Читать книгу Liebe in den Augen des Wolfs - Iris W. Maron - Страница 12

Kapitel 7

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Hannos Auto ist blau. Blitzblau. Und klein. So klein, dass man sich unweigerlich fragt, wie dieser große Mann hineinpasst. Wenigstens benötigt Ernst nicht viel Platz. Und ich auch nicht, wenn ich ehrlich bin.

Hanno öffnet mir galant die Beifahrertür, was mich schmunzeln lässt. Kaum habe ich mich auf den Beifahrersitz gesetzt, wird aus dem Schmunzeln ein Grinsen. Am Rückspiegel hängt ein Schlüsselanhänger, der Ludwig II. zeigt. Das ist wohl mit Abstand das schwulste Auto, in dem ich je saß.

Hanno bemerkt meinen Blick, als er sich auf den Fahrersitz fallen lässt, und steckt demonstrativ mit dem abgeknickten Handgelenk fuchtelnd den Schlüssel ins Zündschloss. Aus meinem Schmunzeln wird ein Lachen. Hannos selbstironische Art finde ich einfach großartig.

»Ludwig II. ist eben mein Idol«, erklärt Hanno entsprechend affektiert.

»Und ich dachte, das wäre Oscar Wilde.«

Hanno wendet sich mir zu. »Wie kommst du darauf?«

»Na, wegen Ernst. Wegen seines Namens.«

»Oh! Du bist der Erste, der erkennt, dass ich ihn nach Ernst sein ist alles benannt habe!«

»Wirklich? Das ist doch ziemlich offensichtlich.«

»Ist es nicht«, meint Hanno und strahlt mich so offen und voller Zuneigung an, dass es mir ganz unangenehm ist. Ich kann dieses Strahlen nicht auf die gleiche Weise erwidern, obwohl Hanno das mehr als verdient hätte.

Ich senke den Blick und betrachte interessiert meine Fingernägel. Die könnten mal wieder geschnitten werden. Hanno parkt unterdessen aus und fährt los. Ich weiß nicht, ob er meine Reaktion mitbekommen hat und wie sie sich für ihn anfühlt.

»Wie weit ist es denn bis ins Kino?«, will ich wissen, weil ich Angst habe, dass sich peinliches Schweigen zwischen uns breitmachen könnte.

»Nicht weit. Warst du da noch nicht?«

»Nein, noch nie.«

»Gehst du nicht gerne ins Kino?«

»Doch, aber nicht allein. Und mit jemand anderem hat es sich nicht ergeben.«

Hanno wirft mir einen irritierten Seitenblick zu, sagt dazu aber nichts. Tatsache ist jedoch, dass ich in den drei Jahren, in denen ich jetzt schon hier wohne, kein einziges Date hatte. Kein Essen, keine Spaziergänge und auch kein Kino. Und auch abseits von Dates habe ich mich mit niemandem so weit angefreundet, dass man mal ins Kino hätte gehen wollen. Klar habe ich ab und an etwas mit den Leuten aus der Arbeit unternommen, aber im Kino waren wir nicht. Eigentlich habe ich mich überwiegend in meiner Arbeit vergraben und mich auf meinem Sofa vor der Welt versteckt. Aber damit ist jetzt Schluss.

»Also bin ich dein Erster?«, fragt Hanno dann doch mit seinem üblichen, leichten Tonfall.

»Na ja, hier vielleicht. Aber weißt du, ich war durchaus schon mal mit einem Mann im Kino.«

»Schade«, seufzt Hanno theatralisch.

Ich schmunzle und sehe wieder aus dem Autofenster. Irgendwie fällt mir gerade nichts ein, was ich noch sagen könnte. Der Gedanke an dieses Funkeln in Hannos Blick macht mir noch zu schaffen. Erst dachte ich ja, Hanno wäre nur auf schnellen Sex aus, allenfalls auf eine Affäre. Nun, Sex hatten wir noch keinen, wir haben noch nicht einmal richtig geknutscht. Wenn er mich so ansieht, dann könnte ich mir vorstellen, dass er mehr von mir will. Und ich will auch mehr, ich will eine Beziehung. Ich will einen Partner. Jemanden, der mich kennt und mich versteht und mich liebt, so wie ich bin. Jemanden, der um meine Träume und Hoffnungen und Sehnsüchte weiß. Jemanden, der mir vertraut und der mir vertraut ist. Ich wünsche mir das so sehr und schon so lange und ich verstehe nicht, wieso Hannos Blick kein Kribbeln in mir ausgelöst hat, sondern allenfalls ein schlechtes Gewissen.

