Читать книгу Wenn es dunkel wird ... - J. M. Roberts - Страница 6

3.

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Einige Tage später kehrte Rebecca nach Hause zurück. Robert Hale trug ihren Koffer die Treppe hinauf. "Ich habe bereits den Lunch vorbereitet", sagte er, als sie die Wohnungstür aufschloss. "Am besten, du legst dich nach dem Essen etwas hin. Ich werde mich um alles kümmern. Wenn du willst, bleibe ich ein paar Tage bei dir."

Die junge Frau drehte sich ihm zu. "Lieb von dir, Robert, aber es ist wirklich nicht nötig", erwiderte sie. "Ich fühle mich ausgezeichnet. Ich kann es kaum noch erwarten, wieder mit meiner Arbeit zu beginnen." Sie zog sich die Jacke aus und streckte sich. "Alles in mir schreit geradezu nach Pinsel und Palette."

"Denk daran, was Doktor Stone gesagt hat", bemerkte ihr Freund. Er stellte den Koffer im Korridor ab und griff nach ihrer Jacke, um sie aufzuhängen.

"Robert, bitte lass mir meinen Willen." Rebecca legte die Arme um seinen Nacken. "Du weißt, dass ich es nicht ertragen kann, wenn andere versuchen, über mein Leben zu bestimmen." So dankbar sie ihrem Freund für seine Fürsorge war, sie befürchtete, ihre Freiheit zu verlieren. Robert neigte zum Übertreiben.

"Schon gut." Er drückte sie an sich. "Ich werde mich dann mal um unseren Lunch kümmern." Liebevoll küsste er sie auf die Nasenspitze. "Oder hast du etwas dagegen?"

"Durchaus nicht." Rebecca ließ die Arme sinken. Sie wandte sich dem Atelier zu, das sie sich im hinteren Teil der Wohnung eingerichtet hatte. Tief atmete sie den vertrauten Geruch nach Leinwand und Farben ein. Wie in Trance betrachtete sie die Bilder, die entlang der Wände standen. Sie versuchte, sie mit den Augen eines Fremden zu sehen. Auch wenn ihre Arbeit während der letzten beiden Jahre immer wieder von Kritikern gelobt worden war, ein Rest Unsicherheit blieb. Oft hatte sie das Gefühl, nicht alles zu geben, was sie geben konnte.

Wenig später saßen sie auf dem Balkon beim Lunch. Robert hatte den Tisch sorgfältig gedeckt. Sogar an einen Strauß blassgelber Rosen hatte er gedacht.

Andere Frauen würden mich um so einen Mann beneiden, dachte Rebecca. Auch wenn sie sich undankbar vorkam, sie wollte nicht, dass Robert während der nächsten Tage bei ihr blieb. So gern sie ihn um sich hatte, wenn sie arbeitete, war sie am liebsten alleine.

Und wann arbeitest du mal nicht, fragte sie sich und seufzte unwillkürlich auf.

"Fühlst du dich nicht wohl?", fragte Robert erschrocken. Besorgt schaute er sie an. "Hast du Kopfschmerzen?" Er sprang auf. "Ich hole dir eine Tablette."

"Robert, bitte behandle mich nicht wie eine Invalide", bat Rebecca. Sie lachte, obwohl ihr eigentlich nicht nach Lachen zumute war. "Mit mir ist alles in Ordnung." Sie nahm sich von der Hühnerbrust. "Hat dir Paul den Rest der Texte gebracht?", fragte sie, um ihn von sich abzulenken.

"Nein, ich bekomme sie erst in einigen Tagen", erwiderte der junge Komponist. "Paul musste während der vergangenen Woche ständig Überstunden machen. Er ist einfach nicht dazu gekommen, die Texte zu vervollständigen." Er schenkte für Rebecca und sich Tee nach. "Das ist auch nicht weiter schlimm." Diesmal war er es, der aufseufzte. "Das Musical muss einfach ein Erfolg werden", fügte er hinzu. "Paul und ich haben soviel Arbeit hineingesteckt." Er hob die Schultern. "Nun, es hilft nichts, sich etwas vorzumachen. Es wird nicht leicht sein, einen Produzenten zu finden. Immerhin bin ich noch relativ unbekannt."

"Es wird euch gelingen, da bin ich mir ganz sicher." Rebecca lächelte ihm ermutigend zu und umfasste seine Hand. "Ich finde deine Musik wundervoll."

"Und das ist die Wahrheit?", fragte Robert unsicher.

"Natürlich, Robert", erwiderte die Malerin. "Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig es für einen Künstler ist, die Wahrheit über seine Arbeit zu hören. Ich würde dich da niemals anlügen."

