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KAPITEL 1

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»Eines Abends führt ein Typ seinen Hund Gassi ...«

Ich schaute zu, wie Harry Nautilus an einem Autopsietisch lehnte und einem Dutzend Zuhörer, die mit Servietten umwickelte Becher und Weingläser aus Plastik hielten, den »besten Witz auf Erden« erzählte. Die meisten Leute waren Beamte der Stadt Mobile und des Countys. Zwei waren Anwälte, selbstverständlich Vertreter der Anklage. Harry und ich waren die einzigen Cops. Ein Menge Würdenträger waren zugegen, vor allem im Empfangsbereich, wo die Hauptfeierlichkeiten anlässlich der Wiedereröffnung des Gerichtsmedizinischen Instituts stattfanden. Vor einer Stunde war feierlich das Band durchschnitten worden, ein goldenes Band, kein schwarzes, wie mehrere Witzbolde vorgeschlagen hatten.

»Was für ein Hund?«, wollte Arthur Peterson wissen. Peterson war stellvertretender Ankläger und seine Frage klang wie ein Einspruch vor Gericht.

»Eine Promenadenmischung«, brummte Harry und kniff angesichts der Unterbrechung ein Auge zusammen. »Ein Typ führt seine Promenadenmischung namens Fido Gassi, und da fällt ihm ein Typ auf, der auf allen vieren unter einer Straßenlaterne herumkrabbelt.«

Harry trank einen Schluck Bier, leckte Schaum von seinem Schnurrbart, der die Ausmaße einer Bulldozerschaufel hatte, und stellte seinen Becher ungefähr an die Stelle auf den Tisch, wo normalerweise der Kopf der Leiche lag.

»Der Typ mit dem Hund fragt den Mann, ob er was verloren hat. ›Ja‹, sagt der Mann, ›meine Kontaktlinse ist rausgefallen.‹ Der Typ bindet Fido an einen Telegrafenmasten und kniet sich auf den Boden, um zu helfen. Im Schein der Straßenlaterne suchen die beiden alles ab, jeden erleuchteten Winkel. Eine Viertelstunde später sagt der Hundebesitzer: ›Kumpel, ich kann deine Linse nirgendwo finden. Bist du sicher, dass sie hier herausgefallen ist?‹ ›Nein‹, meint der Mann, ›ich habe sie da drüben im Park verloren.‹ ›Im Park?‹, brüllt der Hundebesitzer. ›Warum zum Teufel suchen wir dann hier?‹«

Harry machte eine dramatische Pause.

»Der Mann zeigt auf die Straßenlaterne und sagt: ›Hier ist das Licht besser.‹«

Harry lachte, ein melodisches Trällern, das nicht zu einem Schwarzen mit der Statur eines Dampfkessels passen wollte. Sein Publikum kicherte höflich. Eine attraktive Rothaarige in einem marineblauen Hosenanzug runzelte die Stirn und sagte: »Verstehe ich nicht. Warum soll das der beste Witz auf Erden sein?«

»Weil er mythologischen Gehalt hat«, entgegnete Harry, wobei die rechte Hälfte seines Bartes interessiert zuckte, während die linke verächtlich hinabhing. »Vor die Wahl gestellt, mühsam im Dunkeln herumzustochern oder aber zu hoffen, einfach bei Licht fündig zu werden, entscheiden sich neunundneunzig von hundert Menschen für das Licht.«

Peterson hob eine anklägerische Augenbraue. »Und wer ist der eine von hundert, der immer im Dunkeln herumstochert?«

Harry grinste und zeigte in meine Richtung.

»Er«, sagte er.

Ich schüttelte den Kopf, kehrte Harry meinen Rücken zu und ging in den Empfangsbereich, wo es laut und voll war. Wie ein Haufen Mäuse wuselten lokale Wichtigtuer umher, buhlten um die Nähe von noch größeren Wichtigtuern oder sprangen vor jede Kamera eines Nachrichtensenders. Vor dem Buffet drängelten sich die Gäste in Dreierreihen. Ich sah, wie sich eine korpulente Frau in Abendgarderobe erst zwei Sandwiches in ihre Handtasche stopfte, bevor sie über die Fleischbällchen in Bratensoße herfiel. Ein paar Meter weiter plapperte ein kräftiger Bezirksabgeordneter zu einem Nachrichtenteam.