»Ernst hat heute meinen Lieblingsschuh zerstört«, reißt Hanno mich aus meinen Gedanken.

Ich sehe zu ihm rüber, doch Hanno blickt recht stur auf die Straße. Die Stirn hat er leicht gerunzelt.

»Oh«, mache ich wenig geistreich.

»Fand ich ziemlich gemein von ihm. Ihm war wohl langweilig, als ich unter der Dusche war. Oder er wollte Aufmerksamkeit, keine Ahnung.«

»Vielleicht fand er die Schuhe auch einfach hässlich?«, mutmaße ich.

»Nein! Die waren toll. Und das weiß Ernst auch. Er hat schließlich Geschmack.«

»Hat er das?«

»Na klar. Du hättest mal sehen sollen, wie er sich letztens im Laden sein neues Bettchen ausgesucht hat. Nur das Beste war ihm gerade gut genug.«

Den Rest der Fahrt unterhält mich Hanno mit Anekdoten über seinen Mops. Und auch wenn ich den leisen Verdacht habe, dass er das tut, um mich abzulenken und damit ich nicht grübelnd vor mich hin starre: Es funktioniert.

Im Kino kauft Hanno unsere Tickets, obwohl ich protestiere.

»Willst du Popcorn?«, frage ich Hanno dann, um mich für die Tickets zu revanchieren.

»Natürlich will ich Popcorn.«

»Dann komm«, sage ich und deute in die entsprechende Richtung.

»Noch nicht, aber später gern.«

Ich lache. »Der war echt schlecht.«

»Er war großartig. Und du hast gelacht.«

»Ja, aus Mitleid.«

»Pah!«

Hanno wirft den Kopf in den Nacken und stolziert zum Popcornstand. Grinsend folge ich ihm.

Ich besorge Popcorn und Cola für Hanno und mich, dann gehen wir in den Kinosaal. Er ist mittelmäßig gefüllt, der Film läuft schon seit einiger Zeit.

Unsere Plätze befinden sich in der letzten Reihe und ich bin mir ziemlich sicher, dass Hanno Hintergedanken hatte, als er die Karten ausgesucht hat. Allerdings haben wir die Reihe nicht für uns allein. Neben mir sitzen drei Teenagerjungs, auf deren Stirn quasi Nerd tätowiert steht.

Der Film ist unterhaltsam. Irgendwann streift Hannos Hand über meinen Unterarm, erst nur leicht. Ein sanftes Streicheln. Auch wenn in mir nichts kribbelt und kein Feuerwerk explodiert: Ich mag seine Berührung, seine Nähe. Und so lehne ich mich leicht gegen ihn. Hanno scheint das zu ermutigen, denn er neigt seinen Kopf mir zu und haucht einen Kuss auf meine Schläfe. Seine Hand ist unterdessen meinen Arm hinuntergewandert, hat meine Finger gefunden. So zart wie sie vorhin über meinen Arm gestrichen sind, zeichnen seine Finger meine Finger nach, jeden einzelnen, bis Hanno unsere Finger miteinander verschränkt. Mit seinem Daumen malt er Kreise auf meinen Handrücken und Gott, ich mag es, dass da endlich wieder jemand ist, der mich berührt.

An Hanno gelehnt vergeht der Film wie im Flug und als er dann während des Abspanns leise raunt: »Magst du noch mit zu mir?«, da kann ich nur nicken. Sein Lächeln im Auto habe ich nicht vergessen und auch meine Bedenken nicht. Sie sind nach wie vor da. Und doch fühlt es sich zu gut an, um Nein zu sagen. Wer weiß, vielleicht kommt es ja doch noch, das Kribbeln und das tiefe innere Sehnen. Zuneigung ist da und Anziehung eigentlich auch. Das ist doch eine gute Basis.

Bei der Rückfahrt schweigen wir dieses Mal tatsächlich. Auch Hanno scheint seinen Gedanken nachzuhängen und ich hadere mit mir, ob ich wirklich mit ihm kommen soll und will und frage mich, wozu das noch führen wird. Werden wir miteinander schlafen? Will er das? Will ich das? Welche Konsequenzen würde es haben? Welche Konsequenzen hätte es, wenn ich doch nach Hause führe? Ist es die Angst davor, mich auf Neues einzulassen, die mich daran hindert, Gefühle für Hanno zu entwickeln? Habe ich sie und erkenne sie nur nicht, weil ich Angst habe? Oder sind sie tatsächlich nicht da?

