Читать книгу Die Legende vom Feuermal - Ivonne Hufnagl - Страница 9

Kapitel 7 – Ein kleiner Wettstreit

Оглавление

Am nächsten Morgen hatte Klars Angst, er würde den Zauberstab nicht mehr von seinem Arm entfernen können. Doch er hatte sich zu früh Sorgen gemacht. Als er ihn mit der Hand umgriff, löste er sich sofort vom Arm und die Wurzeln, die es um diesen geschlungen hatte, verschwanden im Stab. Fürs Erste wollte er diese Verbindung verborgen halten und deshalb war er auch froh, dass die Schuluniform langärmlig war.

Nach dem Frühstück hatte Klars wieder Zauberunterricht. Er war schon gespannt, denn Mister Clüdo hatte angekündigt, dass sie ihren ersten Spruch lernen würden. Auch Mako war bereits Feuer und Flamme. Auf dem Weg zum Klassenzimmer hüpfte er vor Klars herum und meinte: »Und was denkst du, was wir lernen? Die meisten lernen zunächst einen Lichtzauber. Aber vielleicht ist es ja auch ein Schwebezauber oder ein Verkleinerungszauber.«

Thomas, welcher vor ihnen ging, drehte sich um und sagte: »Ein Verkleinerungszauber ist viel zu schwer für Anfänger. Der kommt sicherlich erst im nächsten Jahr dran.«

Von hinten meldete sich Philippé: »Bis dahin werde ich schon im Fortgeschrittenen-Kurs sein und nicht mehr bei euch Langweilern herumhängen.«

Klars konnte hier nicht länger ruhig bleiben: »Ich wette, dass ich heute den Zauber schneller lerne als du! Und wenn das so ist, dann hörst du endlich auf, dich immer aufzuspielen.« Die Antwort Philippés war ein Lachen.

Mister Clüdo spannte die Kinder nicht lange auf die Folter. Statt sie zu begrüßen, war sein erstes Wort: »Bewegung.« Mako fing schon zu grinsen an, währen Klars sich noch fragte, was das für ein Zauber sein sollte. Doch dann sah er die Bälle an den Wänden stehen. Sehr kleine Bälle, etwa handtellergroß. Mister Clüdo erklärte weiter: »Eure Aufgabe wird es heute sein, diese Bälle in Bewegung zu bringen. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten, zum Beispiel einen Windzauber oder sie schweben zu lassen. Doch das Einfachste ist, ihn mithilfe eurer Kraft nach vorne zu drücken. Ich zeige es euch einmal.«

Er holte seinen Zauberstab aus dem Jackett, schwang ihn kreisförmig und zeigte dann auf einen Ball. Dieser fing zu Rollen an und stoppte erst, als er gegen die Wand prallte.

»Ihr braucht eure Zauber nicht aussprechen. Wenn ihr eine gute Bindung habt, dann versteht der Stab euch auch so. Außerdem benötigt ihr keine festen Sprüche, im Laufe der Zeit werdet ihr feststellen, welche Worte zum Ziel führen. Doch als kleine Hilfe werde ich euch selbstverständlich den Grundwortschatz beibringen. Denn aus langer Erfahrung weiß ich, dass es nicht alle von euch schaffen werden, Zauber mit eigenen Worten zu vollbringen.«

Er pausierte und lächelte in die Runde. Mako war immer noch aufgeregt und konnte kaum ruhig stehen. Derrick und Brian nickten nur kurz, ihre Blicke waren zielstrebig und Ted schaute etwas verunsichert. Über ihn wusste Klars bisher am wenigsten. Am Vortag war er mit Thomas abgehangen, doch selbst hatte er mit ihm noch kein Wort gesprochen.

»Gut, holt bitte eure Zauberstäbe raus.«

Klars bemerkte, dass nur noch Ted und Thomas ihre Stäbe in der Schatulle aufbewahrten. Die anderen holten ihren aus der Jackett-Tasche – bis auf Klars, welcher ihn aus dem Ärmel zog.