»... begrüße Sie alle zur Eröffnung der neuen Einrichtung ... eine der hervorragendsten des Landes ... ich bin stolz, für die Bewilligung der Mittel gestimmt zu haben ... die Tragödie Dr. Caulfields sollte uns ermahnen, stets wachsam zu sein ...«

Am anderen Ende des Saales sah ich Willet Lindy, stürzte mich in die brodelnde Masse und bahnte mir entschuldigend meinen Weg in seine Richtung. Eine Reporterin von Channel 14 starrte mich an und schnitt mir dann den Weg ab.

»Ich kenne Sie, oder?«, sagte sie und tippte mit einem scharlachrot lackierten, krallenartigen Fingernagel an ihre geschürzten Lippen. »Waren Sie nicht vor ein paar Monaten an einer irgendwie großen Sache beteiligt? Nein, sagen Sie nichts ...«

Ich wich ihr aus und ließ sie sich den Kopf über meine fünfzehn Minuten Ruhm zerbrechen. Willet Lindy lehnte an der Wand und nippte an einem Saft. Ich kämpfte mich aus dem Gewimmel und stellte mich neben ihn.

»Das ist ja wie bei Wal-Mart drei Tage vor Weihnachten, Will«, sagte ich, lockerte meine Krawatte und zuckte zusammen, als ich sah, dass etwas Dunkles auf mein Hemd getropft war. Dem gleichen kosmischen Gesetz folgend, das dafür sorgte, dass die gebutterte Seite eines Brotes immer nach unten fiel, war der Fleck unmöglich mit meinem Jackett zu verbergen. Lindy grinste und rutschte zur Seite, damit ich mich auch an die Wand lehnen konnte. Obwohl er mir mit dreiunddreißig nur vier Jahre voraus war, machte ihn sein gnomenhaftes Gesicht und der zurückgehende Haaransatz zehn Jahre älter. Lindy war für die nicht medizinischen Dinge des Instituts wie Wartung und Einkauf zuständig. Ich kannte ihn jetzt ungefähr ein Jahr, seit mich meine Stellung als Kriminalbeamter mit den Geheimnissen des Leichenschauhauses vertraut gemacht hatte.

»Hübsch renoviert der Laden«, sagte ich. »Sieht alles brandneu aus.« Lindy war kleiner als ich, einen Meter achtundsechzig oder siebzig, deshalb musste ich mich zu ihm hinabbeugen. Allerdings nicht viel; man sagte, dass ich schon natürlicherweise eine gebeugte Haltung habe. Wie eine große Puppe an lockeren Fäden.

Lindy nickte. »Abgesehen von den Schönheitsreparaturen haben wir einen Großteil der Technik ausgetauscht. Und wir haben ein paar komplette Neuerungen ...« Er zeigte auf einen fliegengroßen Punkt in einer Deckenplatte. »Überwachungskameras. Miniaturausgaben. Wenn so etwas wie bei Caulfield noch einmal passiert, kann das Bombenkommando den Tatort aus der Ferne untersuchen.«

Caulfield war ein unerfahrener Pathologe, dessen Hand von einer Bombe verstümmelt worden war, die einen Mann hatte töten sollen, der bereits tot gewesen war. Ein schrecklicher Vorfall, noch ungelöst. »Es sind nicht viele Polizisten hier, Will«, sagte ich, um das Thema zu wechseln.

Lindy hob eine Augenbraue. »Der Polizeichef ist hier, ein paar Stellvertreter, ein oder zwei Captains.«

Ich meinte Cops, echte Polizisten, aber ich hatte nicht die Zeit und vielleicht auch nicht die Worte, um den Unterschied zu erklären. Wie aufs Stichwort kam Captain Terrence Squill vorbei, sah mich und kehrte um. Bisher hatten Squill und ich kaum ein Wort gewechselt; er war so weit oben auf der Leiter, dass ich mich schon anstrengen musste, um seine Schuhsohlen zu erkennen.

»Ryder, richtig? Was zum Teufel haben Sie hier verloren?« Er erblickte den Fleck auf meinem Hemd und rümpfte die Nase. Der Leiter der Kriminalabteilung war ein kompakter und gepflegter Mann, dessen geradlinige Züge und wässrige, feminine Augen an einen vierzigjährigen Orrin Hatch erinnerten. Der Knoten seiner Krawatte war so fest und symmetrisch, dass er aus Marmor gemeißelt zu sein schien. Ich hatte keine Ahnung von grauen Anzügen, vermutete aber, dass ich auf einen maßgeschneiderten schaute.

