Читать книгу Die Skrupellose - Schweden-Krimi - Ингер Фриманссон - Страница 20

16. Daniel

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Ich heiße Janna«, sagte sie. Ihre Stimme war kräftig und klangvoll und erinnerte ihn ein wenig an die seiner Großmutter.

Er fragte: »Kommst du aus der Gegend um Sundsvall?«

»Ja, stimmt. Woher weißt du das?«

»Meine Großmutter spricht so ähnlich wie du, wir waren öfter bei ihr, als wir noch klein waren.«

Er saß an ihrem Küchentisch. Der Flur war leer, ein Stuhl nur, ein paar Kleider, die Türen zu den Zimmern waren geschlossen. Sie goss Sauermilch in eine weiße Schale mit einer Disneyfigur darauf.

»Möchtest du vielleicht was essen?«

»Wenn du was dahast.«

»Du siehst aus, als hättest du Hunger.«

Er schüttelte stumm den Kopf und sah ihre Hände Käse hobeln, sie waren braun und fest. Janna trug Shorts, stand breitbeinig und barfuß an der Arbeitsfläche, gab Kaffeepulver in den Melittafilter, das Rauschen von Wasser.

Sie setzte sich ihm gegenüber. Ihr Gesicht war rund und nah, ihre Augen sahen nicht weg. »Jetzt erzähl mal, Daniel«, sagte sie, als würde sie ihn gut kennen.

»Meine Freundin hat mich rausgeschmissen«, sagte er und biss gierig in sein Brot.

»So, wie dein Gesicht aussieht, scheinst du dich ganz schön gewehrt zu haben!«

»Jemand hat ihr geholfen«, sagte er undeutlich.

»Aha!« Janna nickte.

Der Kaffee lief warm und stärkend in seinen Magen. Er nahm sich noch ein Brot und betrachtete sie, während er kaute, sah, wie sie die Lippen um den Rand der Tasse legte, wie sie trank.

Er wurde mutiger.

»Bist du allein?«, fragte er.

Sie warf ihm einen verschmitzten Blick zu.

»Kommt ganz darauf an.«

»Wie meinst du das?«

»Ich werde weggehen. Ich habe vor, aufs Land zu ziehen, auf einen ganz wundervollen Bauernhof. Ein paar Freunde und ich wohnen dort zusammen.«

»Du ziehst um?«

»Yes.«

»Was! Aus so einer Wohnung?«

»Ach, das ist doch nur eine Mietwohnung.«

»Ja und?«

»Sie wird zu teuer, die Wohnungen sollen bald alle renoviert werden, und danach werden die Mieten bestimmt ordentlich in die Höhe schießen.«

Er erstarrte. Was würde aus seinem Putzjob werden, wenn das Haus umgebaut wurde?

»Davon habe ich noch gar nichts gehört«, sagte er wachsam.

»So ist es aber. Vor ein paar Tagen kam ein Rundschreiben. Aber das ist nicht alles. Ich habe auch noch andere Gründe, zum Beispiel den Stress und die Luftverschmutzung. Hier in der Stadt wird das alles immer schlimmer. Das ist nicht gesund.«

»Nein«, sagte er dümmlich.

»Ist dir das schon mal aufgefallen? Hier in der Stadt werden die Leute immer mehr wie Roboter. Sie leben nicht. Sie funktionieren wie Maschinen. Das Menschliche ist dabei, völlig zu verschwinden. Die Leute sehen einander nicht mehr, wenn jemand in der U-Bahn liegt, gehen sie einfach vorbei. Vor ein paar Jahren war das noch nicht so.«

»Da magst du Recht haben«, murmelte er.

»Die Leute reden nicht mehr miteinander. Sie reden – aber sie tun das mit ihren Handys, nicht wie früher, von Mensch zu Mensch.«

Sie war aufgestanden und atmete jetzt schnell.

»Meinst du nicht, du übertreibst ein bisschen?«, sagte er.

Sie sah ihn ernst an.

»Das glaube ich nicht. Ich sehe, in welche Richtung sich alles entwickelt. Jedenfalls will ich nicht mehr in der Großstadt wohnen. Ich empfinde dieses Leben als unwürdig.«

Er nickte.

»Wir sind ein paar Leute da oben, eine kleine Kommune, wenn man so will. Eine Hand voll Menschen, die den Stress und den technischen Fortschritt satt haben.«

»Aha?«

»Wenn du Lust hast, kannst du mitkommen und es dir anschauen.«

»Ich?«

»Ja.«

Er zuckte mit den Schultern.

»Es ist ziemlich weit zu fahren, es wäre schön, ein wenig Gesellschaft zu haben. Aber du hast vielleicht schon andere Pläne.«

Er dachte fieberhaft nach.

»Nicht unbedingt.«

»Nein, schon gut, du machst natürlich, was du willst. Es war nur so eine Idee.«

»Das kam jetzt nur ein bisschen plötzlich.«

»So ist das mit den günstigen Gelegenheiten im Leben.«

Er schnitt ein Stück Käse ab und schob es sich nachdenklich in den Mund.

»Wann fährst du denn?«

»Na ja, viel Zeit zum Nachdenken bleibt dir nicht, ich haue schon heute Abend ab. Ich muss vorher nur noch ein paar Dinge erledigen.«

»Aha.«

»Hast du einen Führerschein?«

»Doch, schon.«

Sie setzte sich wieder hin und ergriff über den Tisch hinweg seine Hände. Ihr Mund war weich und sanft.

»Irgendwie habe ich das Gefühl, es sollte so kommen«, sagte sie. »Ich weiß nicht ... aber du hast was, Daniel, ich habe eine gute Menschenkenntnis, ich spüre das Pendel in mir, und in diesem Moment schlägt es in die richtige Richtung aus. Das tut es nur bei Menschen, bei denen ich das Gefühl habe, ihnen trauen zu können.«

Er war jetzt völlig entspannt. Sie stand auf, ihr Po war weich und birnenförmig, sie stand auf den Zehen und öffnete einen Schrank. Sie machte ihn wahnsinnig geil.

Ganz ruhig, schoss es ihm durch den Kopf, vermassel es jetzt nicht.

Sie drehte sich um, griff sich in die Haare, löste sie und zog sie wieder zu einem Pferdeschwanz zusammen. Durch den Pullover sah er die Konturen ihrer Brustwarzen.

»Im Ernst, hättest du nicht vielleicht Lust, eine Zeit lang mitzukommen?«, sagte sie und ihre Zungenspitze strich über die Unterlippe. »Zumindest probehalber? Du könntest mir helfen, meinen alten Volvo hochzufahren. Vielleicht kannst du ja mein neuer Gehilfe werden?«

Er wollte schon antworten, als er plötzlich ein Geräusch hörte. Es kam aus einem der geschlossenen Zimmer, die an den Flur grenzten. Es klang wie ein Kind.

Die Skrupellose - Schweden-Krimi

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