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KAPITEL 9 - Nachts kommen die Träume

Ich war schon um neun ins Bett gegangen, nachdem ich noch etwas gegessen und gelesen hatte. Dabei herrschte in mir drinnen die ganze Zeit über eine innere Aufregung vor, die mich ganz verrückt und hibbelig werden ließ. Auf der einen Seite war ich froh, dass ich Laurin morgen alleine treffen würde. Aber auf der anderen Seite fragte ich mich, ob das alles nicht nur ein einziger großer Scherz von ihm war oder ich morgen durch meine oft tollpatschige Art alles vermasseln würde. Schließlich war ich schon das letzte mal über meine eigenen Füße gestolpert, als wir uns das erste mal gesehen hatten. So tigerte ich unruhig in meinem Zimmer auf und ab und war froh, als ich nach vielem hin und her dann endlich eingeschlafen war:

-Ich rannte gerade spielerisch über eine Wiese, als ein silbriges Strahlen meine Aufmerksamkeit erregte. Verwirrt hielt ich mitten in der Bewegung inne. Bis eben war noch alles in bester Ordnung gewesen. Ich hatte die kühle Luft genossen und bunte Vögel beobachtet, die am Himmel ihre Kreise zogen. Alles schien perfekt und ruhig zu sein. Ich war in einen Bach gesprungen, um meine Füße zu kühlen. Ein paar Forellen hatten dabei schnell reißaus genommen und das Weite gesucht. Doch dann hatte sich plötzlich etwas verändert. Die Atmosphäre war umgeschlagen und ich fühlte mich auf einmal richtig schlecht. Irgendetwas schien nicht mehr zu stimmen. Und dann hatte ich das silberne Strahlen wahrgenommen, das aus dem Dickicht vor mir hervor drang. Es schien zu pulsieren und wirkte beinahe lebendig. Fast so, als würde es ein Eigenleben besitzen. Ein ungutes Gefühl beschlich mich, aber gleichzeitig wurde ich auch wie magisch von diesem seltsamen Licht angezogen. Was konnte das nur sein?! Langsam ging ich einen Schritt darauf zu, blieb aber dann gleich darauf wieder unschlüssig stehen. Ich hatte plötzlich eine Gänsehaut und meine Beine schlotterten heftig. Ich musste mich selbst dazu zwingen auch nur einen Schritt weiter zu gehen. Es war fast so, als wäre vor mir eine Glasscheibe, durch die ich etwas sah, das ich unbedingt haben wollte und begehrte. Doch ich konnte es einfach nicht erreichen, so sehr ich mich auch bemühte. Schritt für Schritt ging ich weiter und nun brach mir der Schweiß aus. Ich schwitzte fürchterlich, als hätte ich zehn Schichten Klamotten übereinander angezogen. Mein Atem ging schwer und ich keuchte. Trotzdem mühte ich mich ab weiter zu gehen. Nun hatte ich die Hälfte der Strecke hinter mich gebracht. Ich stolperte. Meine Kräfte ließen langsam, aber sicher nach. Doch ich MUSSTE das Licht einfach erreichen! Ich fiel auf alle Viere, wobei ich mir ein Knie an einem Stein aufschlug. Etwas Blut begann aus einem Riss hervorzutreten, doch ich beachtete es nicht weiter. Nun kroch ich wie ein Tier auf Händen und Füßen voran über den immer matschiger werdenden Boden. Es kostete mir unendlich viel Kraft auch nur noch einen Millimeter vorwärts zu kommen. Endlich, nach unendlich lang erscheinenden Minuten, gelangte ich an den Rand des Gebüschs. Dort gönnte ich mir erst einmal eine kurze Verschnaufpause. Mein Atem ging rasselnd und mir kam es beinahe so vor, als würde ich in der nächsten Sekunde ersticken. Das Licht war nun so intensiv, dass die Quelle direkt vor mir sein musste. Ich zog noch einmal tief die Luft in meine schmerzenden Lungen ein. Da bemerkte ich, dass es auf einmal nach etwas Verbranntem roch. Dieser beißende Gestank versetzte mir so einen Schrecken, dass ich zuerst etwas zurück taumelte, bevor ich weiterkriechen konnte. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und ich hatte schon Angst gleich ohnmächtig zu werden. Da durchbrach ich das Dickicht und gelangte auf eine kleine Lichtung. Sie war höchstens so groß wie ein gewöhnliches Klassenzimmer an meiner Schule. Ein einziger Sonnenstrahl fiel durch das Blätterdach, das sich wie ein Baldachin über der Lichtung spannte, direkt auf die Mitte der Lichtung. Der Rest lag in völliger Dunkelheit. Verstört hielt ich inne. Was sollte das?! Das durfte doch wohl nicht wahr sein! Im Sonnenlicht bewegte sich etwas, das gleichzeitig in einem silbernen und goldenen Glanz erstrahlte. Es war mindestens so groß, wie ich, wenn nicht sogar noch größer. Doch das konnte ich nicht genau erkennen. Das Wesen kauerte zusammengesunken im Dreck und schien keinerlei Notiz von mir zu nehmen. Vorsichtig kroch ich noch etwas näher an die Gestalt heran und hielt dabei den Atem an. Jetzt konnte ich schon mehr wahrnehmen. Das Wesen hatte mir den Rücken zugekehrt, wobei ich nur einen Haufen flauschig weicher Federn erkennen konnte. War das ein Vogel? Ein wunderschöner, seltener Riesenvogel? Da breitete er plötzlich in einer fließenden Bewegung seine mächtigen Schwingen aus und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Nun erkannte ich, dass das Wesen vor mir mindestens zwei Köpfe größer sein musste, als ich. Mit vor Staunen weit geöffnetem Mund wusste ich auf einmal, was das für ein Wesen war. Es war ein... ein Engel. Sein Körper war athletisch und muskulös. Seine Haut glänzte leicht golden und funkelte aus sich heraus. Die Hände waren feingliedrig und er hatte lange, dünnen Finger, die noch nie harte Arbeit gesehen zu haben schienen. Seine Haare waren kurz und blond-braun, was aber auch mehr wie gold wirkte. Das allein war bereits furchtbar beeindruckend und hätte mich normalerweise schon fast umgehauen. Doch die Flügel vervollständigten das fantastische Gesamtbild zu etwas Magischem, das jedem den Atem rauben musste, der das sah. Sie ragten aus der Stelle hervor, wo bei uns normalen Menschen die Schulterblätter sein mussten. Dabei sah man den Übergang vom Rücken in die Flügel nicht im Geringsten. Sie bestanden aus abertausenden Federn, die ebenfalls golden schimmerten. In der Nähe der Schultern waren diese winzig klein, doch nach außen hin wurden sie immer länger und breiter. Die letzten Federn mussten mindestens so groß wie mein Arm sein. Nun schlugen die mächtigen Schwingen des Engels sachte auf und ab und fächerten mir etwas Wind zu. Doch da bemerkte ich, dass irgendetwas ganz und gar nicht zu stimmen schien. Und ich erkannte auch, was das war. An den Flügelrändern und auch am ganzen Körper, begann sich das Gold immer mehr in Silber zu verwandeln. Es war fast so, als würde ein unsichtbarer Maler das Gold überpinseln. Dies schien auch der Grund für diesen furchtbaren Gestank zu sein. Das Schlimmste daran war jedoch nicht, dass die Pracht des Engels dadurch zu schwinden schien. Ich fand ihn trotz allem nicht minder anziehend. Das Schlimmste daran war, dass es ihm unglaubliche Schmerzen verursachte. Er wand sich unter Qualen und ich bemerkte, dass seine Knie zu zittern begannen. Mit Entsetzen beobachtete ich, wie der Engel langsam ganz und gar silbern wurde und sein Atem drang dabei röchelnd zu mir herüber. Am Ende fiel er keuchend wieder zu Boden und seine Flügel hingen dabei kraftlos an ihm herab, als gehörten sie nicht mehr zu ihm. Dieser Anblick schmerzte mich so sehr, dass ich beinahe laut aufgeschluchzt hätte. Da wandte der Engel auf einmal seinen Kopf in meine Richtung und eisgraue Augen blitzten mir kalt entgegen. Dabei lag in ihnen aber so eine tiefe Traurigkeit, dass ich meinen Blick am liebsten sofort abgewendet hätte. Doch das gelang mir nicht, so sehr ich mich auch bemühte. Der Engel hatte scharf geschnittene Gesichtszüge und einen wunderschönen vollen Mund. Seine Züge waren trotz allem noch hoheitlich und voller Würde, sodass ich mir ganz klein vorkam. Doch der Schmerz und die Trauer hatten Spuren in seinem atemberaubenden Gesicht hinterlassen. Mein Herz schien bei diesem Anblick zu gefrieren und ein einziger Eisklumpen zu werden. Ich wollte dem Engel so gerne helfen, doch ich wusste nicht wie! Seine Augen, die sich in meine bohrten, schienen mich anzuflehen, dass ich etwas tun sollte. Doch was?! Was sollte ich tun?!-