»Ich habe eine Einladung erhalten, deswegen dachte ich, ich komme vorbei und repräsentiere die Polizei, Sir.«

Er kam näher und senkte seine Stimme. »Das ist keine Angelegenheit für die unteren Ränge. Haben Sie irgendeinen Idioten in der Stadtverwaltung dazu gebracht, Ihren Namen auf die Gästeliste zu setzen? Oder haben Sie sich durch die Hintertür hereingeschlichen?«

Ich war erstaunt, wie viel Wut in seinem Blick lag, während sein Mund weiterhin lächelte. Jeder außer Hörweite hätte angenommen, wir plauderten über Fußball oder Angeln. »Ich schleiche mich nie ein«, sagte ich. »Wie gesagt, ich habe eine ...«

Lindy meldete sich zu Wort. »Entschuldigen Sie, Captain?«

»Was ist los, Mr Lindy?«

»Detective Ryder wurde von Dr. Peltier eingeladen. Sie hat auch seinen Partner eingeladen, Detective Nautilus.«

Squill schürzte die Lippen, als wollte er sprechen oder spucken, schüttelte den Kopf und verschwand in der Menge. Ich quittierte den Vorfall mit einem Achselzucken, sagte, dass ich mich bei Dr. Peltier für die Einladung bedanken wollte, und mischte mich wieder unter die Gäste.

Clair stand an der Tür zu ihrem Büro und sprach mit Alabamas Justizminister und seinem Stab. Ein schlichtes schwarzes Kleid hob ihre samtweiche Porzellanhaut hervor, und ich genoss den Anblick, wie sie ihr Publikum dominierte. Als eindrucksvolle vierundvierzigjährige Frau mit kurzem, anthrazitfarbenem Haar und eisblauen Augen hätten Dr. Clair Peltier, Leiterin der Mobiler Abteilung des Forensischen Instituts von Alabama, nur Speer und Helm gefehlt, um die Bühne bei einer Wagner-Oper für sich zu beanspruchen. Diese Wirkung wurde noch verstärkt durch ungefähr fünfzehn zusätzliche Pfund, die sie an ihren Schenkeln und Schultern trug. Nachdem der Generalstaatsanwalt und sein Gefolge davonmarschierten, ging ich zu ihr. Mit ihren hohen Absätzen war sie beinahe groß genug, dass unsere Augen auf einer Höhe waren.

»Will Lindy meinte, Sie seien der Grund, dass ich hier bin«, sagte ich und hob meinen Becher diesen unglaublichen Augen entgegen. »Danke.«

»Sie müssen sich nicht bedanken, Ryder. Die Gästeliste war voll mit Polizeiprominenz. Da wir Besuch von den Medien haben, hielt ich es für angemessen, dass ein paar Detectives anwesend sind. Sie und Detective Nautilus habe ich ausgewählt, weil Sie durch den Adrian-Fall vielleicht noch in Erinnerung sind.«

Von wegen Ehre, Carson Ryder und Harry Nautilus waren also die Alibi-Beamten auf der Gästeliste. Allerdings bezweifelte ich, dass wir noch in Erinnerung waren. Wie die Reaktion der Reporterin gezeigt hatte, hatte das Aktualitätsdenken der Medien den ein Jahr alten Fall irgendwo zwischen der Normannischen Eroberung und der Industriellen Revolution eingeordnet. Als ich mich trotzdem noch einmal bei Doc P bedanken wollte, stieß mich ein nach oben strebender junger Staatsanwalt zur Seite und stellte seiner kichernden Verlobten »einen der besten weiblichen Gerichtsmediziner vor«.

Ich ging davon und musste lächeln. »Einen der besten weiblichen Gerichtsmediziner ...« Wenn die beiden das nächste' Mal zusammenarbeiteten, würde Clair dem kleinen Arschloch die Hölle heiß machen.

Eine schwere, schwarze Hand drückte meine Schulter. Harry.

»Hast du dich unter die Menge gemischt, Amigo?«, fragte ich.

Er zwinkerte. »In einem solchen Haufen halb angesoffener Politikheinis und Möchtegerns kann man gar nicht umhin, ein bisschen Milch abzukriegen, Cars.«

Milch war Harrys Wort für interne Informationen, welche die Polizei oder ihre Einflussbereiche betrafen. Obwohl er selbst kein Taktiker war, liebte er Polizeitratsch und hatte immer mehr Milch parat als eine Ziegenherde. Er kam in Flüsternähe. »Gerüchten zufolge rollt und trollt sich Chief Hyrum nächsten Frühling, spätestens im Sommer.«

»Er nimmt Tanzstunden?« Manchmal amüsierte mich Harrys Lust an Reimen, manchmal irritierte sie mich. Heute herrschte Irritation vor.

