Präpositus und schnitt der Leiche einen Finger ab, worauf sich ein goldener Ring befand. Ein hiesiger Maurergeselle war in Verdacht, diese schändliche Tat begangen zu haben.“
Diesen makabren Vorgang schildert von allen Kirchenchronisten allein Albrecht. Er wird weder von Willgeroth, Raatz, Neumann, Cleemann noch von Otto Münster und Friedrich Belg erwähnt. Deshalb sind wohl leise Zweifel am Wahrheitsgehalt der Darstellung von Albrecht angebracht.