»Stellt euch alle vor einen Ball. Genau, dann können wir also anfangen. Konzentriert euch vollkommen auf den Ball. Ihr dürft an nichts anderes denken und stellt euch dann vor, wie er nach vorne rollt. Und wenn ihr denkt, dass ihr konzentriert genug seid, dann schwingt euren Stab im Kreis, richtet ihn auf den Ball und sagt vor. Dies ist ein allgemeines Wort, wenn ihr wollt, dass sich etwas nach vorne bewegt. Also los.«

Für eine kurze Zeit herrschte völlige Stille. Der Erste, der mit kräftiger Stimme »vor« sagte, war Derrick. Alle schauten zu ihm hin, doch nichts passierte. Mister Clüdo hatte sich hinter ihn gestellt und meinte: »Du musst dich besser konzentrieren. Am Anfang fehlt die Bindung zwischen dir und deinem Zauberstab, es braucht etwas, bis er sich auf dich einstellen kann. Aber die Drehung war schon ganz gut. Vielleicht noch gezielter auf den Ball zeigen.«

Jetzt waren wieder alle auf sich konzentriert, getrieben von der Wette von Klars und Philippé, wollte nun jeder der Erste sein, der den Ball zum Rollen brachte. Und es dauerte nicht lange, da hörte man nur noch ein Durcheinander der Sprüche. Als es die ersten Male nicht klappen wollte, war Klars schon kurz davor, einfach aufzugeben. Aber Aufgeben würde ihn auch nicht besser machen. Also versuchte er es nochmal mit dem Konzentrieren. Er schaute den Ball ganz genau an und fokussierte seine Gedanken auf diesen.

Da war es wieder – das Gefühl. Dasselbe, das er am Vorabend gehabt hatte. Er wusste, dass es gut war. Mit diesem würde er alles schaffen. Doch er musste aufpassen, nicht, dass wieder die Flammen kamen. In Gedanken teilte er seinen Wunsch mit und dann, als er sich sicher war, dass diese Macht nur bei dem Ball war, flüsterte er: »Vor.«

Was dann geschah, hätte er nicht erwartet: der Ball schoss nach vorne und prallte laut gegen die Wand. Der Stoß war so stark, dass er bis zu Klars zurückrollte. Mister Clüdo klatschte und rief: »Fantastisch! So schnell und stark. Von dir erwarte ich Großes, Klars.«

Klars lächelte stolz. Philippé warf ihm einen wütenden Blick zu, doch das machte ihn nur noch glücklicher.

Nach der Zauberstunde war Klars Gesprächsthema Nummer Eins. In der Stunde hatte es sonst nur Brian geschafft, den Ball gegen die Wand rollen zu lassen. Derrick hatte ein kleines Zucken zustande gebracht. Nach der Stunde klopfte dieser Klars auf die Schulter und lobte: »Krasse Sache, Mann. Ich dachte vorher noch, dass du nur eine große Klappe hättest. Aber du bist ja wirklich der Beste.«

Doch Klars hatte gar nicht so viel Gehör für ihn, denn er bemerkte, wie Mako mit Thomas sprach und dabei geknickt wirkte. Schnell lief er zu ihnen. Doch als er ankam, verstummte Mako sofort und schaute auf den Boden. Thomas sagte an Klars gewandt: »Du musst mir eindeutig Nachhilfe geben.«

Klars lachte: »Das war nur ein Zauber. Beim Nächsten läuft es bestimmt nicht so glatt.«

Zwischen zehn und zwölf Uhr hatten die Kinder in der ersten Woche Grundlagentraining. Mister Trine lehrte ihnen die Sitten an der Zaubererschule. Klars hatte nicht geahnt, dass so viel zu beachten war. Die Vorzüge, die die besten Schüler hatten, hatte er schon beim Abendessen beobachtet, doch dass diese auch Aufträge erteilen konnten, wusste er nicht. Als er noch darüber nachdachte, betonte Mister Trine gerade: »Und denkt daran, einem höheren Zauberer schaut man nicht länger als nötig in die Augen. Ihr habt ihnen den erforderlichen Respekt zu zollen. In der Schule braucht ihr das zwar nicht anzuwenden, da wir hier etwas offener sind, aber in der Welt draußen werden sie es von euch erwarten. Ted, könntest du bitte noch einmal wiederholen, wie ihr bei einem Gespräch mit einem hochrangigen Zauberer umgeht?«

Ted, welcher sich auf seinem Arm aufgestützt hatte, zuckte zusammen und sagte leise: »Den Kopf bei der Begrüßung leicht nach unten neigen, dabei aber Blickkontakt halten und sobald der höhere Zauberer etwas sagt, nach unten schauen. Und … und bei einer Frage an uns, schauen wir bei der Antwort wieder in seine Augen.«

Klars freute sich schon auf den Moment, wenn er der höchste Zauberer sein würde. Denn er war sich sicher, dass er das eines Tages werden würde.

Als Nächstes lernten sie bei Mister Trine, wie man bei einem Notfall Hilfe holen sollte.