Ich lehne den Kopf gegen die Scheibe und wünsche mir nicht zum ersten Mal, ich könnte mein Gedankenkarussell ausschalten.

»Wir sind da«, sagt Hanno plötzlich leise und hält vor einem zweigeschossigen Mehrfamilienhaus. »Sicher, dass du mit raufkommen willst?«

»Ja«, sage ich und lächle. Vielleicht wirkt mein Lächeln ein bisschen gezwungen, aber es ist nicht unehrlich. So breit wie das Lächeln, das Hanno mir daraufhin schenkt, ist es jedoch nicht.

Kurz darauf betrete ich hinter Hanno dessen Wohnung. Sie ist wie sein Auto: Bunt und kitschig und ein bisschen ironisch. Im Flur hängt eine große pinke Kuckucksuhr. Als ich – nachdem ich Schuhe und Jacke ausgezogen habe – das Wohnzimmer betrete, sehe ich über dem Sofa einen riesigen Ölschinken in intensiven Farben. Eine Jagdszene. Man sieht Wald, im Zentrum einen großen Hirsch, am linken Rand zwei Jäger. Vom Stil her könnte man meinen, man hätte es mit einem Gemälde aus dem vorvorigen Jahrhundert zu tun – wenn die beiden Jäger nicht, statt auf den Hirsch zu zielen, hemmungslos miteinander knutschen würden.

»Geiles Bild«, befinde ich.

»Ja, nicht wahr? Ich liebe es.« Hanno streicht sich durch den Bart. Kurz wirkt er unsicher, doch gleich ist er wieder sein übliches fröhliches Selbst. Er deutet auf das Sofa. »Setz dich doch. Willst du etwas trinken?«

»Gerne.«

»Bier? Irgendwo müsste ich auch noch Rotwein haben. Schnaps habe ich auch. Oh, und Schokolikör. Auch wenn ich den ehrlich gesagt scheußlich finde.«

»Bier ist gut.«

Hanno nickt und verschwindet in die Küche, nur um kurz darauf mit zwei Bierflaschen zurückzukehren. Er lässt sich neben mir auf das Sofa fallen und reicht mir eine Flasche.

»Prösterchen! Schön, dass du da bist.«

Ich proste Hanno zu und nehme einen Schluck von meinem Bier. Zwischen uns macht sich eine leichte Verlegenheit breit, die umso mehr Raum greift, da Hanno dieses Mal nicht mit Anekdoten über seinen Hund davon ablenkt.

Ich ertappe mich dabei, wie ich am Etikett meiner Bierflasche herumfriemele. Wie dumm.

»Hanno?«, frage ich und sehe auf. Erst jetzt wird mir bewusst, dass er mir zugewandt auf dem Sofa sitzt, den rechten Arm auf der Rücklehne abgelegt, sodass er mich beinahe im Nacken berühren könnte.

»Hm?«

»Darf ich dich etwas fragen?«

»Klar.«

Ich zögere, doch dann gebe ich mir einen Ruck. »Was ist das hier für dich?«

»Ähm. Zwei Männer, die gemeinsam ein Bier trinken?«

Ich lächle matt. »Das mit uns. Nicht nur wir jetzt.«

Hanno seufzt und lehnt den Kopf gegen die Rücklehne, hält den Blick aber unverwandt auf mich gerichtet. »Musst du das denn definieren?«

»Ich weiß nicht. Doch, ja, ich denke schon.«

»Hm. Wir mögen uns. Tun wir doch, oder? Ich mag dich jedenfalls.«

»Ich mag dich auch«, sage ich leise und denke dabei, dass mögen ein weites Feld ist.

Hanno lächelt. »Das ist schön.«

Ich sehe ihn weiter nachdenklich an und Hanno erwidert meinen Blick. Er hat so sanfte Augen. Ich glaube, das wird mir erst jetzt so richtig bewusst. Sie sind dunkelbraun und von langen Wimpern umrahmt. Sie strahlen Freundlichkeit und Friedfertigkeit aus, auch wenn er ernst dreinblickt.