»Vorzeitiger Ruhestand. Zwei Jahre früher.«

Ich war drei Jahre Streifenpolizist gewesen, seit einem Jahr war ich Detective. Obwohl mir das Dickicht der Polizeipolitik bekannt war, war es mir gleichgültig. Harry hatte die Machenschaften fünfzehn Jahre lang bis in die Molekularebene studiert. Ich bat um eine Übersetzung. Er hielt inne und setzte eine weise Miene auf.

»Machtspielchen, Carson. Sich selbst in den Vordergrund spielen, den anderen in den Rücken fallen und frei von der Leber lügen. Leute, die nichts anderes tun, als den ganzen Tag in den Sessel zu furzen, werden behandelt, als wären sie der heißeste Gaul im Stall.«

»Und wie viel Mist wird auf unseren Köpfen landen?«, wollte ich wissen.

Harry schaute finster auf sein leeres Glas und drängte in Richtung Bar, wobei sich die Menge teilte wie Wasser für einen schwarzen Moses in rosa Hosen und lila Hemd. »Mach dir nicht in die Hose, Bruder«, sagte er über die Schulter. »Wir sind viel zu weit unten auf der Leiter, um von dem Scheißeregen was abzukriegen.«

Mein Eistee bestand fast nur noch aus Eiswürfeln, ich kippte sie auf meine Finger und fuhr mir anschließend mit den Eisstückchen über mein schwitzendes Gesicht und den Nacken. Die kalte Erfrischung und die angenehme Säure des Tees waren eine Wohltat bei der nächtlichen Hitze. Ich seufzte auf angesichts solch kleiner Freuden und lehnte mich in meinem Liegestuhl zurück. In der feuchten Luft schwebte über mir der Mond, etwas größer als ein Halbmond, in seinem dunstigen Hof. Seit der Eröffnung der Leichenhalle waren Stunden vergangen, mit meinen nackten Füßen auf dem Geländer beobachtete ich die goldene Gasflamme der Bohrinsel drei Meilen weit draußen im Golf. Das Feuer auf dem dunklen Wasser schien so exotisch wie ein Papagei in einem kahlen Kiefernwald.

Ich lebe auf Dauphin Island, dreißig Meilen südlich von Mobile, einige davon Wasser. Nach den Maßstäben der Insel war mein Heim beschämend bescheiden, eine aus zwei Zimmern bestehende, auf Pfählen errichtete Hütte über dem Strand, die jeder Makler allerdings für vierhundert Riesen anbieten würde. Als meine Mutter drei Jahre zuvor gestorben war, hatte sie mir genug überlassen, um das Geschäft zu machen. Es war eine Zeit in meinem Leben, in der ich einen sicheren Zufluchtsort brauchte, und welcher Ort wäre dazu geeigneter gewesen als eine in der Luft hängende Kiste über einer Insel?

Das Telefon klingelte. Automatisch tastete ich erst dahin, wo Taschen wären, wenn ich angezogen gewesen wäre, dann nahm ich das Telefon vom Tisch. Es war Harry.

»Wir werden an einem Tatort verlangt. Könnte Piss-it’s Coming-out-Party werden.«

»Für einen Aprilscherz kommst du zwei Monate zu spät, Harry. Was ist wirklich los?«

»Unser Debütantenball, Partner. In der Stadt sucht eine Leiche nach ihrem Kopf.«

Harry und ich waren Detectives der Mordkommission in Mobiles erstem Distrikt, wir waren Partner. Durch die sinnlose Gewalt in jeder Stadt, in der die Armen zahlreich sind und zusammengepfercht leben, war unser Job ziemlich krisensicher. In dieser Welt verbrachten wir unseren Alltag, es sei denn ein Mordfall zeigte, laut jüngst überarbeiteten Vorschriften, »auffällige Hinweise auf psychopathologische oder soziopathologische Tendenzen«. Dann wurde, ungeachtet der Zuständigkeit, das Psychopathologische und Soziopathologische Ermittlungsteam – kurz PSET – eingeschaltet. Das gesamte PSET, innerhalb der Mordkommission als Piss-it bekannt, bestand allerdings lediglich aus Harry und mir sowie ein oder zwei Fachleuten, die wir bei Bedarf hinzuziehen durften. Obwohl das Team im Grunde nur ein Projekt der Öffentlichkeitsarbeit – und noch nie zum Einsatz gekommen – war, gab es einige in der Polizei, die nicht glücklich damit waren.

