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Kapitel 9 – Die langweilige Braukunst und die interessante Zauberstabkunde

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Auf dem Weg zum Unterricht war Klars in seinen Gedanken versunken. Er hatte den anderen erklärt, dass er ihnen nur das Gefühl beschreiben könne, dass er hatte, wenn er an den Stab dachte. Aber nicht direkt wusste, wie er die Verbindung mit diesem aufnahm. Zunächst hatte Mako geknickt ausgeschaut, aber dann hoffte er, dass es Klars vielleicht irgendwann wissen würde. Am Ende hatte Thomas gemeint, dass sie nun eine eingeschworene Bruderschaft wären, die ein wichtiges Zauberergeheimnis hüten würden.

Jetzt, nachdem er sich offenbart hatte, fühlte er sich irgendwie mies. Es war ihm so, als hätte er seinen Zauberstab verraten. Es hätte geheim bleiben sollen, es war eine Sache zwischen ihnen beiden und solange er selbst noch nicht genau den weiteren Verlauf kannte, hätte er es für sich behalten sollen.

Erst später würde Klars tatsächlich froh darüber sein, Verbündete zu haben. Doch für den Moment war er nicht glücklich.

Den Raum zu ihrer nächsten Stunde – »Braukunst« – fanden sie recht schnell. Derricks Bruder hatte ihm diesen am Vortag gezeigt. Auf dem Weg dorthin witzelte Derrick: »Am Ende lernen wir hier noch Bierbrauen.«

Die meisten lachten, nur Phillipé nicht. Dieser erwiderte: »Hab mir schon gedacht, dass ihr an der Bauernschule besser aufgehoben wäret.«

Sofort hörten alle auf zu lachen – Philippé verstand es, die Stimmung zu kippen – und den restlichen Weg gingen sie schweigend.

Der Brauraum war sehr groß und hell. Er sah aus wie ein typisches Labor, fand Klars. An jedem Tisch befanden sich Mikroskope, Waschbecken und große Kessel. An den Wänden hingen verschiedene Plakate über die Verhaltensregeln oder die Wirkungen bestimmter Kräuter.

Klars setzte sich so weit hinten hin, wie er konnte, er wusste nicht, ob ihm das Brauen liegen würde und wollte deswegen lieber nicht von allzu vielen beobachtet werden. In einer Reihe standen jeweils zwei lange Tische. Am Tisch nebenan setzte sich Mako. Er grinste ihn an und reckte den Daumen hoch. Dann flüsterte er: »Hast recht, von hinten haben wir den besten Überblick. Und keiner kann unsere Tricks abschauen.«

Er zwinkerte und Klars lachte in sich hinein. Noch war keine Lehrkraft im Raum, sie waren schon gespannt, wer es sein würde. Doch eine Frau hätten sie nicht erwartet. Brauen kam ihnen eher als etwas typisch männliches vor. Kurz nach ihnen schritt von hinten eine schwarzhaarige, etwa vierzigjährige Frau herein und stellte sich vorne hinter den Lehrertisch, welcher wie die von den Schülern ausgestattet war.

Klars mochte sie auf Anhieb. Ihr Lächeln war nett und ihre Stimme klangvoll. »Guten Tag, mein Name ist Miss Ciatelle,« begrüßte sie die Schüler, »ihr werdet bei mir die schwere Kunst des Brauens lernen. Am Anfang werdet ihr es eher langweilig finden. Denn wir lernen zunächst die Theorie. Ohne die Sicherheitshinweise geht nichts und außerdem müsst ihr etwas über die Arten der Tränke erfahren.«

Klars schaute hinüber zu Mako. Dieser gähnte theatralisch, wodurch Klars erneut lachen musste. Doch tat er es so leise, wie er konnte – er wollte die neue Lehrerin nicht verärgern.

Diese ließ sich nicht stören. Sie mussten einen Block zur Hand nehmen und die Zaubertrankarten mitschreiben. Miss Ciatelle erklärte: »Es gibt unendlich viele Unterarten, ihr lernt heute nur die Hauptkategorien. Im Laufe eures Studiums werden noch viele Oberkategorien, also eine Stufe weiter unten, hinzukommen.«

Dann schrieb sie jene auf und erläuterte sie kurz: »Es sind zwei Hauptkategorien zu verzeichnen. Da wären einerseits die Zustandstränke, damit könnt ihr Elemente bei Lebewesen verändern, sie teilweise heilen oder auch vergiften. Und andererseits die Effekttränke, diese sind vor allem zum Werfen da, sind also bei Kämpfen sehr wichtig. Unser erster Trank wird ein Effekttrank sein.«

Damit endete das Spannende der Stunde. Die restliche Zeit erklärte sie ihnen alles, was sie zur Sicherheit zu beachten hatten. Klars fand es enttäuschend, dass sie im ersten Jahr keinen Zauberstab beim Brauen verwenden durften. Es war zu gefährlich, da sie das Zaubern noch nicht gut genug konnten. Stattdessen würden sie die Zutaten auf traditionelle Weise mit dem Messer schneiden und einem Löffel umrühren.

Während Klars sich beim Brauunterricht langweilte, hatte Nami Zauberstabkunde. Wie ihr es euch vielleicht denken könnt, war dies mein Lieblingsfach. Schon nach der ersten Woche wusste ich, dass ich später einmal in einem Zauberstabladen arbeiten würde, es gab da keinen Zweifel. Die Zauberstäbe sind so faszinierend, jeder mit seinem eigenem Wesen und Temperament und – Entschuldigt, ich bin schon wieder abgeschweift.

Jedenfalls saß Nami gerade in der ersten Reihe neben Elizabeth und lauschte gebannt den Worten ihrer Lehrerin Miss Miberson. Diese sprach gerade über die verschiedenen Maserungen und dass man daran erkennen könne, wie impulsiv der Stab sei.