»Wir…«, sagt Hanno und unterbricht sich sofort. Er fährt sich durch den Bart und seufzt leise, ehe er noch einmal neu ansetzt. »Ich würde einfach gerne schauen, wohin das mit uns führen könnte.«

Ich lehne nun auch meinen Kopf gegen die Rückenlehne und sehe Hanno an. Es ist schon ein bisschen verrückt, wenn ich daran denke, wie wir uns das erste Mal sahen. Ich, einsam und, nun ja, geil, und er, verrucht und wild und frei. Und jetzt, nur ein paar Wochen später, sitzen wir miteinander in seiner Wohnung und denken darüber nach, wohin das mit uns führen könnte. Und ja, ich möchte das auch gerne wissen. Auch wenn eine leise Stimme in mir unkt, dass es nicht besonders weit sein wird.

Ich nicke leicht. »Das finde ich schön.«

»Ja?«, fragt Hanno und seine Stimme ist tief und sanft wie seine Augen.

»Ja.«

Hannos Blick wird inniger und ich schlucke verlegen. Meine Augen wende ich jedoch nicht von seinen ab. Und dann beginnt Hanno langsam, unmerklich fast, die Distanz zwischen uns zu überbrücken. Er rutscht näher, beugt sich vor und dann, irgendwann, ist sein Gesicht kaum mehr als eine Handbreit von meinem entfernt. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut.

Wenn ich abhauen wollte: Jetzt wäre der Moment. Aber trotz aller Bedenken will ich nicht weg. Ich habe immer noch irgendwo die Hoffnung, dass das mit Hanno und mir mehr werden könnte. Wenn ich es schaffe, mich darauf einzulassen. Außerdem habe ich mir doch vorgenommen, meine Komfortzone zu verlassen. Es ist wirklich höchste Zeit, damit anzufangen. Ich sollte versuchen, die Dinge auf mich zukommen zu lassen. Nicht immer alles zu zerdenken. Mehr zu fühlen.

Und als Hanno schließlich seine Lippen auf meine legt, fühlt sich das gut an.

Ich schließe meine Augen und stelle mir bildlich vor, wie ich meine Gedanken, meine Bedenken von mir schiebe. In meinem Kopf ist jetzt kein Raum dafür. Da sind nur noch der Moment, das Jetzt – und Hanno.

Hanno schmeckt ein bisschen nach Bier und nach Popcorn. Sein Kuss ist wie Hanno selbst. Forsch, selbstbewusst und alles andere als zurückhaltend. Er macht es mir leicht, mich ihm zu überlassen. Sein Bart kratzt an meiner Haut, eine Hand liegt auf meinem Hinterkopf, die andere auf meinem Rücken. Er zieht mich enger an sich. Etwas zögerlich vielleicht lege ich meine Rechte auf seine Seite. Ich spüre die Wärme seines Körpers unter meinen Fingern. Ungewohnt, aber nicht schlecht.

Unsere Beine kommen sich ein wenig in die Quere und so richtig bequem ist es nicht, seitlich nebeneinanderzusitzen, mit verdrehten Oberkörpern, und sich zu küssen. Hanno unterbricht unseren Kuss und schwingt sich kurzerhand über meine Beine, sodass er rittlings auf meinem Schoß zu sitzen kommt. Dann umfasst er mein Gesicht mit beiden Händen und sieht mich so zärtlich an, dass ich ihn sofort küssen muss – damit er damit aufhört.

Jetzt, da wir bequemer und noch enger aneinandergeschmiegt sitzen, nimmt unser Kuss deutlich an Fahrt auf. Hanno lässt das letzte bisschen Zurückhaltung fallen. Mit allem, was er hat, drängt er mich zurück und ist so präsent dabei, dass ich es tatsächlich schaffe, nicht nachzudenken. Wenn ich nicht gerade daran denke, dass ich nicht denke, zumindest.

Ich weiß nicht recht, wie mir geschieht, da bin ich schon mein Hemd los. Gierig gleitet Hannos Blick über meinen nackten Oberkörper. Lange belässt er es jedoch nicht dabei, mich bloß anzusehen. Noch einmal küsst er mich tief und harsch, dann wandert er küssend und knabbernd immer tiefer. In der gleichen Bewegung lässt er sich vom Sofa gleiten, kniet sich zwischen meine Beine.

Als Hanno mit der Zunge in meinen Bauchnabel eintaucht, lässt mich das zittrig japsen. Den Kopf habe ich in den Nacken gelegt. Aus halb geschlossenen Augen beobachte ich, wie Hanno nach meinem Hosenknopf greift.

