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Melchisedek
ОглавлениеGenesis 14
Abram wohnte im Hain Mamre
nicht weit von der Stadt Hebron entfernt.
Dort lebte er im Frieden
mit all seinen Nachbarn
und genoss hohes Ansehen
bei den Bewohnern des Landes.14,13b
Und Gott schenkte Abram
großen Reichtum an Silber und Gold.13,2
Und die Zahl seiner Hirten und Herden
nahm immer mehr zu.
So herrschte lange Zeit Frieden im Land.
Doch eines Tages jagte ein Bote heran.
Entsetzt meldete er Abram:14,13
„Drunten im Jordantal
tobt ein furchtbarer Krieg.
Vier Könige aus dem Osten
sind in das Land eingefallen.
Sie haben Sodom geplündert
und alles mitgenommen,
was sie dort fanden.
Auch Lot wurde verschleppt.“14,1ff
Da sammelte Abram
alle seine Knechte um sich,
318 an der Zahl,
eilte mit ihnen hinunter ins Tal
und jagte den Feinden nach.
Und als es Nacht wurde,
fiel er mit seinen Knechten über sie her,
nahm ihnen die reiche Beute ab
und befreite Lot, seinen Neffen,
mitsamt allen anderen,
die verschleppt worden waren.14,14ff
Im Siegeszug kehrten sie heim,
mit reichen Schätzen beladen.
Doch als sie noch unterwegs waren,
kam ihnen Melchisedek,
der König von Salem, entgegen,
gefolgt vom König von Sodom.
Feierlich schritt Melchisedek
auf Abram zu
und brachte ihm Brot zum Gruß
und eine Schale mit Wein.
„Ich bin Melchisedek“, sprach er,
„Priester des höchsten Gottes.
Gesegnet bist du, Abram,
von Gott, dem Höchsten,
der Himmel und Erde schuf.
Gelobt sei der Höchste,
der dir den Sieg geschenkt hat.“14,16ff
Da holte Abram seine Schätze hervor
und legte sie in die Hände des Priesters.
Von allem gab er den zehnten Teil ab.
Die restliche Beute gab er
dem König von Sodom zurück.
Aber der König von Sodom
wollte nichts nehmen.
„Behalte die Beute für dich!
Gib mit nur meine Leute zurück.“14,20f
„Nein, nichts nehme ich an“,
erwiderte Abram.
„Bei Gott, dem Höchsten,
der Himmel und Erde erschuf.
Ich schwöre dir:
Nicht einen Faden,
nicht einen einzigen Schuhriemen,
fasse ich an.
Sonst sagst du am Ende,
du hättest mich reich gemacht.“14,22ff
So gab Abram dem König alles,
was er erbeutet hatte, zurück.
Mit leeren Händen kehrte er
zu seinen Zelten zurück.
Aber der Segen Gottes ging mit ihm
und ruhte auf ihm.
Von diesem Tag an
herrschte wieder Frieden im Land,
solange Abram lebte.
Auf den ersten Blick erscheint diese Erzählung wie ein Fremdkörper im Rahmen der Abrahamsgeschichte. Vermutlich handelt es sich auch um eine ursprünglich selbstständige Überlieferung. Aber durch ihre Einbindung in den Kontext der Abrahamsgeschichte wird die universale Dimension der Segensverheißung deutlich („Durch dich sollen alle Völker der Erde gesegnet werden“; 12,3). Die ungewöhnlich detaillierte Erzählung vom Krieg der vier Könige aus dem Osten stellt Abrams Familiengeschichte in den Horizont der Völkergeschichte, wie sie bereits durch die Völkertafel in Gen 10 vorgezeichnet war. Aber anders als dort verwandelt sich hier der Fluch, der auf der Urgeschichte lag, in eine Segensgeschichte. Abram wird nicht nur zum Segen für die heidnischen Bewohner des Landes, sondern auch umgekehrt: Durch einen heidnischen (!) Priesterkönig wird Abram der Segen des „höchsten Gottes“ zuteil. Es bleibt offen, wer dieser „höchste Gott“ ist, dem Melchisedek dient. Aber Abram nimmt seinen Segen an und ehrt ihn als Priester Gottes, indem er ihm den Zehnten von seiner Beute abgibt, wie es in späterer Zeit den Priestern in Israel zustand (vgl. Ex 29,28; Num 18,20ff). Der Gott, „der Himmel und Erde geschaffen hat“, ist auch sein Gott, der „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“. Im Namen dieses einen Gottes kann Abram im Frieden mit den Bewohnern des Landes leben.