Читать книгу Wenn es dunkel wird ... - J. M. Roberts - Страница 7

4.

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Obwohl Rebecca genau wusste, dass sie sich noch schonen musste, arbeitete sie während der nächsten Wochen wie besessen. Sie war wild entschlossen, auch das letzte Bild bis zur Ausstellung fertigzustellen, wenngleich ihr Arthur Kessler, der Besitzer der Galerie, angeboten hatte, auf zwei, drei Bilder zu verzichten.

Auch wenn sich Robert Hale Mühe gab, den Arbeitseifer seiner Freundin zu akzeptieren und er sich vorgenommen hatte, verständnisvoller zu sein, es kam immer öfter zwischen ihnen zum Streit, weil sie kaum noch Zeit für ihn hatte und außer der Malerei alles um sich herum vergaß.

Es war Sonntagmorgen und Rebecca stand gerade unter der Dusche, als es klingelte. Seufzend stellte sie das Wasser ab, schlang ein Handtuch um ihre nassen Haare und schlüpfte in den Bademantel.

"Ich komme ja schon!", rief sie gereizt, als es zum dritten Mal läutete. Sie knotete den Gürtel des Bademantels fester um ihre Taille und öffnete die Tür. "Ach, du bist es, Robert", sagte sie alles andere als begeistert. Sie hatte an diesem Morgen nicht mit ihrem Freund gerechnet. Gleich nach dem Frühstück hatte sie wieder mit ihrer Arbeit fortfahren wollen.

"Ja, ich bin es, Rebecca", erwiderte Robert und ließ den Blick über die junge Frau gleiten. "Gut, dass ich etwas früher gekommen bin. Hast du schon gefrühstückt? Ich setze das Teewasser auf, während du dich anziehst. Eine halbe Stunde haben wir noch Zeit, dann sollten wir aufbrechen."

Die Malerin runzelte die Stirn. Sie verstand nicht, was er meinte. "Wohin aufbrechen?", fragte sie irritiert und trat zurück. "Komm 'rein."

Robert schloss die Tür hinter sich. "Hast du denn vergessen, dass du mich heute Vormittag zu einer Vernissage begleiten wolltest?", erwiderte er fassungslos. "Die Collegen-Ausstellung wird um zehn eröffnet. Im Rahmen des Begleitprogramms werde ich eine meiner Kompositionen spielen."

Natürlich, die Collegen-Ausstellung! Rebecca senkte schuldbewusst den Kopf. Sie seufzte leise auf. "Tut mir leid, Robert, ich hatte es wirklich vergessen. Ich weiß vor lauter Arbeit nicht mehr ein noch aus." Sie schenkte ihm ein schiefes Lächeln. "Macht es dir etwas aus, wenn ich passe? Ich brauche wirklich jede Minute für meine Arbeit. Immerhin ist es bis zu meiner Ausstellung auch nur noch eine Woche hin."

Das ist nicht so schlimm, wollte Robert bereits sagen, stattdessen straffte er die Schultern. "Ja, es macht mir etwas aus, Darling." Er blickte ihr in die Augen. "Wenn ich auf deine Arbeit Rücksicht nehmen soll, kann ich dasselbe auch von dir verlangen. Du scheinst immer wieder zu vergessen, dass auch ich an meine Arbeit glaube. Mit demselben Recht, mit dem du voraussetzt, dass ich an der Eröffnung deiner Ausstellung teilnehme, kann auch ich erwarten, dass du mich heute begleitest. Es wird Zeit, dass ..."

Seine Freundin schnitt ihm mit einer ärgerlichen Handbewegung das Wort ab. "Beide Veranstaltungen kann man wohl kaum miteinander vergleichen", meinte sie. "Bei der Collegen-Ausstellung gestaltest du nur das Rahmenprogramm mit, während ich ..."

Robert stieß heftig den Atem aus. "Warum sagst du es nicht, Rebecca?", fragte er. "Glaubst du, ich könnte nicht ertragen, dass du in meiner Arbeit höchstens einen netten Zeitvertreib siehst? Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich den Durchbruch schaffe."