»Darf ich?«, fragt er mit belegter Stimme.

Ich kann nichts tun als zu nicken. Und dann öffnet Hanno auch schon meine Hose. Er hält sich nicht lange mit Vorgeplänkel auf, sondern fasst sofort in meine Shorts, schiebt sie nach unten und klemmt sie hinter meine Hoden. Mit einer Hand streicht er über meinen Penis. Den Blick glänzend darauf gerichtet leckt er sich über die Lippen.

»Darauf warte ich schon eine Weile«, haucht Hanno. Und dann nimmt er mich mit einem Mal so tief in den Mund, dass ich unweigerlich keuche und zustoße.

Hanno liebt es, zu blasen. Das merke ich jede Sekunde, die er mich mit seiner Zunge neckt, mich tief in sich aufnimmt. Er konzentriert sich ganz auf mich, scheint jede meiner Bewegungen, jeden Atemzug, jedes Seufzen, jedes Stöhnen zu registrieren und darauf zu antworten, um mich immer weiter zu treiben. Ab und an sieht er dabei auf und wenn sich unsere Blicke treffen, grinst er – so gut es eben geht in seiner Position – und zwinkert mir zu. Irgendwann öffnet er seine Hose und streichelt sich selbst in dem Takt, den er mit seinem Mund vorgibt.

Hannos Intensität habe ich nicht viel entgegenzusetzen. Meine Augen fallen zu und ich spüre dieses Kribbeln, das in meiner Wirbelsäule beginnt und sich rasch ausbreitet.

»Komme«, nuschle ich, um Hanno vorzuwarnen.

Hanno nimmt mich noch einmal tief in sich auf und vollführt eine Schluckbewegung, die mich Sterne sehen lässt. Dann entlässt er mich aus seinem Mund und ersetzt diesen durch seine Hand. Es braucht nur zwei Striche, bis ich komme.

»Du bist so sexy«, raunt Hanno und krabbelt wieder auf das Sofa und auf mich. Er nimmt meine Lippen in Beschlag für einen Kuss, in dem ich mich schmecke. Mir ist das unangenehm – nicht, weil ich etwas gegen meinen Geschmack habe, sondern weil es sich zu nah anfühlt. Hannos Hand ist unterdessen zu seinem Schwanz zurückgekehrt und er reibt sich rasch. Kurz darauf kommt er mit einem lang gezogenen Stöhnen auf meine Brust.

»So sexy«, summt Hanno erneut, den Blick auf sein Sperma auf meiner Haut gerichtet. Dann bricht er halb auf mir, halb neben mir zusammen, schmiegt sich an mich und verteilt kleine Küsse an meinem Hals. Ich streiche ihm sanft über den Rücken und finde ihn in diesem Moment fürchterlich niedlich.

»Schläfst du heute hier?«, fragt Hanno irgendwann leise.

»Ja«, antworte ich ebenso leise.

»Das ist schön.«

»Wollen wir vielleicht ins Bett gehen?«

»Ja, lass uns das machen.«

Mit einem leidenden Ächzen, das mich schmunzeln lässt, rappelt Hanno sich auf. Sobald er steht, hält er mir seine Hand hin und zieht mich vom Sofa.

»Hast du vielleicht eine Zahnbürste für mich?«, erkundige ich mich, während ich meine Hose richte.

»Klar.«

Auch Hanno schließt seine Hose. Er führt mich ins Badezimmer, wo er mir eine neue Zahnbürste aus einer Schublade zaubert und mir auch ein frisches Handtuch gibt. Dann lässt er mich allein und ich mache mich rasch bettfertig. Unter die Dusche hüpfe ich auch schnell, denn mein Oberkörper ist ziemlich eingesaut. Zum Glück hat meine Hose nichts abbekommen. Das wäre sonst morgen peinlich geworden, wenn wir die Hunde von Jana zurückholen.

