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Noah

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Genesis 6–9

Bald erfüllte sich,

was Gott den Menschen zugesagt hatte.

Sie mehrten sich und füllten die Erde.

Aber je mehr sie an Zahl wuchsen,

desto größere Schuld häuften sie auf.

Kains Kinder trieben es noch schlimmer

als ihr Ahnvater Kain,

der seinen Bruder ermordet hatte.

Sie schmiedeten Waffen aus Eisen4,22

und säten Feindschaft unter den Völkern.4,23

Sie scheuten auch nicht

vor Kriegen zurück.

Und als Held galt,

wer die andern besiegte.6,4b

Als aber Gott sah,

dass die Menschheit von Grund auf

verdorben war und auch alles,

was sie in ihrem Herzen erdachte,

da war es ihm leid,

dass er die Menschen geschaffen hatte.

Und tief bekümmert sprach er

zu sich selbst: „Es reut mich,

dass ich die Menschen gemacht habe.

Ich will sie wieder von der Erde nehmen,

mitsamt allen Tieren.“6,5ff

Nur einer, Noah, fand Gnade bei Gott.

Er hielt sich zu Gott und hörte auf ihn.

Ihn wollte Gott am Leben erhalten.6,8f

Er sprach zu Noah:

„Bau dir ein Schiff!

Denn bald wird eine Flut

die ganze Erde heimsuchen.

Und alles, was lebt,

wird in den Fluten ertrinken.

Aber dich will ich am Leben erhalten.

Mit dir will ich meinen Bund schließen.“6,14ff

Da hörte Noah auf Gott.

Und er baute die Arche,

einen riesigen Kasten,

drei Stockwerke hoch,

mit zahllosen Kammern,

mit Tür und Fenster

und darüber mit einem Dach,6,15f

wie Gott ihm geboten hatte.6,22

Und Gott sprach zu Noah:

„Nun geh in die Arche mit deiner Frau,

deinen drei Söhnen und ihren Frauen.

Und wähle von allen Tieren ein Paar aus.

Bringe sie in die Arche hinein!

Auch sie will ich am Leben erhalten.“6,18f

Da hörte Noah auf Gott.

Er wählte von allen Tieren ein Paar aus

und brachte sie in die Arche.

Und Noah schaffte für sie

gewaltige Mengen an Futter herbei.

Darauf ging er selbst in die Arche,

mit seiner Frau, mit seinen drei Söhnen

und ihren Frauen.

Und Gott schloss die Tür hinter ihm zu.7,7ff

Sieben Tage lang

blieb es noch still auf der Erde.

Danach verschwand die Sonne

hinter den Wolken.

Der Himmel wurde ganz schwarz.

Ein furchtbarer Regen brach los.

Es schüttete. Es goss in Strömen.

Sogar aus den Tiefen der Erde

stieg das Wasser empor.7,10f

Die Fluten überschwemmten das Land.

Bald stand das ganze Land unter Wasser.

Menschen und Tiere ertranken.

Und immer noch goss es in Strömen.

Das Wasser stieg höher und höher,

bis zu den höchsten Bergen empor.

Schließlich war nichts mehr zu sehen,

nur Wasser – ein endloses Meer.

Aber die Arche trieb ruhig

auf dem Wasser dahin. 7,17ff

Hundertundfünfzig Tage lang

hielt der gewaltige Regen an.7,24

Da dachte Gott an Noah

und setzte dem Regen ein Ende.

Aber noch war alles Land

von den Fluten bedeckt.8,1

Tage und Wochen vergingen.

Das Wasser sank nur ganz langsam.

Die Arche trieb immer noch ziellos

auf dem Wasser dahin.

Endlich, nach Wochen, stieß die Arche

unter Wasser an eine Bergspitze.

Und bald darauf traten

auch die Berge wieder hervor.8,3f

Da öffnete Noah das Fenster der Arche

und ließ eine Taube hinausfliegen.

Aber die Taube kam am Abend zurück.

