Читать книгу Die Skrupellose - Schweden-Krimi - Ингер Фриманссон - Страница 13

9. Kennet

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Ich will eine Tochter, Kennet. Und ich will, dass du mir dabei hilfst.«

Ihre Worte waren nachdrücklich und hellwach.

Er selber hatte noch halb geschlafen und versucht, das Zwitschern der Spatzen zu ignorieren, die draußen unter dem Dachfirst ein Heidenspektakel veranstalteten. Wie viel Uhr mochte es sein? Sechs?

Er drehte sich auf den Bauch und blinzelte in der Dunkelheit in ihre Richtung. Sie lag auf der Seite, hatte die Decke von sich geworfen. Sie trug nur einen Slip, und ihre Brüste waren groß wie Melonen. Sie leuchteten und schimmerten ihm entgegen, und er wurde von der primitiven Lust erfasst, zu ihr zu kriechen, ihr Kind sein zu dürfen.

Sie hatte schon des Öfteren davon gesprochen, hatte ihn gebeten: »Besorg mir ein kleines Mädchen, Kennet, ich bringe nur Jungen zur Welt, und wir brauchen frisches Blut.«

Langsam robbte er sich in ihr Bett, umarmte sie und streichelte ihren sonnengebräunten Bauch. Vormittags lag sie immer auf dem Balkon. An ihrem Körper gab es nicht einen weißen Fleck, nicht einmal unter den Brüsten.

Ihre Hände empfingen ihn sehnig und schnell, spielten auf seiner Haut, waren überall, liefen das Rückgrat hinab, waren hinter den Ohren und wölbten sich wie eine Hülle um seinen Hodensack. Es rauschte in seinen Ohren. Er hockte sich über sie, zog an ihren Beinen, damit sie die Beine anzog, er musste hinein. Aber ihre Schenkel waren unverrückbar.

»Willst du nicht? Was ist mit dir?« Seine Stimme war fast ein Schluchzen, und sie packte ihn an den Hüften und hielt ihn fest.

»Doch, Liebster, ich will. Aber erst musst du mir etwas versprechen, Kennet. Du musst versprechen, mir eine Tochter zu schenken!«

Er hörte ihrer Stimme an, dass sie es diesmal ernst meinte, und nickte, alles was du willst, verspreche ich dir, ich bin dein Sklave, du bist meine Herrin.

Da erschlaffte die stählerne Wand der Muskeln, und sie öffnete sich ihm und ließ ihn hinein.

Sobald die letzten, herrlichen Zuckungen abgeklungen waren, bereute er es. Seine Lust wich nagendem Unbehagen. Sie war schon aufgestanden, und er hörte das Rauschen der Dusche. Dann kehrte sie nackt ins Schlafzimmer zurück, zog ihm die Decke weg, lachte und war zu Späßen aufgelegt.

»Zeit zum Aufstehen, Schlafmütze!«

Sie kochte Kaffee, und er wusste, dass er keine Chance hatte, noch einmal davonzukommen, dies war das letzte Mal. Wie sollte er ohne diese Frau leben können, ohne die Schwere ihrer Brüste in seinen Händen fühlen, nie mehr in ihre engen Öffnungen eindringen zu dürfen? Sie hatte ihn unter ihre Fittiche genommen. Sie hatte ihn wirklich gemacht. Ohne sie war er nur ein simpler Fahrkartenkontrolleur in einer schlecht sitzenden Uniform. Ohne Freunde, ohne ein eigenes Leben.

Widerwillig zog er sich an, Jeans und Hemd, es sollte wieder ein heißer Tag werden. Er schaute auf die Dächer hinaus, sah eine Elster, die regungslos wie ein Pinguin dahockte. Wenn es regnete, sammelte sich Wasser in den kleinen Vertiefungen am Schornstein, es waren kleine Schalen, aus denen die Vögel trinken konnten. Er dachte an die Tochter, die sie so gerne haben wollte, stellte sich vor, dass er sie auf den Arm nahm und mit ihr aus dem Fenster schaute.

»Siehst du die Elster da, sie frühstückt, sie trinkt ihren Kaffee, oh, hoppla, jetzt ist sie weggeflogen.«

Doch. Natürlich wollte er eine Tochter haben. Die Jungen gehörten ja nur ihr. Sie waren nicht hier, sondern oben in Gällviken. Der Älteste war zehn Jahre alt. Sie waren von verschiedenen Vätern, aber das machte ihr anscheinend nichts aus, im Gegenteil, es schien vielmehr, als würde sie es geradezu als eine Ehre empfinden, so viele Männer wie möglich gekannt zu haben.

Im Moment war er der Mann.

Kennet.

Woher sollte er nur die zum Leben nötige Kraft schöpfen, wenn er nicht bei ihr sein durfte?!