Nachdem ich im Badezimmer fertig bin, mache ich mich, bekleidet nur mit meinen Pants, auf die Suche nach dem Schlafzimmer. Ich finde es rasch und muss schmunzeln, weil es genauso typisch Hanno ist wie der Rest seiner Wohnung. Im Wesentlichen besteht es aus einem riesigen Bett, neben dem eine exakte Kopie dieses Betts im Mops-Maßstab steht. Über dem Bett hängt ein Bild, das ähnlich dem im Wohnzimmer wie ein zweihundert Jahre altes Ölgemälde wirkt. Mit den beiden Männern, die man von hinten sieht, wie sie im Sonnenuntergang auf einem Hügel stehen und in die Ferne sehen, könnte es ein Caspar David Friedrich sein – wären die beiden Männer nicht nackt und würden sie nicht Händchen halten.

»Ich bin gleich wieder da«, sagt Hanno plötzlich.

Ich habe gar nicht bemerkt, dass er im Schlafzimmer ist. Kunststück, er war halb hinter der Tür verborgen. Dort steht ein reichlich kitschiger, irgendwie antik wirkender Sessel, auf den Hanno gerade seine Jeans gelegt hat. Jetzt steht er nur in Boxershorts vor mir und ich muss sagen, er kann sich schon wirklich sehen lassen. Dass er breit gebaut ist, wusste ich ja schon. Jetzt stelle ich fest, dass er auch durchaus muskulös ist – auch wenn sein Bauch etwas zu massig ist für einen Waschbrettbauch. Außerdem ist Hanno überall – bis auf seinen Kopf – üppig behaart. Wie ich es mir schon gedacht habe, als ich ihn das erste Mal sah: Hanno ist das Klischee von einem Bären.

Er bemerkt natürlich, dass ich ihn mustere. Er feixt mich an, zwickt mich kurz in den Hintern und verschwindet dann ins Badezimmer.

Ich krieche unterdessen in Hannos Bett. Hoffentlich hat er keine bevorzugte Seite, auf die ich mich versehentlich lege. Nun ja, wenn doch, wird er es mir schon sagen.

Hannos Bett fühlt sich fremd an, riecht fremd und ich mag das nicht. Zum Glück ist Hanno tatsächlich gleich wieder bei mir. Und offenbar hat die Zeit im Bad seinen Appetit wieder angefacht. Seine Boxershorts hat er gleich dort gelassen und er ist sichtlich erregt. Erleichtert stelle ich fest, dass sein Penis nicht so übergroß ist wie der Rest von ihm. Er ist ganz normal in Form und Größe und das gefällt mir viel besser.

In wenigen Schritten ist Hanno beim Bett angekommen. Statt sich einfach nur neben mich zu legen, rollt Hanno sich auf mich und nimmt meine Lippen in Beschlag. Ich muss schmunzeln, weil diese forsche, kompromisslose Art einfach so viel mehr Hanno ist als die abwartende Nachsicht, mit der er mich bisher behandelt hat.

Als ich Hannos Kuss erwidere und meine Arme um ihn schlinge, wandern seine Hände zu meinen Pants.

»Unnötiges, unnötiges Ding«, murmelt Hanno und entfernt selbige sofort.

Unter Hannos Berührungen kehrt meine Erregung rasch zurück. Wieder hält er sich nicht lang mit Feinheiten auf, sondern bringt bald unsere Schwänze zusammen, umfasst sie mit seiner Hand und reibt uns zielgerichtet dem Orgasmus entgegen. Seine Lippen nimmt er unterdessen nicht von meinen.

Nachdem wir gekommen sind, fischt Hanno ein paar Taschentücher aus einer Schublade hervor und reinigt uns provisorisch. Dann schlingt er seinen Arm um mich, haucht einen Kuss auf meine Schläfe und schmiegt sich an mich.

»Schlaf gut«, wispert er, und ich glaube, er ist schon halb eingeschlafen.

»Du auch.«

Ich streiche mit einer Hand sanft über Hannos Unterarm, der mich hält, was er mit einem zufriedenen Brummen quittiert. Dann, glaube ich, schläft er wirklich ein. Und ich, ich liege neben ihm und fühle mich leer.

Hanno ist warm und angenehm. Es ist schön mit ihm, leicht und fröhlich, und seine Nähe tut mir gut. Und ich mochte den Sex. Aber dieses »Mehr«, das fehlt. Da ist kein Gefühl von Zugehörigkeit, obwohl ich mir nichts sehnlicher wünsche. Vielleicht, so versuche ich mich zu beruhigen, entwickeln sich die Gefühle ja noch. Vielleicht brauche ich einfach noch ein bisschen Zeit. Es ist mir noch nie leichtgefallen, zu vertrauen.

Liebe in den Augen des Wolfs

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