Читать книгу Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten - Hunter S. Thompson - Страница 40
ОглавлениеAN SANDY CONKLIN:
Sandy Conklin promoviert 1959 am Goucher College in Maryland und zieht dann nach New York City, um dort als Sekretärin bei Nuclear Research Associates zu arbeiten, einer Organisation, die Atomtests überwacht. Ihre Mitbewohnerin Eleanor heiratet Eugene McGarr, der in seiner Zeit als Bürobote bei Time ein Kumpel von Thompson war. Anfangs sind Thompson und Conklin nur befreundet, doch sie verlieben sich bald ineinander.
26. Januar 1960
San Juan
Nun, meine kleine Prinzessin. Ich weiß wohl, was es heißt, »körperlich aufgewühlt« zu sein. Auch wenn es einem länger vorkommt, ist es jetzt noch nicht mal einen Monat her. Hoffen wir, dass die Zeit bis zum 11. März ein bisschen schneller vergeht.
Über Deinen Brief habe ich mich wahnsinnig gefreut; wenn ich auch sagen muss, dass mich Dein neu gefundener Mutterinstinkt einen Moment lang etwas beunruhigt hat. Trotzdem ist es natürlich gut zu wissen, dass Du ein sonniges Herz hast.
Das Leben hier ist großartig – sagen wir ab Montag, wenn ich mein Geld bekomme. Gerade sind die Vorratskammern einigermaßen leer. Heute aber haben sich die Ereignisse geradezu überschlagen, nachdem ich zwei journalistische Aufträge gleichzeitig an Land gezogen habe. Die nächsten Wochen wird also die Hölle los sein; obendrein kommt noch die Arbeit für Kramer, und in meinen wenigen freien Minuten werde ich mich darum kümmern müssen, meine kleine Strandhütte herzurichten. Ich krieg das schon alles hin, bis Du kommst.
Und so sieht mein Tag aus (im neuen Leben von HST): aufstehen um halb zehn, Türe aufreißen und im Atlantik baden, um erstmal die Augen aufzukriegen, Spaziergang am Strand (mit dem bärtigen Barmann und Nachbarn von nebenan), um im Intercontinental von San Juan zu frühstücken – frische Ananas, Toast, Marmelade, vier Tassen Kaffee. Um zwei Uhr Treffen mit dem Beauftragten für Glücksspiel, um Neuigkeiten aus der Welt der Casinos zu erfahren – meinem nächsten Thema. Um halb fünf ins Rada Hotel, Gespräche über den frisch reingekommenen Auftrag. Zum Essen um halb sieben in die Altstadt, um neun nach Rio Pedras, um Post zu holen. Auf dem Rückweg Deinen Brief lesen, dann ausziehen und nackt runter an den Strand, mit Pfeife und einem Glas Brandy. Rauchen, Brandy trinken, schwimmen, unter die Dusche und jetzt diesen Brief an Dich schreiben. Später werde ich noch die Story über Hahnenkämpfe zu Ende bringen. Dann ins Bett. Und morgen keine Termine. Nur Meer, Sonne, Rum.
Das Leben hier – Du glaubst es erst, wenn Du es selbst gesehen hast. Kaum vorstellbar, dass es von Dauer sein wird. Vielleicht werde ich sogar einen Scooter haben, bis Du da bist, wenn es in dem Tempo weitergeht. Natürlich gibt es auch ein paar Dinge, die auf die Nerven gehen. Kein warmes Wasser in der kleinen Hütte, kein Geld, immer nur mit dem Bus unterwegs, ein alter Cordmantel, der inzwischen ziemlich heruntergekommen aussieht. Wäre ich kein Journalist, würde ich niemals durchkommen, so wie ich hier herumlaufe – in diesem überteuerten und zugleich sehr konventionellen Walhall. Sobald ich meine Finanzen im Griff habe, wird sich das alles ändern. Wann? Weiß der Himmel.
Gute Idee von Dir, mir Sachen mit PanAm herzuschicken, nur dass ich dann keinen Gepäckschein hätte, den ich möglicherweise vorzeigen muss. Es könnte kompliziert werden; wenn es sich anders hinbekommen lässt, gib mir Bescheid, und ich schick Dir eine Wunschliste – vor allem ein paar Pfund Tabak, der hier unmöglich aufzutreiben ist. Und ja, unbedingt einige Bücher, auf die Schnelle fällt mir das neue von Mailer (Reklame für mich selber) ein, und von Dostojewski über die Psychologie des Spielens; über Spieler, die besessen sind [Der Spieler]. Kennst Du es? Die Bibliothek hier ist unglaublich schlecht. Das Aktuellste, was ich finden konnte, war S. Maugham. […]
Das wär’s soweit. Gleich fallen mir die Augen zu, und ich muss noch das Ding über den Hahnenkampf machen. Von draußen hört man das Klatschen der Brandung, und das schrecklich bläuliche Deckenlicht lässt das Ganze hier wie eine Zelle aussehen; morgen, wenn ich diesen Brief aufgebe, wird die Sonne wieder leuchten. Ach ja, ich hab die Kleidung ganz vergessen; ist alles gut angekommen. Danke mucho – oder vielen Dank. Oder so. Mit meinem Spanisch ist noch nicht allzu viel los. Werde Dir bald wieder schreiben, und dann erfährst Du auch, wie es in mir drinnen aussieht. Dafür wär jetzt nicht der richtige Moment.
Gute Nacht
Hunter