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3.1.2 Die Gliederung der Dialekte

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Es wurde bereits erwähnt, dass sich die oberdeutschenOberdeutsch Dialekte (AlemannischAlemannisch, Bairisch, FränkischFränkisch) durch die gemeinsame Teilnahme an der Zweiten LautverschiebungZweite Lautverschiebung von den anderen Dialekten absetzten. Bereits für die mittelhochdeutsche Zeit kann man allerdings erste Unterschiede zwischen diesen drei Großdialekten erkennen. Da sich Sprache in Raum und Zeit prinzipiell ändert, musste die unterschiedliche Besiedlung der germanischen Personengruppen zu einer Differenzierung führen, die sich in der frühen Neuzeit durch die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Verkehrslinien und Territorien noch verstärkte. Zu den wichtigsten lautlichen Neuerungen dieser Zeit gehört die im vorangegangenen Kapitel schon angesprochene sogenannte neuhochdeutsche Diphthongierung der mittelhochdeutschen Langvokale î, û und iu (als langes -ü- ausgesprochen!) in Wörtern wie mhd. zît „Zeit“, hûs „Haus“ und hiuser „Häuser“ zu einem Diphthong -ei-, -au- und -äu-, wobei diese Diphthonge im SchwäbischenSchwäbisch als Zeit (mit einem richtigen ei-Laut, nicht ai!), Hous (nicht mit -au-!) und Heiser (wieder mit -ei-!) zu sprechen sind. Durch diese lautliche Besonderheit spaltet sich das SchwäbischeSchwäbisch sowohl von den übrigen alemannischen Dialekten als auch vom FränkischenFränkisch und BairischenBairisch ab, wo man diese Diphthonge wie in der späteren Standardsprache als Zait und Haus spricht. Häuser ist ein Sonderfall, da hier das Wort in manche Gegenden auch entrundet als Haiser gesprochen wird.

In den Urkunden taucht die Diphthongierung, die sich dann später auch in der Schriftsprache durchsetzt, ab dem 12. Jahrhundert auf, zunächst in Kärnten, viel später, im 16. Jahrhundert, auch im FränkischenFränkisch und SchwäbischenSchwäbisch. Die alemannischenAlemannisch Dialekte haben sie nicht mitgemacht, so dass man dort in den Dialekten auch heute noch wie im Mittelalter die oben genannten Wörter als Huus, Zit/Ziit und Hiiser/Hüüser ausspricht. Da die Diphthongierung zuerst in Kärnten auftauchte, ging man lange davon aus, dass sie in Kärnten entstand und sich langsam von dort bis in den schwäbischSchwäbisch-fränkischen Sprachraum ausbreitete. Doch schließt man bei dieser Theorie zu einfach von der Schreibweise der Schreiber auf die gesprochene Sprache, was nicht zulässig ist. In der Sprachwissenschaft geht man heute vielmehr von einer Entwicklung aus, die an mehreren Stellen gleichzeitig geschah und sich lediglich zeitlich unterschiedlich in den schriftlichen Texten niederschlug.

Die folgende Tabelle zeigt noch einmal, wie sich allein durch die Teilnahme an der neuhochdeutschen Diphthongierung die süddeutschen Großdialekte unterscheiden lassen.

Mhd. Alemannisch Schwäbisch Bairisch Fränkisch
hûs Huus Hous Haus Haus
zît Zit/Ziit Zeit Zait Zait
hiuser Hiiser/Hüüser Heiser Haiser Haiser/ Höüser

Tab. 2: Die Aufteilung der süddeutschen Dialekte und die neuhochdeutsche Diphthongierung.

Jeder dieser Großräume wird dann mit Hilfe lautlicher Kriterien weiter unterteilt. Hier einige Hinweise zur weiteren Unterteilung:

AlemannischAlemannisch: Das Süd- oder Hochalemannisch genannte Gebiet, das ungefähr südlich einer Linie Freiburg-Konstanz beginnt und bis zum Alpenhauptkamm reicht, hebt sich durch die Verschiebung des k-Lautes in Chind „Kind“, Chalb „Kalb“ usw. von den übrigen alemannischen Dialekten ab. Das Oberrhein-Alemannische zeigt mit dem Wandel von -b- zwischen zwei Vokalen zu einem -w- in Wörtern wie „leben“, „Reben“, „sieben“ usw. und von -g- zwischen zwei Vokalen zu -ch- in Wörtern wie „sagen“, „Magen“, „Wagen“ einen stark fränkischenFränkisch Einfluss. Das Bodensee-Alemannische zeichnet sich seinerseits durch die Lautungen broat „breit“, Goaß „Geiß“, Soal „Seil“ usw. aus.

SchwäbischSchwäbisch: Das Schwäbische kann man durch die Lautungen der Wörter „breit“, „groß“ und „Schnee“ in vier Teilräume unterteilen: Westschwäbisch (broat, grauß, Schnai), Zentralschwäbisch (broit, grauß, Schnai), Ostschwäbisch (broit, groaß, Schnäa), Südschwäbisch (broit/brait, grooß, Schnee).

Bairisch: Das BairischeBairisch wird traditionell in Nordbairisch, Mittelbairisch und Südbairisch unterteilt. Typisch für das Nordbairische sind zum Beispiel die sogenannten gestürzten Diphthonge bei mhd. ou und mhd. öu, also die Aussprachen Kou „Kuh“ und Kei „Kühe“. Das Südbairische hat als Hauptmerkmal die binnendeutsche Konsonantenschwächung nicht mitgemacht, so dass dort die Laute b, d, g und p, t, k nach wie vor unterschieden werden. Es stehen sich dadurch südbairisches Kniä „Knie“ und mittel- und nordbairisches Gniä gegenüber. Für das gesamte BairischeBairisch typisch ist die „Verdumpfung“ eines alten mhd. a-Lautes zu einem o-haltigen Laut, den man als -å- wiedergeben könnte: Kåtz „Katze“. Als außerordentliche Besonderheit kennt das Gesamtbairische darüber hinaus auch noch Kennwörter, also Wörter, die es nur im bairischen Sprachraum gibt. Hierzu gehört zum Beispiel enk „euch“.

FränkischFränkisch: Hier gibt es verschiedene Unterteilungsmöglichkeiten, so zum Beispiel in Rheinfränkisch (Appel „Apfel“, Phaal „Pfahl“), Südfränkisch (Worscht „Wurst“, braait/breet „breit“, Schtuul „Stuhl“), Unterostfränkisch (Rachä „Rechen“, Kaas „Käse“, ass „essen“) und Oberostfränkisch (Woochä „Wagen“, braat „breit“, Schtual „Stuhl“).

Die soeben dargestellte Untergliederung war erst möglich, nachdem die Dialektatlanten fertiggestellt waren. Beim Durchblättern der Karten ergab sich dann, dass einige Karten immer die gleiche Raumverteilung zeigten. Dort, wo mehrere sprachliche Phänomene aufeinandertreffen, ergeben sich dann für die Dialektforschung die Dialektgrenzen. Wie aber kommt es zur Bildung solcher Dialektgrenzen?

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