Zu denen gehörte im Moment auch ich.

»Komm so schnell her, wie du kannst«, sagte Harry und las mir die Adresse vor. »Ich warte draußen auf dich. Schalte Sirene und Blaulicht an. Mach dich schleunigst auf die Socken und trödel nicht herum.«

»Du willst also nicht, dass ich dir von unterwegs eine Tüte Milch und ein Brot mitbringe?«

Der Hörer wurde aufgelegt.

Ich sprang in die Jeans, zog ein halbwegs sauberes Hemd an und nahm ein cremefarbenes Leinenjackett von der Garderobe, um das Schulterhalfter zu verdecken. Ich stolperte die Stufen hinunter, stieg in den unmarkierten Taurus unter dem Haus und wirbelte einen Sprühregen aus Sand und zerbrochenen Muscheln auf. Das Blaulicht und die Sirenen blieben aus, bis ich den tintenschwarzen Sund des Mississippi überquert hatte, dann jagte ich die Lichtorgel hoch, schmiss das Gejaule an und legte das Gaspedal flach.

Die Leiche lag in einem kleinen Park am südwestlichen Rand von Mobile, zwei Hektar Eichen und Pekanbäume, eingerahmt von einem Viertel aus der Jahrhundertwende, das sich aus dem Stadium des Zerfalls zu einer noblen Gegend mauserte. Drei Streifenwagen mit Blaulicht standen vor dem Park, dazu ein Van der Spurensicherung. Zwei unmarkierte Wagen flankierten einen glänzenden schwarzen SUV I, den ich für Squills Gefährt hielt. Der allgegenwärtige Van eines Nachrichtensenders hatte seine ausgefahrene Antenne aufgestellt. Harry war zehn Meter davor und marschierte zum Parkeingang. Ich parkte am Bordstein, und als ich ausstieg, strahlte mir plötzlich überfallartig ein Kamerascheinwerfer in die Augen.

»Jetzt erinnere ich mich an Sie«, ertönte eine dunkel bekannte Stimme hinter dem grellen Licht. »Sie sind Carson Ryder. Sie hatten etwas mit dem Joel-Adrian-Fall zu tun, richtig?«

Ich blinzelte und erkannte die Reporterin von der Wiedereröffnung des Leichenschauhauses. Sie stand in der ganzen Pracht einer Fernsehjournalistin vor mir: mit Spray gefestigtes Haar und scharlachrote Krallen, die ein Mikrofon umklammerten wie ein Kondor einen Hasen. Ihre andere Hand packte meinen Bizeps. Sie hob das Mikro an ihre Lippen und starrte in die Kamera.

»Hier ist Sondra Farrel von Action Fourteen News. Ich stehe vor dem Bowderie Park, in dem eine kopflose Leiche gefunden worden ist. Neben mir steht Detective Carson Ryder von der ...«

Ich schaute finster in die Kamera und ließ eine Serie von Sehimpfworten in drei wirklichen und einer spontan erfundenen Sprache vom Stapel. Nichts hassen Reporter mehr als einen überfallartig eroberten Interviewpartner, der ausfällig wird. Die Reporterin schubste meinen Arm weg. »Scheiße«, sagte sie zu dem Kameramann. »Cut.«

Ich holte Harry vor dem Eingang des Parks ein, der von einem jungen Streifenpolizisten bewacht wurde. Er sah mich komisch an.

»Sie sind Carson Ryder, stimmt’s?«

Ich schaute zu Boden und brummte etwas, das als Ja oder Nein hätte durchgehen können. Als wir an ihm vorbeigingen, deutete der Cop auf seine Uniform und fragte Harry: »Wie komme ich hier so schnell raus wie Ryder?«

»Dann müssen Sie entweder verdammt gut oder verdammt verrückt sein«, rief Harry über die Schulter.

»Und was ist Ryder?«, wollte der junge Polizist wissen. »Gut oder verrückt?«

»Ein bisschen von beidem«, rief Harry. Und dann zu mir: »Beeilung.«

Einer von Hundert

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