»Wenn es sich um einen Unfall handelt, der nichts mit Zauberei zu tun hat, dann könnt ihr natürlich weiterhin mit einem Telefon den Notruf holen. Sollte es sich jedoch um eine Angelegenheit handeln, bei der es um Zauberei geht, beispielsweise eine Vergiftung durch einen Zaubertrank oder ein Kampf zwischen Zauberern, dann müsst ihr auf jeden Fall mit dem Zauberstab handeln,« erklärte er ihnen, »in diesem Fall haltet ihr euren Stab nach oben und ruft Hilfe, euren Namen und euer Anliegen. Als Abschluss sagt ihr noch einmal Hilfe und der Notruf ist beendet. Gute Zauberer können mit ihrem Stab auch richtig kommunizieren, aber das wäre im Moment noch viel zu schwierig für euch. Wir können den Zauber jetzt nicht üben, da ein falscher Notruf streng bestraft wird, aber ihr könnt euch darauf verlassen, dass es funktioniert. Dies wurde den Stäben bereits von ihrem Hersteller gelehrt, damit sich wirklich keiner Sorgen zu machen braucht.«

Dies kann ich euch nur bestätigen. Wenn ich einen neuen Stab finde, muss ich ihn erst auf sein Leben als Zauberstab vorbereiten. Er lernt seine Aufgaben und wie mit ihm kommuniziert wird. Außerdem wird eben auch der Notrufzauber eingeübt. Erst, wenn der Stab dies perfekt kann, steht er zum Verkauf zur Verfügung. Er benötigt nur eine winzige Prise an Magie, die übrigens jeder Mensch in sich hat, um den Notrufzauber zu vollbringen. Somit ist gewährleistet, dass wirklich jeder, ob gelernter Zauberer oder nicht, diesen Zauber ausführen kann. Jetzt bin ich ganz schön abgeschweift – wie so oft, ich weiß. Nun zurück zu den jungen Schülern, sie hatten gerade ihr Mittagessen zu sich genommen. Aber Mako war weiterhin übel gelaunt gewesen.

Nachdem er also während des gesamten Essens kein Wort mit Klars gewechselt hatte, kam Klars vor dem Nachmittagsunterricht in Makos Zimmer. Dieser saß auf dem Bett und las ein Buch: »Zaubern für Anfänger«. Obwohl er Klars bemerkt hatte, schaute er nicht auf. Also erkundigte sich Klars: »Ich wollte mal fragen, was los mit dir ist. Seit dem Zaubern bist du mies drauf und scheinst mich zu ignorieren.«

Mako blieb stumm und tat so, als hätte er nichts gehört. Doch Klars gab nicht auf, er setzte sich neben ihn und schubste ihn sanft: »Hey, ich weiß, dass du dich aufs Zaubern gefreut hast. Beim nächsten Mal wird es sicherlich was. Das ist doch reine Übung.«

Bei Klars letztem Satz warf Mako das Buch auf das Kopfkissen und stand auf. Nun sprach er zu Klars mit lauter Stimme: »Reine Übungssache? Wieso konntest du es dann so gut? Kannst du mir das einmal erklären? Du meintest gestern noch, dass du bisher kein einziges Mal gezaubert hast.«

Klars hatte es die Sprache verschlagen. Denn irgendwie hatte Mako recht, nur wusste er das nicht. Es war nicht nur Übung, dass Klars an diesem Tag so gut gewesen war. Es war diese Macht, die er am Vorabend verspürt hatte. Er wusste, dass die Zeit gekommen war, es jemandem zu offenbaren. Und er wusste auch, dass er Mako vertrauen konnte. Er sammelte seinen ganzen Mut und meinte dann: »Ich muss dir etwas zeigen, Mako. Da ist tatsächlich etwas, warum ich heute so gut war. Setz dich und ich zeige es dir. Aber es muss unser Geheimnis bleiben, okay?«

Mako starrte ihn ungläubig an, doch er tat, wie befohlen. Klars stellte sich vor ihn. Doch er zögerte wieder. Vielleicht war es nichts Besonderes und Mako konnte das auch? Mako wurde ungeduldig: »Wird das heute auch noch was? Wir müssen schon bald zum Unterricht.«

Klars nickte. Er wollte es schnell hinter sich bringen, also zog er sein Jackett aus und krempelte das Hemd hoch. Im selben Moment sprang Mako auf. Er schrie: »Krass! Wie machst du das denn?«

Klars ermahnte ihn zur Stille, doch es war zu spät. Thomas und Ted waren sofort ins Zimmer gelaufen. Sie gaben überraschte Laute von sich. Klars zog sofort sein Jackett wieder an, doch er wusste, dass es zu spät war. Sie hatten alles gesehen.

Die Legende vom Feuermal

Подняться наверх