"Ich sehe in deiner Arbeit keineswegs einen Zeitvertreib", antwortete die junge Frau erregt, weil sie der Meinung war, dass er ihr die Worte im Mund herumdrehte. "Fest steht nun einmal, dass ich eine wichtige Ausstellung vor mir habe und mir momentan die Zeit fehlt, um dich zu begleiten." Sie drehte sich um. "Und jetzt werde ich mich erst einmal anziehen."

"Gut, ich kümmere mich um dein Frühstück." Der Komponist öffnete die Küchentür. "Wenn du dich beeilst, dann ..."

Seine Freundin wandte sich ihm wieder zu. "Willst du nicht verstehen, Robert?", fragte sie. "Ich kann dich heute Morgen nicht begleiten. Ich muss mich nach dem Frühstück gleich wieder an meine Arbeit setzen. Ich weiß ohnehin kaum, wie ich es bis zur Ausstellung schaffen soll."

Robert zog die Küchentür wieder zu. "Kannst du dir nicht vorstellen, wie wichtig es mir ist, dich an meiner Seite zu haben, Rebecca?"

"Ich werde in Gedanken bei dir sein", versprach sie.

"Mach dich nicht lächerlich", brauste er auf. "Wenn du an deinen Bildern sitzt, vergisst du alles um dich herum. Außerdem reicht es mir nicht, wenn du nur an mich denkst."

"Bitte, Robert, nimm Vernunft an. Du bist kein kleines Kind mehr", sagte Rebecca ärgerlich. "Ich kann dich heute Morgen wirklich nicht begleiten. Nach der Ausstellung wird alles anders sein."

"Das höre ich bereits seit Wochen." Der junge Mann war so wütend, dass er seine Freundin am liebsten genommen und durchgeschüttelt hätte. "Schade, dass ich nicht eines deiner Bilder bin. Dann würdest du dich wenigstens für mich interessieren."

Rebecca fand Roberts Verhalten einfach kindisch. Konnte sie nicht von einem erwachsenen Mann erwarten, dass er auch einmal zurücksteckte, wenn es sein musste? "Ich habe heute zu arbeiten, Robert, ich kann dich nicht begleiten", wiederholte sie.

"Ist das dein letztes Wort?", fragte er zornig. "Überlege dir gut, was du sagst, Rebecca. Meine Geduld hat Grenzen. Entweder du kommst mit mir mit, oder ..." Betroffen hielt er inne. Er hatte nicht vorgehabt, ihr ein Ultimatum zu stellen. "Rebecca, wir lieben uns. Warum müssen wir uns ständig streiten?"

"Wer streitet sich denn?", fragte die Malerin angriffslustig.

"Darling, mir ist es ungeheuer wichtig, dich heute an meiner Seite zu haben", sagte Robert. "Kommt es wirklich auf ein paar Stunden an?"

"Nach meiner Ausstellung werde ich mehr Zeit für dich haben", versprach die junge Frau erneut und lächelte ihm zu. "Die Vernissage wirst du heute noch einmal ohne mich durchstehen können."

"Nein."

Rebecca zuckte zusammen. "Wie meinst du das?"

"Ich denke nicht daran, ständig nachzugeben, Rebecca", erwiderte Robert. Er beschloss, hart zu bleiben. Es ging nicht an, dass sie meinte, sich durch ihre Arbeit allem entziehen zu können. "Ich verlange, dass du meine Arbeit genauso wichtig nimmst wie deine. Während der letzten Wochen und Monate bin ich oft genug zurückgestanden."

"Sieht aus, als währst du auf meinen Erfolg eifersüchtig", bemerkte Rebecca wütend. Noch während sie es sagte, tat es ihr bereits leid. Doch sie entschuldigte sich nicht.

