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Cuindag, 1. Trideade im Draugmond/347 nGF

Status Quo

Die Lage spitzt sich zu. Nachts werden wir von Träumen heimgesucht. Wie verstohlene Schatten ziehen sie über die feuchten Schiffsböden und kriechen durch die Spalten zwischen den Planken in unsere Kajüten. Ohne dass wir ihnen Einhalt gebieten können, suchen ihre blassen Nebelzungen nach unseren schlafenden Gedanken und speicheln sie mit ihrem schwarzen Gift ein.

Angst macht sich in den Herzen der Männer breit, die in die Ungewissheit segeln und jeden Morgen ihren Tod vor Augen haben. Klar, sie können nicht umhin, eine göttliche Macht hinter den schwarzen Wassern und den Träumen zu vermuten. Wer will es ihnen verdenken? Die abnormen Zustände unserer Umgebung, die Stimmen in der Nacht, die warnend unseren Tod verkünden … Das lässt selbst eine Agnostikerin wie mich daran zweifeln, dass wir es mit etwas Profanem zu tun haben.

Allerdings glaube ich, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Träumen und den seltsamen Vorkommnissen in unserer Umgebung eher unwahrscheinlich ist. Es gibt eine auf dem trockenen Boden der Wissenschaften erklärbare Ursache dafür, dass das Wasser unter uns mal schwarz, mal golden ist und den Tod bedeutet, wenn man davon trinkt. Dank des braven Einsatzes der Gelehrten konnten wir diese ja bereits an aggressiven Kleinstlebewesen festmachen. Die Träume sind das Resultat einer anderen Quelle. Hinter ihrer unheilschwangeren Botschaft mag tatsächlich ein Gott stecken. Sollte das der Fall sein, so haben seine theatralischen Maßnahmen allerdings nichts mit dem herkömmlichen Zorn eines Gottes zu tun. Dann handelt es sich vielmehr um eine taktische Maßnahme zur Demoralisierung der Schiffsbesatzungen – einen Angriff auf vierzigtausend Seelen, die nicht erreichen sollen, was sie erreichen wollen.

Göttliches oder magisches Wirken?

Ein magisches Wesen, das es zustande bringt, einer ganzen Flotte den gleichen Traum zu suggerieren, muss wahrlich mächtig sein, selbst wenn es sich nicht nur um eine Person, sondern um eine Gruppe handelt. Er oder sie müssten schon Al’Jebals Kaliber haben. Selbst ein Magus Primus wäre – das zumindest sagt mir mein Hausverstand – zu einer derartigen Handlung nicht fähig. Es sei denn, die Täter sind im Besitz eines mächtigen magischen Artefakts, oder es gibt unter den Zauberern Spezialisten auf dem Gebiet der Traumerzeugung, „Traumwirker“ oder wie auch immer sie heißen mögen. Doch ich bezweifle, dass das der Fall ist.

Ich bezweifle außerdem die Redlichkeit der Motive eines gewissen Kasai. Mein hochgestellter und recht verlogener Zeitgenosse beantwortet unsere Fragen nur teilweise wahrheitsgetreu, was mich zu Punkt zwei der ausständigen Problembehandlungen bringt.

Was, wenn Kasai mit seinen Tricks durchkommt?

Und doch freut es mich ungelogen, dass sich aus der eintönigen Masse halbherziger Gegner ein realer Feind erhebt, klar und unverhüllt und mir offen die Stirn bietet. Was sagt das über mich aus? Dass ich so verrückt bin, wie alle denken? Ich muss Kasai auf jeden Fall genau jene Aufmerksamkeit zuteil werden lassen, auf die er so vehement besteht. Wenn doch nur alles so friedlich wäre, wie es das Waldvolk gerne dargestellt haben will. Siralen mag recht haben, wenn sie denkt, Ahrsa wäre nur daran gelegen, der Mission die bestmögliche Führung zuteil werden zu lassen, doch was die hübsche Elfe übersieht, ist, dass ich mein Stimmrecht zur Gänze verlieren könnte, was ich aufgrund meiner klaren Instruktionen nicht zulassen kann. Sie vergisst obendrein, dass ein Abdrängen meiner Person aus den Kommandoreihen eine Rebellion der Assassinen gegen die Magier heraufbeschwören würde. Kerrims Reaktion auf Kasais Intrigen lässt mich dies zumindest in Erwägung ziehen.

Chroniken von Chaos und Ordnung. Band 4: Lucretia L'Incarto

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