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Sprachverwirrung

Dora war fünf,

als sie nichts verstand.

In einem heißen Sommer, zwei Jahre später, fuhren Dora und ihre Familie an einen kleinen See im südlichen Kärnten. Sie campierten dort. Ein neues Wort, Camping, hatte sich in den Sprachgebrauch der Leute eingeschlichen.

Man campierte also.

Für Dora war so ein Urlaub paradiesisch. Sie durfte baden, wann sie wollte, schwimmen konnte sie schon. Sie konnte essen, wann sie gerade Hunger hatte, ihre Mutter nahm das nicht so genau. Mama genoss selbst die Freiheit des Campingurlaubs, ungebunden, von keinen Regeln eingezwängt.

Das Einkaufen im nächsten Ort übernahm Papa. Dora, ihre Schwester Terese und Papa fuhren mit dem alten Wehrmachtsauto, das der Vater nach dem Krieg fahrtüchtig gemacht hatte, in diesen Ort. Jeden zweiten Tag.

Diesmal war alles ein bisschen anders. Papa beschloss, das Gemüse, das sie brauchten, 1 Kilo Paradeiser, diesmal beim kleinen Gemüseladen gegenüber zu kaufen und nicht in dem großen Geschäft, das sie sonst aufsuchten.

Er traf, wie in jedem Urlaub, einen Berufskollegen vom Film. Dora machte sich keine Gedanken über den Ausdruck ‚beim Film‘, auch wenn sie nicht wirklich verstand, was er bedeutete. Sie wusste nur, dass Papa ‚beim Film‘ arbeitete. Ohne recht nachzudenken.

Vor dem Gemüseladen traf Vater also einen Kollegen. Man tratschte, man lachte, den beiden Mädchen wurde es langweilig. Da meinte der Vater, dass seine Mädchen allein in den Laden gehen sollten, um die Paradeiser zu kaufen.

„Einfach so? Allein?“

Die ältere Schwester war ein wenig schüchtern und wollte den Laden nicht betreten. Dora aber öffnete mit beherztem Schwung die Ladentür, betrat den Raum und stellte sich hinten an der Warteschlange an. Ihre Schwester würde draußen auf sie warten, hatte sie gesagt. Das Geld hatte sie Dora mitgegeben.

‚Natürlich kann ich schon allein einkaufen, das ist klar‘, dachte sie, aber das mulmige Gefühl im Magen verriet ihr, dass sie ein wenig aufgeregt war. Ihr Herz klopfte etwas schneller.

Dann geschah Beunruhigendes.

Die Leute in der Warteschlange vor ihr sprachen miteinander, aber ihre Worte waren für Dora unverständlich. Sogar die Verkäuferinnen, die Paprika und Erdäpfel einpackten, redeten eine fremde Sprache. Dora wurde blass, ihr Puls stieg. Sie hatte noch nie mit Ausländern gesprochen, sie wusste nicht, wie das klang. Außerdem war doch hier nicht Ausland. Hier war Kärnten! Ausland, das war weit weg, Amerika, Afrika vielleicht.

Verstört scherte sie aus der Warteschlange aus, rannte zum Ausgang zurück, flüchtete zu ihrer Schwester.

„Die verstehen mich nicht da drinnen!“, rief sie verzweifelt.

Sie weinte haltlos. Sie verstanden sie nicht in diesem Laden, glaubte sie zumindest. Es musste furchtbar sein, in einem sogenannten Ausland zu sein und nichts zu verstehen und nicht verstanden zu werden! Schrecklich musste das sein.

Die Mädchen liefen zum tratschenden Vater, erklärten ihm das Unglück und warteten auf Erklärung. Papa lachte nur.

„Das sind Slowenen, die hier wohnen. Keine Angst, die verstehen dich, Dora. Sie sprechen slowenisch, das ist alles.“

Dora war auf der Rückfahrt sehr still. Papa hatte sie ausgelacht, das war kränkend. Eines aber hatte dieses Missgeschick bewirkt. Dora begann, über Sprache und Wörter nachzudenken, aber sie verschob die genaue Auseinandersetzung auf später, wenn sie größer sein würde.

Der letzte Stein

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