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Der Praktiker JOHANN NIEDERWIESER, STABELER

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Dass Bergführer im goldenen Zeitalter Praktiker waren, beweist Johann Niederwieser vulgo Stabeler. 1853 in Sand in Taufers geboren, tritt er 1877 zur Bergführerprüfung an, die er problemlos besteht. Dabei konnte der Stabeler weder lesen noch schreiben. Einer großen Führerkarriere steht dieses Manko allerdings nicht im Weg, wohl auch, weil Niederwieser ein begnadeter Kletterer und zudem ein Berserker ist, der auch Gewalttouren nicht scheut. Es sind diese Eigenschaften, die so manch einen großen Namen auf den Stabeler aufmerksam machen. Emil Zsigmondy kennt und schätzt ihn, der Wiener Geologe und Paläontologe Carl Diener wählt ihn als Bergführer, ebenso der deutsche Chemiker Ludwig Darmstaedter und mit Hans Helversen, Arzt aus Wien, gelingt ihm 1892 die Erstbegehung von gleich drei Vajolettürmen. Anders als so oft zuvor trägt einer der Türme heute nicht den Namen des Gastes, sondern des Führers bzw. seinen Herkunftsnamen: “Stabeler“.

Dass Johann Niederwieser Analphabet ist, ist auch kein Hindernis, weit über den Horizont des Tauferer Ahrntals hinauszublicken. Als Bergführer begleitet er Kunden in die Westalpen, besteigt den Montblanc und das Matterhorn und ist auch in der Hohen Tatra unterwegs. Dabei ist er durchaus erfolgreich: So eröffnet er mit Darmstaedter eine neue Route auf den höchsten Berg der Kette. Das alles muss Niederwieser in ein relativ kurzes Leben pressen. 1902 stürzt er, noch nicht einmal 50-jährig, am Schaflahnernock tödlich ab. Sein alpinistisches Curriculum ist trotzdem beeindruckend. Allein in den Dolomiten gehen 25 Erstbegehungen auf das Konto des Stabelers, darunter die erste Durchsteigung der Hochgall-Südwand. Und in der war eines sicher nicht gefragt: Lesen und Schreiben.


Er hat bleibende Spuren hinterlassen: Johann Niederwieser, genannt „Stabeler“, aus Sand in Taufers.

Das Abzeichen macht deutlich, wie eng Behörden und Alpenverein mittlerweile verbunden sind, wenn es um die Bergführer in Tirol (und nicht nur dort) geht. Schließlich ist es der Alpenverein, der das Bergführerabzeichen einführt, und er ist es auch, bei dem die Führer ansuchen müssen, wenn sie das Abzeichen bekommen wollen. Übermittelt wird es aber von den k. k. Bezirkshauptmannschaften, die dem Alpenvereinszeichen damit eine offizielle Stellung einräumen. Diese Verquickung von Alpenverein und Behörden stößt allerdings dem Österreichischen Alpenclub sauer auf. Er geht im k. u. k. Innenministerium gegen das Bergführerabzeichen-Monopol des Alpenvereins vor und ist 1885 erfolgreich. So verbietet das Ministerium den Bezirksbehörden unter Verweis auf den Grundsatz der Gleichbehandlung, sich an der Verteilung des Alpenvereinszeichens zu beteiligen. Man betont zudem, dass einzig und allein das Bergführerbuch behördlichen Charakter habe und die Abzeichen nur zum Verein gehörten. „Die autorisierten Bergführer haben keine Verpflichtung, irgend ein solches besonderes Führerzeichen zu tragen“, heißt es in der Verfügung des Ministeriums, „es steht denselben jedoch frei, gleichzeitig auch mehrere, von verschiedenen alpinen Vereinen erhaltene derartige Zeichen anzulegen.“ De jure werden damit konkurrierende Alpenvereine dem DuOeAV gleichgestellt, de facto bleibt die Macht des Letzteren aber ungebrochen.

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