"Das macht mich froh." Der junge Mann stand auf und trat hinter sie. Liebevoll legte er die Hände auf ihre Schultern. "Paul meinte, wir sollten wieder einmal etwas gemeinsam unternehmen. Wie wäre es am Samstag?"

"Bis zur Ausstellung habe ich wirklich keine Zeit", lehnte Rebecca ab und schob seine Hände von ihren Schultern. "Sag ihm, dass einem gemeinsamen Abend nach der Ausstellung nichts im Wege steht." Sie stand auf und begann den Tisch abzuräumen. "Wollte sich Paul nicht irgendwann an einen Roman wagen?"

"Soviel ich weiß, hat er bereits mit dem Schreiben begonnen", gab Robert Auskunft. "Du kennst Paul ja. Bevor der Roman nicht fertig vor ihm auf dem Tisch liegt, wird er uns weder einige Seiten zum Lesen geben, noch sagen, wovon er handelt." Er trug die Teekanne in die Küche. "Mal sehen, was die Nachrichten bringen. Ich bin heute noch nicht dazu gekommen, sie mir anzuhören." Er schaltete das Radio ein.

Rebecca ließ Wasser ins Abwaschbecken laufen. Es drängte sie, ins Atelier zu gehen und endlich wieder mit ihrer Arbeit zu beginnen, aber diesen einen Nachmittag wollte sie Robert schenken. Auf einige Stunden mehr oder weniger kam es jetzt auch nicht mehr an.

Robert griff nach dem Abtrockentuch. "Heute Abend könnten wir zum Essen gehen", schlug er vor. "Wir waren schon eine Ewigkeit nicht mehr im 'China Garden'.“Er lachte leise auf. "Das letzte Mal habe ich mich allerdings beim Hantieren mit den Stäbchen nicht gerade mit Ruhm bedeckt."

"Dafür mit Reis und Soße bekleckert", meinte Rebecca amüsiert. "Gut, gehen wir essen." Sie blickte bestürzt zum Radio. "Das darf nicht wahr sein!", stieß sie hervor. "Hast du das auch gehört?" Der Nachrichtensprecher hatte gerade berichtet, dass am Morgen eine brennende Privatmaschine über einem schottischen Dorf abgestürzt war. Alle Insassen des Flugzeuges waren ums Leben gekommen. Der Name der Maschine war Anne-Louise gewesen. "Es ist unmöglich." Verunsichert sah sie ihren Freund an. Nervös strich sie sich über die Stirn. "Was hast du mit der Skizze gemacht, Robert? Hast du sie noch?"

Robert Hale atmete tief durch, bevor er antwortete. Unbewusst hatte er die ganze Zeit darauf gewartet, dass so etwas passierte. Er musste wieder an die Schiffskatastrophe denken. Ein Glück, Rebecca ahnte nichts davon, dass sie den Untergang der Felicitas vorausgesehen hatte.

"Es ist sicher nur ein Zufall, Darling", versuchte er, seine Freundin zu beschwichtigen. Er verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. "Hellsehen kannst du schließlich nicht."

"Nur ein Zufall", wiederholte Rebecca. Ihr wurde übel. Sie rannte ins Bad und übergab sich.

"Alles in Ordnung?", fragte Robert besorgt, als sie zurückkehrte. "Bist du okay?"

Die Malerin nickte. "Es war nur so ein Schock. Anne-Louise ..." Sie schluckte. "Wie bin ich nur auf diesen Namen gekommen?" Verzweifelt klammerte sie sich an ihn. "Es muss da einen Zusammenhang geben."

"Den gibt es bestimmt nicht, Darling", behauptete der junge Komponist. "So selten ist dieser Name nun wirklich nicht."

"Mag sein, dennoch wird es nicht viele Privatmaschinen geben, die so heißen." Rebecca ging zum Fenster und öffnete es. Langsam wandte sie sich ihm wieder zu. "Ich habe Angst", gestand sie. "Robert, ich habe Angst. Etwas stimmt nicht mit mir."

„Darling, was sollte mit dir nicht stimmen?" Robert schloss sie erneut in die Arme. "Es ist nichts als ein Zufall, bitte glaube mir." Er blickte ihr in die Augen. "Im Übrigen wäre es gar nicht so übel, wenn du in die Zukunft blicken könntest. Dann könntest du voraussagen, welcher Produzent sich für mein Musical interessieren wird", scherzte er. "Es könnte Paul und mir einiges an Ängsten ersparen."

"Man wird sich um das Musical reißen." Rebecca schmiegte sich an ihn. "Vermutlich ist es wirklich nur ein Zufall", meinte sie. "Warum sollte ich plötzlich in die Zukunft sehen können?" Sie schüttelte sich. "Es wäre furchtbar, einfach furchtbar."

Wenn es dunkel wird ...

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