Sie hatte kein Futter gefunden.8,8f

Da wartete Noah noch eine Woche.

Danach ließ er die Taube

noch einmal hinausfliegen.

Und wieder kam sie zurück.

Doch diesmal hielt sie ein Blatt

vom Ölbaum im Schnabel,

als wollte sie sagen: Seht doch,

die Bäume tragen schon wieder Blätter!8,10f

Noch eine Woche verging.

Danach ließ Noah die Taube

noch einmal hinausfliegen.

Doch nun kam sie nicht mehr zurück.

Da deckte Noah das Dach ab und sah:

Das Land war überall trocken!8,12f

„Noah“, sprach Gott,

„nun geht aus der Arche,

du und deine Frau, deine drei Söhne

mit ihren Frauen, dazu alle Tiere!“

Da machte Noah die Tür weit auf.

Menschen und Tiere stürmten hinaus.

Noah aber baute zuerst einen Altar.

Darauf brachte er ein Dankopfer dar.

Gott hatte sein Versprechen gehalten.

Er hatte alle, Menschen und Tiere,

am Leben erhalten.

Aber noch lag ihre Zukunft im Dunkeln.8,15ff

Da sprach Gott zu Noah:

„Ich will in Zukunft nie mehr

die Erde verfluchen.

Und wenn die Menschen künftig

alles Leben auf der Erde zerstören,

so will ich dennoch die Erde erhalten.

Solange die Erde steht,

soll nicht aufhören

Saat und Ernte, Frost und Hitze,

Sommer und Winter, Tag und Nacht.“8,21ff

Und Gott sprach weiter zu Noah

und seinen Söhnen:

„Heute schließe ich meinen Bund

mit euch und euren Nachkommen:

Nie mehr soll eine Sintflut wie diese

die Erde heimsuchen.

Seht, meinen Bogen habe ich

in die Wolken gesetzt.

Der soll das Zeichen des Bundes sein

zwischen mir und der Erde.

Und wenn in Zukunft wieder

ein schweres Unwetter kommt,

dann blickt auf zum Himmel!

Dort steht in den Wolken mein Bogen.

Niemals will ich vergessen,

was ich euch zugesagt habe.

Mein Bund mit euch

und mit allen Geschöpfen

bleibt ewig bestehen.“9,8ff

Da schöpfte Noah Mut und fing an,

das verwüstete Land neu zu bestellen.

Er säte und pflanzte,

legte Äcker und Weinberge an.

Und Gott ließ wachsen und reifen,

was er gepflanzt hatte.9,20

– – –

Gott spricht:

Ich habe dich

einen kleinen Augenblick verlassen,

aber mit großer Barmherzigkeit

will ich dich sammeln.

Ich habe mein Angesicht

im Augenblick des Zorns

ein wenig vor dir verborgen,

aber mit ewiger Gnade

will ich mich über dich erbarmen.

Ich halte es wie zur Zeit Noahs.

Damals schwor ich,

dass die Wasser nicht mehr

über die Erde kommen sollten.

Denn Berge mögen einstürzen

und Hügel einfallen,

aber meine Gnade

soll nicht von dir weichen

und mein Friedensbund

soll nicht zerstört werden.