»Je rauer, desto schwieriger wird es, den Zauberstab zu kontrollieren,« erklärte sie, »hat er jedoch überhaupt keine Erhebungen, ist er schneller untreu. Somit geht bei diesem ein Besitzerwechsel schnell vonstatten, was für Verkäufer natürlich ideal ist. Für den Besitzer ist es jedoch anstrengend, eine tiefe Beziehung einzugehen.«

Nami war fasziniert und freute sich bereits auf den Teil, wo sie den eigenen Zauberstab analysieren sollten.

In der zweiten Hälfte der Stunde war es so weit. Sie schlugen ihr Buch an der entsprechenden Seite auf und arbeiteten gemeinsam in Partnerarbeit. Nami ließ Elizabeth den Anfang machen.

»Also mein Zauberstab ist relativ kurz und weich, aber nicht vollkommen glatt. Außerdem ist er sehr hell. Hm, also kurz steht für eine langsame Geschwindigkeit und Helligkeit für Klugheit. Weich, aber nicht ganz glatt …«

Nami fiel ihr ungeduldig ins Wort: »Heißt, dass er leicht zu handhaben ist und schnell Vertrauen aufbringt.«

Sie stutze kurz, es war ihr peinlich, wie sie Elizabeth unterbrochen hatte. Doch sie war erleichtert, als Elizabeth lachte: »Du bist da ja ganz Feuer und Flamme. Jetzt bin ich mal auf deinen gespannt.«

In diesem Moment trat Miss Miberson zu ihnen und wartete auf Namis Analyse. Sie schaute Nami auffordernd an, worauf diese tief durchatmete und ehrgeizig begann: »Der Stab hat einen rötlichen Schimmer, was für Impulsivität steht. Außerdem hat er einige Erhebungen und ist rau, aber nicht in der obersten Kategorie. Er hat also einen eigenen Willen, aber beugt sich am Ende dem Halter. Und seine Länge – die ist mittelmäßig. Etwa 30 Zentimeter. Also ist die Effektgeschwindigkeit genau ideal.«

Erwartungsvoll schaute sie zu Miss Miberson auf, welche sich bei der Analyse über Nami gebeugt hatte. Jetzt nickte sie und meinte: »Einen sehr guten Zauberstab hast du da. Doch es ist wichtig, dass du ihn zu kontrollieren lernst, denn sonst wirst du seine volle Stärke niemals erreichen.«

Nami war stolz. Sie hatte ihren Stab richtig analysiert und Miss Miberson diesen als gut bezeichnet. Sie fand, dass ihr Start an der Schule nicht viel besser verlaufen hätte können. Am vorigen Tag beim Essen war zwar ein kleiner Dämpfer gewesen, doch jetzt war sie wieder in Hochstimmung.

Klars hockte nach einem anstrengen Tag in seinem Zimmer. Es war bereits Bettruhe, deshalb saß er im Dunkeln auf seinem Bett. Er sah das dunkle Schulhaus an. Kein Licht brannte und die Laternen waren auch ausgeschaltet. Es durfte ja niemand mehr draußen sein und die Lehrkräfte konnten sich auch mit ihrem Zauberstab Licht verschaffen. Er sah hoch zum Himmel, keine Wolke war zu sehen, nur all die Sterne und eine dünne Mondsichel. Doch am liebsten mochte er die Sicht zum Wald. Dieser war düster und unheimlich. Wie gerne würde er dort einen Nachtspaziergang machen. Vielleicht konnte er ihn sich zumindest einmal untertags anschauen. Am Wochenende durften sie das Schulgelände verlassen, dann würde er das auf jeden Fall tun. Hoffentlich war dann auch Mako da.

Klars hatte beschlossen, die ersten Wochen nicht nach Hause zu fahren. Es gab hier so viel zu entdecken und er wollte die Zeit am Wochenende dafür nutzen. Er wollte sich gerade hinlegen und die Augen schließen, als er etwas sah. Ein Schatten kam aus dem Wald heraus. Klars konnte nichts Näheres erkennen, wäre es doch nur Vollmond gewesen. Die Gestalt kam näher, sie hielt sich eng an die Wand des Schulgebäudes gedrückt. Nun, da sie näher war, konnte Klars sehen, dass die Person eine Kapuze trug und nach vorne gebeugt lief. Er drückte sich fest gegen die Scheibe, er wollte mehr erkennen. Plötzlich hob sich die Kapuze und die Öffnung zeigte Richtung Klars. Dieser erschrak so sehr, dass er sich sofort vom Bett fallen ließ. Hoffentlich hatte man ihn nicht gesehen. Er war sich sicher, dass diese Gestalt nichts Gutes im Schilde führte und hatte deshalb Angst, erkannt worden zu sein. Er wusste, dass man von außen eigentlich nicht hereinschauen konnte. Aber traf das auch für dieses Wesen zu?

Er wartete eine Ewigkeit, bis er wieder aufs Bett stieg. Sein Herz raste noch immer und er atmete schwer. Langsam warf er wieder einen Blick nach draußen. Was, wenn die Person nun vor seinem Fenster stand? Das Zimmer war zwar erhöht, aber eine große Person könnte auf der Veranda stehen und hineinschauen oder davor fliegen. Doch – nichts. Alles war wieder leer. Vorsichtshalber stand er zitternd auf und schloss den Vorhang. So schön die Fenster von der Decke bis zum Boden zuvor noch waren, so Angst machte das offene Zimmer ihm jetzt. Er kam sich vor, als würde er auf einem Präsentierteller liegen. Für jeden weithin sichtbar.

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