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Aonadag, 1. Trideade im Trollmond/347 nGF

Mein Name ist … Nein, das wäre schon zu viel gesagt.

Es ist unerheblich, wie ich heiße, unerheblich, wie man mich nennt. Denn noch bin ich ein Niemand, noch spielt es keine Rolle, wer ich bin oder was ich zu sagen habe.

Es ist zu früh für mich, offen zu sprechen; zu früh, die Dinge beim Namen zu nennen, denn im Schweigen offenbart sich vieles, das sich im Wort nie enthüllen wird. Im Schweigen offenbart sich eine Ahnung davon, dass die Welt größer ist, als wir zu begreifen imstande sind – dort zeigt sich unsere Sehnsucht, über die Grenzen des Verstandes hinauszugehen.

In der Stille liegt die Kraft der Bewegung, der Wunsch nach Größerem, der Trieb, etwas zu verändern. Und wir müssen etwas verändern, wir müssen uns bewegen.

Soviel zu dem, was ich denke.

Wer ich bin? Nun, das wird sich früher oder später zeigen. Heute jedenfalls nennt man mich Lebensretter, Friedensstifter, Lichtbringer, Schlüssel zu Caeir Aun Isahara … und, (denn es gibt immer auch eine zweite Seite der Medaille), Todesverächter, Chaosbringer, Gottesfeind, Zerstörer von Cair Urd …

Die meisten nennen mich aber einfach nur Das Sandkorn.

Ich denke, fürs Erste habe ich genug darüber verloren, wer oder was ich bin, selbst wenn es nichts über mich aussagt, und es wird auch noch eine ganze Weile dauern, bis ich mir darüber im Klaren bin, ob ich innerhalb der Pläne der mächtigsten unserer Wesen eine bestimmte Rolle spiele, von deren wahrer Natur ich selbst heute, acht Jahre nach meiner eigentlichen „Geburt“, nur einen unmaßgeblichen Teil kenne.

Ich bin im Grunde noch gar nicht da. Denn zu jener Zeit, da alles begann, wusste noch nicht einmal ich, dass ich im Begriff war, in die tückischen Fahrwasser der beiden Urmächte zu geraten, die unsere Welt zum Leben erweckten, oder dass ich irgendwann einmal zum Narren der herrschenden Fraktionen Amaleas werden würde.

Alles, was ich verstand, war, dass ich einen Befehl zu befolgen hatte. Und die Verweigerung eines Befehls ist für jemanden wie mich nicht nur tödlich, sondern ein Ding der Unmöglichkeit. Zumindest verhielt es sich damals so, und auch noch Jahre später. Genaugenommen bin ich erst jetzt dabei, einen Befehl zu missachten und einen Weg zu beschreiten, der weit von alldem wegführt, was ich irgendwann einmal war.

Doch das Jetzt, von dem ich spreche, betrifft die Zeit nach der einzigartigen Begegnung, die sich am Ende des Anfangs zugetragen hat, am Ende jener Vorgeschichte, die ich hier zu klären gedenke.

Ich werde mich heute damit begnügen müssen, zu verstehen, wie alles begann und wie es zu jener Begegnung kommen konnte, die mich, meine Begleiter, ja, die ganze verdammte Welt in ein neues, ein seltsames und verstörendes Licht rückte.

Manches von dem, das mir auf meinem Weg begegnete, nahm ich für bare Münze, anderes kam mir zu Recht abwegig vor, wieder anderes erweckte meinen Zorn oder kostete mich nur ein müdes Lächeln. Aber eines habe ich am Ende begriffen:

Ich bin mehr, als ich sein sollte.

Chroniken von Chaos und Ordnung. Band 4: Lucretia L'Incarto

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