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2014 – Flug von München nach Dubai - Zeitvertreib
ОглавлениеRayan schlenderte gelangweilt durch den Gang des Flugzeugs. Bereits zum vierten Mal ging er ihn entlang und wieder zurück – Gott sei Dank lagen bereits zwei Drittel des Fluges hinter ihm. Er hasste Linienflüge!
Doch sein Jet hatte in München einen technischen Defekt gehabt, der zu lange zu reparieren dauerte und so hatte er kurzerhand einen Erste-Klasse-Flug gebucht. Die acht First Class Sitze des A330-300 der Lufthansa boten zwar jeden erdenklichen Luxus, den man bei einem Linienflug erwarten konnte, trotzdem war es etwas anderes, als mit seinem eigenen Privatjet zu fliegen.
Die durchaus bequemen Liegesitze des Airbus boten fast den gleichen Ruhekomfort wie die seines Learjet, doch allein die vielen Leute auf dem engen Raum eines Standardflugzeuges reduzierten das Wohlbefinden. Dieser Eindruck verstärkte sich für ihn bei den 48 Business Class Reisenden und mit den weiteren 161 Passagieren, die sich in der „Holzklasse“ in die Sitze quetschen mussten, hatte er fast Mitleid.
Er hatte gerade das Ende des Flugzeuggangs erreicht, als der Kapitän alle aufforderte, ihre Sicherheitsgurte anzulegen. Turbulenzen!
Rayan wollte sich auf den Weg machen, wieder ganz nach vorne auf seinen Platz zu gehen, als eine dunkelblonde, zierliche Frau seine Aufmerksamkeit erregte, die in eine Zeitschrift vertieft war.
Es schien sich um eines der üblichen Klatschblätter zu handeln, doch das war nicht das, was ihn faszinierte – vielmehr war es der Artikel. Der nämlich handelte von ihm selbst.
Er hatte sich schon vor langer Zeit abgewöhnt, viel auf diese Berichte zu geben und die Blätter wussten inzwischen auch, dass sein Anwalt einige Methoden hatte, sie zum Schweigen zu bringen. Den meisten war es der Ärger nicht wert und daher hatte das Medieninteresse deutlich nachgelassen. Nur ab und zu gab es kleinere Artikel über ihn.
Als Rayan bei näherem Hinsehen feststellte, dass die Dame offenbar gezielt Artikel über ihn gesammelt hatte und der Sitz neben ihr auch noch leer war, konnte er der Versuchung nicht widerstehen – er grinste in sich hinein. Das würde sicher spaßig werden und ihm helfen die Flugzeit zu verkürzen!
„Entschuldigen Sie bitte, dürfte ich mich kurz zu Ihnen setzen? Wissen Sie, die Turbulenzen …“, fragte er in perfektem Deutsch mit nur ganz leicht hörbarem Akzent. Ein Dank an seine Großmutter!
Die junge Frau war so vertieft, sich Informationen aus den verschiedenen Artikeln herauszuschreiben, dass er die Frage wiederholen musste. Dann blickte sie ihn etwas verwirrt an.
„Ja klar, kein Problem“, sagte sie dann nach ein paar Sekunden Zögern. Man konnte ihrem Gesicht ansehen, dass es doch ein Problem war und sie eigentlich nicht gestört werden wollte, aber das hinderte Rayan nicht im geringsten – er stellte fest, dass sie wunderschöne grün-graue Augen hatte, die ihn an die Farbe der Wälder in Deutschland erinnerten.
Also nahm er Platz und schnallte sich artig an.
„Sie scheinen ja ein richtiger Fan zu sein“, stellte er hinterhältig fest, deutete auf ihre Unterlagen und fügte hinzu, „Wer ist der Kerl? Ein Fernsehstar?“
Wieder dieser forschende Blick, der ganz klar sagte, dass ihn das nichts anginge. Dann sah sie ihm einige Sekunden lang in die Augen und Rayan fürchtete schon, sie hätte ihn erkannt. Aber dann stellte er fest, dass sie offenbar von ihm angetan war. Er lächelte ihr zu und sah, wie sie dahinschmolz.
„Nein wissen Sie, ich bin Schriftstellerin und schreibe ein Buch.“ Offenbar wollte sie ihn beeindrucken und nicht als „Groupie“ dastehen.
„Na das ist ja mal interessant!“, sagte er doppeldeutig und dachte bei sich, „jetzt schreiben sie schon Bücher über mich …“
„Und wen hat der Kerl ermordet, dass er diese Aufmerksamkeit verdient?“, fragte er wieder provozierend.
„Niemanden!“ war die empört klingende Antwort. „Er ist einfach eine faszinierende Persönlichkeit! Reich - mit großem Einfluss in Europa und guten Verbindungen nach Amerika.“
Wieder konnte Rayan ein Grinsen nur mit Mühe unterdrücken und dachte „wenn du wüsstest“.
Er fand nun richtig Gefallen an dem Spiel und beschloss noch ein wenig dicker aufzutragen: „Ach jetzt weiß ich, wen Sie meinen, das ist doch dieser Erfinder des Computers – wie heißt der noch – Bill Gates?“
Wieder dieser kritische Blick aus diesen grünen Augen und einen Moment lang dachte er, er hätte den Bogen überspannt.
„Nein er ist Araber – ein echter Scheich!“ rang sie sich dann ab.
„Ach Öl und so, was? Na kein Wunder, dass er reich ist“, flötete er.
Da wurde ihre Stimme verschwörerisch: „Aber nein, kein Öl! Das ist ja das Komische. Keiner weiß so genau, woher er das viele Geld hat, und es hat auch nie jemand hinterfragt …“
Na das wäre ja auch noch schöner, dachte Rayan bei sich …
Die nächsten eineinhalb Stunden vergingen tatsächlich wie im Fluge. Er stellte ihr Fragen und sie beantwortete voller Begeisterung, was sie alles über „den Scheich“ wusste. Rayan war fasziniert von ihrem Enthusiasmus, mit dem sie über „ihr Projekt“ und „ihr Buch“ redete. Überhaupt sah sie richtig attraktiv aus, wenn sie sich so ereiferte. Einige ihrer blonden Strähnen hatten sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst und hingen ihr wirr ins Gesicht, was ihre natürliche Ausstrahlung betonte. Sie schien kaum Make-up zu tragen. Daher konnte er sehen, dass sich ihre Wangen gerötet hatten. Und als sie ihm gestenreich ihre Ideen schilderte, blitzte das Grün ihrer Augen. Es tat ihm fast ein wenig leid, dass sie letztendlich unweigerlich in einer Sackgasse landen musste, denn ein Buch über ihn? Absolut lächerlich – „No way!“
Am Ende war es sein Freund und Leibwächter Ibrahim, der ihm von weiter vorne mit einem betonten Blick auf seine Armbanduhr zu verstehen gab, dass es bald Zeit zur Landung war, und er sich noch umziehen musste …
Also verabschiedete er sich höflich, bedankte sich für die nette Unterhaltung und meinte zum Abschied noch: „Ich komme viel herum in der Welt, sollte ich ihn sehen, ihren Scheich, richte ich ihm schöne Grüße aus, Frau …?“ „Carina, Carina Hartmann“, sagte sie mit einem bezaubernden Lächeln.
Dann ging er nach vorne an Ibrahim vorbei und durch den Vorhang, den man vor die erste Klasse gezogen hatte.
Carina war der Blick aus seinen wundervollen dunkelblauen Augen so unter die Haut gegangen, dass ihr erst zu spät auffiel, dass er sich ihr nicht vorgestellt hatte.