Sie stand am Tisch und strich Butter auf ein Stück Knäckebrot. Sie trug ein T-Shirt und einen kurzen, schwarzen Rock. Ihre Haare lagen nass im Nacken. Seine Verzweiflung wuchs.

Du wirst mich doch niemals verlassen, dachte er und öffnete den Mund, um die Worte auszusprechen.

Im gleichen Moment drehte sie sich zu ihm um.

»Ich will, dass du es heute machst! Jetzt! Heute Vormittag!«

Ihr Gesicht veränderte sich, als er sie ansah, es kam ihm vor, als würde sich sogar die Farbe ihrer Augen ändern. Barfuß ging sie zu ihm und legte ihre Hände an seine Wangen.

»Du schaffst das. Ich weiß, dass du es schaffst.«

Er fuhr nach Hässelby hinaus. Es war nicht seine Entscheidung, die Hände am Lenkrad steuerten ihn auf den Drottningholmsvägen, über die Tranebergsbrücke, am Brommaplan-Kreisverkehr vorbei und weiter den langen Champs-Elysées-ähnlichen Bergslagsvägen hinab.

Er fühlte sich eigentümlich stark, in diesem Moment hatte er fast das Gefühl, unter Drogen zu stehen. Sie hatte ihm Kraft gegeben, aber er wusste, dass es damit jeden Moment vorbei sein konnte. Sie mochte es nicht, wenn man unschlüssig war, sie wollte einen schnellen und tatkräftigen Mann, das hatte sie immer wieder betont.

Manchmal, wenn sie ihn verhöhnte, wenn sie ihn auf diese spezielle Art ansah, zum Beispiel, wenn es ihm einfach nicht gelingen wollte, die Aufmerksamkeit des Kellners auf sich zu ziehen, nachdem sie gegessen hatten und zahlen wollten, saß sie ihm gegenüber und beobachtete ihn. Dann zuckte es um ihre Nasenflügel und er bereitete sich vor und wartete auf die Explosion und verstummte. Schließlich erschallte ihre mächtige, tiefe Stimme: »Wir wollen zahlen!«

Nachher brachte sie ihn dazu, Dinge zu tun, auf die er selber nie im Leben gekommen wäre. Und er tat alles, damit sie wieder gut gelaunt war. Das quälte ihn, aber gleichzeitig genoss er es auch fast.

Er hatte Hässelby erreicht. Die Straßen waren menschenleer. Als hätte die Erde aufgehört, sich zu drehen, als wäre er der letzte Mensch. Er sah die Einfamilienhäuser mit ihren kleinen Gärten, die gepflegten Rasenflächen und die proper blühenden Blumenbeete in Gelb und Rot und Weiß. Intensive Sehnsucht nach einem geborgenen und gesitteten Leben in einem dieser kleinen Häuser regte sich in ihm, nach einem eigenen Haus mit einem Gartenweg, in den man Streifen harkte, vielleicht auch mit einem Hund. Er wollte so gerne alles auslöschen, was sie erlebt hatte, bevor sie sich kennen lernten, und noch einmal ganz von vorne anfangen. Sie könnten beispielsweise dort hinten in dem weißen Haus mit dem hohen schwarzen Dach wohnen, das eine Garagenauffahrt hatte, in der er das Auto abstellen würde, wenn er nach Hause gekommen war. Es konnte über Nacht draußen stehen bleiben, wenn das Wetter so war wie im Moment, und im Morgengrauen würde es taufeucht sein, in der Früh, wenn er im Bademantel nur vor die Tür trat, um die Zeitung ins Haus zu holen.

Sein Gedankenspiel wurde jäh von Kinderstimmen unterbrochen. Es war eine ziemlich große Gruppe, vermutlich aus einem Kindergarten, die auf dem Bürgersteig ging. Zwei junge Frauen versuchten die Kinder zusammenzuhalten. Eine braunhaarige, etwas untersetzte Frau hielt zwei von ihnen an der Hand, und ein paar Jungen liefen einen Hügel hinauf und in den Wald. Die andere Frau, die blond war und etwas kindlich aussah, schob einen Kinderwagen, in dem ein schlafendes Mädchen lag.

»Wartet auf uns!«, rief die braunhaarige Frau den Jungen hinterher.

Sie bogen auf den Parkweg. Kennet blieb im Auto sitzen. Er beobachtete, wie sie sich dort oben verteilten, und sah sie in dem Wäldchen verschwinden. Sie waren zu ihm gekommen, es war so vorherbestimmt gewesen. Eine höhere Macht hatte dafür gesorgt, dass sie seinen Weg kreuzten.

Ja.

Er war jetzt stark, öffnete das Necessaire, das sie ihm gegeben hatte, und holte die Spritze heraus. Vorsichtig platzierte er es auf dem Beifahrersitz, bedeckte es mit einem Blatt Papier und atmete tief durch.

Dann öffnete er die Autotür und stieg aus.

Die Skrupellose - Schweden-Krimi

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