Schweißgebadet schreckte ich aus dem Traum, der so echt gewirkt hatte, hervor. Noch immer sah ich die flehenden Augen des silbernen Engels vor mir, die sich in meine gebohrt hatten. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und mein Atem war unregelmäßig und keuchend. "Das war alles nur ein Traum, Larissa! Nichts Ernstes. Engel gibt es nicht!", redete ich mir selbst Mut zu. Langsam begann ich mich wieder zu beruhigen. Da bemerkte ich plötzlich, dass ich etwas weiches, flauschiges mit meiner rechten Hand fest umklammert hielt. Verwundert blickte ich darauf. Ein ungläubiger Aufschrei entfuhr mir. Das Ding in meiner Hand schimmerte golden und geheimnisvoll. Verdattert starrte ich auf eine kleine, goldene Feder, die im fahlen Licht der aufgehenden Sonne strahlte. Mit einem Satz sprang ich auf, schmiss sie in den Schrank und machte die Tür so schnell ich konnte wieder hinter ihr zu. Keuchend ließ ich mich danach am Schrank zu Boden sinken. Das musste ein schlechter Scherz sein! Oder ich war vollkommen übergeschnappt. Bestimmt war alles nur ein Traum! Doch die Feder in meinem Rücken strafte mich Lügen.

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