aus Jesaja 54

Gottes Bund mit Noah bildet das Herzstück der Urgeschichte. Es ist die Antwort Gottes auf die verhängnisvolle Entwicklung der Menschheit, die unausweichlich zur globalen Katastrophe führt. Mit der Sintflut droht Gottes gute Schöpfung gleich zu Anfang wieder ins Chaos zurückzufallen. Ihr geht in den vorangehenden Kapiteln ein langer Prozess voraus, der durch die Verkettung einzelner Geschichten zunehmend an Schärfe gewinnt und mit dem Menschen die ganze Schöpfung in den Abgrund zu reißen droht. Was anfänglich mit einer einzelnen Tat zweier Menschen begonnen hat (3,1ff), zieht mit Kains Nachkommenschaft immer weitere Kreise (4,17ff) und übersteigt am Ende alle menschliche Vorstellungskraft. (So z.B. in 6,1ff, wo, gleichsam als Auftakt zur Sintfluterzählung, die übermenschlichen Folgen menschlicher Maßlosigkeit aufgezeigt werden.) Je mehr Menschen auf der Erde leben, desto mehr Schuld häufen sie an und verwandeln so Gottes Segen (s. 1,28: „Seid fruchtbar und mehrt euch!“) ins Gegenteil. Nun lässt sich die Sünde des Menschen nicht mehr an einzelnen Taten auflisten, vielmehr gilt ganz grundsätzlich: „Das Dichten und Trachten des Menschen“ ist von Grund auf verdorben (6,5; 6,11ff). Insofern muss sich der Mensch auch selbst die Schuld an der Zerstörung der Schöpfung zuschreiben. Was sich auf den ersten Blick als gnadenloses Strafgericht Gottes liest, erweist sich in Wahrheit als unerbittliche Konsequenz dessen, was die Menschen auf der Erde angerichtet haben.

Umso erstaunlicher, was die Sintfluterzählung über Gott aussagt! Schon die einleitenden Verse in 6,4ff zeigen an: Gott ist kein Despot, der aus sicherer Distanz gnadenlos mit seinen Menschen verfährt, sondern selbst im Gericht bleibt er seinen Menschen ganz nah. Es ist ihm nicht gleichgültig, was aus seinen Geschöpfen wird, sondern es „bekümmert ihn in seinem Herzen“, ja, es „reut“ ihn, dass er die Menschen gemacht hat (6,6). Mit ganz menschlichen Zügen wird Gottes Schmerz über den Irrweg seiner Geschöpfe beschrieben. Damit wird bereits in der Einleitung angezeigt: Nicht Vernichtung, sondern Bewahrung seiner Schöpfung ist das Ziel der Wege Gottes, auch durch das Gericht hindurch.

Das ist die frohe Botschaft dieser sonst so bedrückenden Geschichte. Sie findet ihren sichtbaren Ausdruck in dem Bild der Arche (in Wirklichkeit nichts anderes als ein riesiger schwimmender „Kasten“), die mitten in der Zerstörung die Hoffnung auf Gottes Neuanfang wachhält. Diese Hoffnung wird im Verlauf der Erzählung immer wieder durch Sätze wie diese erinnert: „Aber Noah fand Gnade bei Gott“ (6,8). „Der Herr schloss (die Arche) hinter ihm zu“ (7,16b). „Gott gedachte an Noah“ (8,1). Damit wird der Ernst des Gerichtes, das mit der Sintflut ergeht, nicht aufgehoben. Aber mitten im Gericht leuchtet Gottes Gnade und Fürsorge auf. Sie ist allein in Gottes Treue begründet.

Dass Gott dennoch am Menschen festhält, trotz seines Versagens, das ist das Wunder, von dem auch das Ende der Geschichte erzählt: Gott schenkt der Menschheit einen Neuanfang und besiegelt ihn durch seinen Bund mit Noah und dessen Nachkommen. In diesen Bund ist die ganze Schöpfung mit eingeschlossen. Als sichtbares Zeichen seines Bundes setzt Gott seinen Bogen in die Wolken. Der Bogen erinnert viele Ausleger an einen Kriegsbogen. Als solcher hat er ein für allemal ausgedient. Gott erklärt mit diesem Zeichen seiner Schöpfung für immer den Frieden. Als Regenbogen wird er in Verbindung mit Gottes Zusage zum Zeichen der Hoffnung über einer zerstörten Erde. Durch ihn sollen nicht nur die Menschen an Gottes Versprechen erinnert werden, sondern Gott bindet sich selbst an dieses Zeichen seiner unverbrüchlichen Treue. Er „gedenkt“ an seinen Bund (hebr. sachar, 9,15). Das bedeutet im Klartext: Mögen auch die Menschen vergessen, was Gott versprochen hat – Gott vergisst nicht und hebt niemals auf, was er ein für allemal zugesagt hat!

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