"Eifersüchtig?", wiederholte Robert Hale fassungslos. "Gut, wenn du meinst, ich wäre eifersüchtig, so ist das deine Sache. Mir reicht es jedenfalls. Tut mir leid, Rebecca, ich denke nicht daran, länger den Clown für dich zu spielen und dir jederzeit zur Verfügung zu stehen." Er sah sie verächtlich an. "Du wirst lernen müssen, dass es außer dir noch andere Menschen auf der Welt gibt und jeder Einzelne von ihnen mindestens dieselben Rechte hat wie du." Er wandte sich der Tür zu, zögerte jedoch, sie zu öffnen. Er hoffte, dass seine Freundin einlenken würde.

Ich darf ihn nicht so gehen lassen, dachte die junge Frau bestürzt. Seine erbitterten Worte hatten sie bis ins Mark getroffen. Sie fühlte sich bloßgestellt. Sie gestand sich ein, dass sie ihre Arbeit stets wichtiger als seine genommen hatte.

"Dann leb wohl", sagte Robert und trat ins Treppenhaus. Laut fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.

Wie betäubt starrte Rebecca auf die geschlossene Tür. Wertvolle Minuten vergingen. Endlich kam Leben in sie. Obwohl sie nur einen Bademantel trug und um ihre Haare ein Handtuch geschlungen hatte, stürzte sie ins Treppenhaus. "Robert!", rief sie. Es war zu spät. Die Haustür fiel gerade zu.

Niedergeschlagen kehrte die Malerin in ihre Wohnung zurück. In aller Eile zog sie sich an. Sie wollte ihrem Freund zur Ausstellung folgen. Erst als sie sich kämmte, fiel ihr ein, dass sie nicht einmal wusste, wo die Ausstellung stattfand. Es war Sonntag, alle Stellen, bei denen Sie sich nach der Maud Collegen-Ausstellung hätte erkundigen können, hatten geschlossen.

Ob Paul wusste, wo die Ausstellung stattfand? Rasch suchte sie aus ihrem Telefonbuch die Nummer des Freundes heraus und wählte. Nach dem zehnten Klingelton gab sie es auf. Paul war sicher zur Vernissage gefahren.

Ich werde Robert nachher anrufen, dachte sie und zog sich um. Dieser Streit war so unnötig gewesen. Sie machte sich heftige Vorwürfe. Hatte Robert nicht recht? Kam es wirklich auf ein paar Stunden an? Kein Wunder, dass er glaubte, sie würde seine Arbeit nicht schätzen. Wie viel Zeit hatte er während ihrer Krankheit versäumt. Stundenlang hatte er an ihrem Bett gesessen, war stets zur Stelle gewesen, wenn sie ihn gebraucht hatte.

An diesem Vormittag machte sich Rebecca reichlich lustlos an ihre Arbeit. Sie fühlte sich schuldig. Es fiel ihr schwer, sich auf das Malen zu konzentrieren. Immer wieder glitten ihre Gedanken zu Robert ab. Sie konnte es kaum noch erwarten, mit ihm zu sprechen, sich bei ihm zu entschuldigen. Wie gerne hätte sie die letzten Stunden ungeschehen gemacht.

Hinterher ist man immer schlauer, dachte sie und mischte die Farben für den Hintergrund von Drago Castle, einem unheimlichen Besitz, der in der Nähe des Sommerhäuschens lag, das sie vor zwei Jahren in Cornwall gekauft hatte.

Wir sollten nach der Ausstellung nach Cornwall fahren und dort ein paar ruhige Wochen verbringen, überlegte die Malerin. Ein erwartungsvolles Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie stellte es sich sehr romantisch vor, die Abende mit Robert vor dem Kamin zu verbringen. Im Wohnraum ihres Hauses gab es ein Klavier. Ihr Freund würde also nicht einmal auf seine Arbeit verzichten müssen.

Es kommt alles wieder in Ordnung, versuchte sie sich einzureden. Ganz sicher. Sie liebten einander. Robert würde ihr verzeihen, da war sich Rebecca ganz sicher.

Wenn es dunkel wird ...

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